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Auf nix kann man sich verlassen: Monitor und die Wikipedia und Malte Landwehr

Der „Monitor“-Beitrag von letzter Woche hat ich mich insofern nicht überrascht, als ich regelmäßig (weil ich in meinen Blogs oder in Gesprächen) Wikipedia häufig als Quelle zitiere) von Freunden, Kollegen, Bekannten und Lesern gesteckt bekomme, dass man sich nicht auf alles verlassen darf, was in der Wikipedia stehe. Die wäre nämlich bekannt dafür, dass viele Inhalte nicht korrekt seien. Im Internet selbst finden sich entsprechend viele Artikel über das problematische Thema.

Der „Monitor“-Beitrag von letzter Woche hat ich mich insofern nicht überrascht, als ich regelmäßig (weil ich in meinen Blogs oder in Gesprächen) Wikipedia häufig als Quelle zitiere) von Freunden, Kollegen, Bekannten und Lesern gesteckt bekomme, dass man sich nicht auf alles verlassen darf, was in der Wikipedia stehe. Die wäre nämlich bekannt dafür, dass viele Inhalte nicht korrekt seien. Im Internet selbst finden sich entsprechend viele Artikel über das problematische Thema. Ich glaube, dass das fast jeder Internetnutzer inzwischen schon mal irgendwo gehört oder gelesen hat. Schlimm! Aber sind macht man mit der Information, dass „viele Inhalte“ nicht korrekt seien?

Nun hat das TV-Magazin „Monitor„, das ich (nicht nur deshalb, weil es bekanntlich politisch links steht) seit Jahrzehnten verfolge, das Thema aufgegriffen. Die gemachten Behauptungen klangen dramatischer als das, was ich zum Thema bisher erfahren habe. Unter anderem lag das an einem der zu Wort kommenden Experten. Malte Landwehr (wer kennt ihn nicht?) hat sich auf ein Interview eingelassen, das sich im Beitrag nach seinen eigenen Aussagen nicht so wiederfindet, wie er es erwartet hat. Deshalb sah er sich veranlasst, eine Klarstellung in seinem Blog zu veröffentlichen. 

 Doch zahlreich sind die Akteure, die Interesse daran haben, Wikipedia-Inhalte zu ihren Gunsten abzuändern. Verdeckte PR in der grössten Online-Enzyklopädie ist allgegenwärtig. Die vergangene Woche veröffentlichte Studie von der Otto-Brenner-Stiftung in Frankfurt zeichnet ein düsteres Bild.
Quelle: Manipulation des Weltwissens: Wikipedia wird zur Werbeplattform – Panorama Nachrichten – NZZ.ch

Quelle: Manipulation des Weltwissens: Wikipedia wird zur Werbeplattform – Panorama Nachrichten – NZZ.ch

Selbst nach aufmerksamen Lesen bleibt bei mir ein schaler Nachgeschmack. Es ist von bezahlten Manipulationen die Rede und von der Expertise, mit der sich in diesem Kontext ein finanziellen Mehrwert erzielen lässt. Auf deutsch: Selbst wenn „man“ nicht selbst eingreift, die Weitergabe des eigenen Know-hows, um Wikipedia Daten zu manipulieren, ist in meinen Augen verwerflich. Ganz besonders, wenn man das macht, um damit Geld zu verdienen.

Malte schreibt:

3. Anleitung zur Manipulation
Der dritte Fall sind inhaltliche Veränderungen. Wie ich in Monitor deutlich sage, war ich an solchen Projekten beteiligt. Die entscheidenden Worte sind war und beteiligt. Ich habe zwei PR-Agenturen mehrfach beraten, wie man sich anonym im Internet bewegt und wie man mit wenig Arbeit Teil der Wikipedia-Community wird, ohne aufzufallen. Das klingt simpel aber echte Anonymität ist deutlich mehr als ein IP-Wechsel und dieses Teilwerden der Community darf nicht zu viel Zeit kosten. Beide Agenturen waren damit erfolgreich und haben mehrere Artikel verändert. Die Formulierung wir habe ich gewählt weil es die einzige Möglichkeit war, die Frage des Journalisten in der gewünschten Kürze zu beantworten.

Der ein oder andere mag mich dafür verurteilen, dem Teufel geholfen zu haben. Allerdings ist freies Wissen einer der Grundpfeiler der Wikipedia. Und wenn ich sowohl PR-Agenturen, als auch die Öffentlichkeit über die Möglichkeiten zur Unterwanderung der Wikipedia aufkläre, sehe ich darin kein moralisches Problem.

Solche ehrlichen, nichtsdestoweniger aber auch schockierenden Bekenntnisse werden dazu beitragen, dass das wertvolle „Wikipedia“-Projekt einen unabsehbar großen und vielleicht sogar irreversiblen Vertrauensverlust erfährt. Wenn dem nicht so sein sollte, hieße das vielleicht, dass wir mit falschen Informationen in unsere Debatten eintreten. Und das wäre perspektivisch gesehen vielleicht noch fataler.

Die allgemeinen Praktiken von PR-Agenturen und deren Auftraggebern kann man Malte Landwehr wohl nicht vorhalten. Er ist auch nicht dafür verantwortlich, dass Teile unserer Gesellschaft nichts dabei finden, manipulativ unterwegs zu sein. Sie tun das in betrügerischer Absicht und das muss jeder Nutzer einfach wissen! Insofern kann man Malte Respekt für seine Offenheit zollen.

Aber hier passiert ja deutlich mehr. Er sieht sich im Nachhinein genötigt, seinerseits dem TV-Magazin schlimmste Manipulation vorzuhalten. Er geht soweit, dass er seinen Blogartikel mit dem Satz abschließt: „Ich halte den Monitor-Beitrag für stärker manipuliert als jeden Wikipedia – Artikel„. Ich fürchte, er erfährt mit dieser Aussage bei einem großen Teil der Internetnutzer Unterstützung und Zustimmung. Wenn es gegen die GEZ-Sender geht, kommen solche Aussagen immer gelegen.

Dieser Dauerkampf ist in vollem Gange, wie auch das Beispiel der Online-Petition gegen Lanz und das ZDF nachdrücklich klar gemacht hat.  Vor einigen Monaten war es die ARD-Reportage über die Behandlung von Leiharbeitern bei Amazon, die in der Kritik stand. Ich glaube, der Beitrag ist heute noch in unveränderter Form bei Youtube einzusehen. Die damals angeblich festgestellten Manipulationen im Beitrag wurden von Gerichten nicht bestätigt. Das Urteil großer Teile der Internet-Öffentlichkeit gegen die Reportage hält sich bis heute. Berichte der öffentlich-rechtlichen Sender werden mindestens als schlecht recherchiert und oft als manipulativ abqualifiziert.

Jeder soll glauben, was er will. Die Wikipedia nutze ich gern und werde das vermutlich weiter so halten. Im Hinterkopf machen sich natürlich Zweifel breit. Daran ändern die Vorwürfe nichts, die Malte Landwehr dem Monitor-Team gemacht hat. Wenn es um tagesaktuelle Informationen geht, hole ich mir diese von den Online-Ablegern der großen Tageszeitungen oder von den Online-Angeboten von ARD und ZDF als bei anderen Quellen. Ich lese keine dubiosen Internetquellen. Wenn ich es aber doch tue, schalte ich vorher in den Skepsis-/Misstrauensmodus. Ich mache auch heute keine Ausnahme und verlinke hier nicht beispielhaft solche Seiten, die – für mich völlig unverständlich – eine wachsende Fan-Gemeinde vorzuweisen haben.

Wie man das persönlich auch immer halten mag, das Beispiel der Wikipedia-Manipulationen zerstört Vertrauen. Hierfür sind viele mitverantwortlich. Vielleicht sogar die, die Angebote im Internet unkritisch konsumieren und sich dann verwundert die Augen reiben, wenn sie sich irgendwann damit konfrontiert sehen.

http://youtu.be/RF6Yv-ly3vk

Update: 12:27 Uhr: Wie groß die Gefahr des Missbrauchs in aktuellen Debatten sind, lässt sich an diesem Beispiel, das ich gerade gefunden habe, gut erkennen:

 Da ist auch das angeblich so „neutrale“, deutschsprachige Wikipedia nicht ausgenommen. Ich selbst lese z. B. für alle Themen zur Zeitgeschichte oder Religion lieber das englische Wikipedia, wo die organisierte Manipulation der Fakten noch nicht so weit fortgeschritten ist. Wie auch immer: Im Falle Demann, aber auch bei der Absetzung „bibeltreuer“ Pastoren und Seelsorger in diversen Landeskirchen, hat die EKD Tabus gebrochen, hinter denen dem blanken Gesinnungsterror Tür und Tor geöffnet werden.
Quelle: Presbyterin wegen „Pro NRW“ abgesetzt

Quelle: Presbyterin wegen „Pro NRW“ abgesetzt

Nun könnte man meinen, dass die Wikimedia Foundation solche Manipulationsversuche mit der kürzlich aus Spendengeldern erworbenen Orbitalkanone recht effektiv unterbindet. Paid Editing ist ja generell untersagt  wird ja generell kritisch gesehen und auch so eine Unterwanderung darf man sich eigentlich nicht gefallen lassen. Genau das Gegenteil passiert aber: Der Leiter und Gründer der WikiBilim-Stiftung, Rauan Kenzhekhanuly, wurde 2011 von Jimmy Wales zum “Wikipedianer des Jahres” gekürt, die WikiBilim-Stiftung darf bei den Wikimanias auftreten und pflegt anscheinend generell gute Beziehungen zum Wikipedia-Gründer Wales. Entsprechend hagelt es nun Kritik, auf die Wales nicht sehr souverän reagiert.
Quelle: Die hohe Kunst der Wikipedia-Manipulation | Schmalenstroer.net

Quelle: Die hohe Kunst der Wikipedia-Manipulation | Schmalenstroer.net
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4 Gedanken zu „Auf nix kann man sich verlassen: Monitor und die Wikipedia und Malte Landwehr“

  1. Hallo Horst,
    dass PR-Agenturen versuchen Artikel bei Wikipedia unterzubringen, ist leider nichts wirklich Neues. OK, so öffentlich wird es meist nicht gesagt 🙂 Man sollte halt immer alle Informationen gegenchecken, auch bei Wikipedia. Oder du bringst Google dazu Wikipedia-Firmeneinträge abzustrafen 🙂
    Viele Grüße
    Ann-Bettina

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  2. Ja, ganz schwierig, diese Sache. Die Idee, solche Einträge zu sanktionieren ist vielleicht gar nicht schlecht. Nur, wie soll man die Manipulatoren eindeutig identifizieren. Das ist technisch ja nicht ganz so leicht zu realisieren. Der Beitrag von Monitor hat zwar zum Teil etwas anderes suggeriert aber die IP reicht halt dafür allein nicht aus.

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  3. „Berichte der öffentlich-rechtlichen Sender werden mindestens als schlecht recherchiert und oft als manipulativ abqualifiziert.“

    Die Gefahr von Manipulation und schlechte Recherche sind meiner Meinung nach bei alle Massenmedien vorhanden, je nachdem welchen Lobby grade versucht seine eigene Interesse durch zusetzen.

    Auf die öffentlich-rechtlichen Sender sind alle immer nur am Schimpfen, das dort aber auch kritische Berichterstattung statt findet wie z.B einen Beitrag über öffentlich-private Partnerschaft (ÖPP) auf ZDF, da hört man keiner das es schon eine tolle Sache ist wenn jemanden uns aufklärt was für eine zwielichtige Geschäftspraktiken mit Steuergelder nachgegangen werden zudem gibt es eine menge Länder wo man von kritische Berichterstattung nur Träumen kann, aber wahrscheinlich ähnelt es sich wie bei so vieles…Man weißt was richtig zu schätzen wenn man es nicht mehr hat

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  4. Du sprichst etwas an, was ich auch oft denke. Wir würden uns umsehen, wenn wir (aus welchen Gründen auch immer) die ör Anstalten nicht mehr hätten und auf die Informationen angewiesen wären, die kommerzielle Sender uns bieten oder die wir uns selbst (z.B. aus dem Internet) zusammen suchen müssten. Das wäre vermutlich kein Fortschritt und sogar gefährlich für den Bestand der uns so selbstverständlich scheinenden demokratischen Gesellschaft.

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