Ein Frei­tag im Spät­som­mer 1995 war mein ers­ter Arbeits­tag in der neu­en Fir­ma. Nach über einem hal­ben Jahr Job­su­che hat­te ich es end­lich geschafft. Damals war ich 42 Jah­re alt und hat­te die letz­ten 17 Jah­re und damit den größ­ten Teil mei­ner beruf­li­chen Lauf­bahn in einer Fir­ma mit tol­len Men­schen und guten beruf­li­chen Per­spek­ti­ven ver­bracht. Ich war zustän­dig für den Innen­dienst (Ver­trieb), EDV und die Logis­tik. Ich hat­te Pro­ku­ra für zwei Unter­neh­men. Der Nie­der­gang hat­te ver­schie­de­ne Ursa­chen. Mich beschäf­tigt bis heu­te die Fra­ge, was wir an der einen oder ande­ren Stel­le hät­ten anders machen müs­sen, um uns in die­sem Markt zu behaup­ten und nicht am Ende mit lee­ren Hän­den dazu­ste­hen. Die 1990er Jah­re waren für sehr vie­le Unter­neh­men kei­ne gute Zeit. Die Zahl der Insol­ven­zen stieg von Jahr zu Jahr, und mit ihr auch die Arbeits­lo­sig­keit. Ich war auf­ge­regt. Wie wür­den die neu­en Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen in der neu­en Firma… 

Ein Frei­tag im Spät­som­mer 1995 war mein ers­ter Arbeits­tag in der neu­en Fir­ma. Nach über einem hal­ben Jahr Job­su­che hat­te ich es end­lich geschafft.

Damals war ich 42 Jah­re alt und hat­te die letz­ten 17 Jah­re und damit den größ­ten Teil mei­ner beruf­li­chen Lauf­bahn in einer Fir­ma mit tol­len Men­schen und guten beruf­li­chen Per­spek­ti­ven ver­bracht. Ich war zustän­dig für den Innen­dienst (Ver­trieb), EDV und die Logis­tik. Ich hat­te Pro­ku­ra für zwei Unternehmen.

Der Nie­der­gang hat­te ver­schie­de­ne Ursa­chen. Mich beschäf­tigt bis heu­te die Fra­ge, was wir an der einen oder ande­ren Stel­le hät­ten anders machen müs­sen, um uns in die­sem Markt zu behaup­ten und nicht am Ende mit lee­ren Hän­den dazu­ste­hen. Die 1990er Jah­re waren für sehr vie­le Unter­neh­men kei­ne gute Zeit. Die Zahl der Insol­ven­zen stieg von Jahr zu Jahr, und mit ihr auch die Arbeitslosigkeit.


Ich war auf­ge­regt. Wie wür­den die neu­en Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen in der neu­en Fir­ma sein? Ob ich mich mit mei­nen Vor­ge­setz­ten ver­ste­hen wür­de? Ich war ver­wöhnt. Mein bis­he­ri­ger Chef hat­te gro­ßes Ver­trau­en zu mir. Es gab in all den Jah­ren nicht ein böses Wort zwi­schen uns. Das Ver­hält­nis war von gegen­sei­ti­gem Respekt und Wert­schät­zung geprägt. Es war wirk­lich so, wie vie­le sich das heu­te wün­schen. Ich höre oft davon, dass vie­le fin­den, Respekt und Wert­schät­zung sei­en abhan­den gekommen.

Mei­ne Vor­stel­lung in der neu­en Fir­ma war gut vor­be­rei­tet. Ich hat­te früh am Tag ein gutes Gefühl. Mei­ne Ner­vo­si­tät leg­te sich schnell.

Wir hat­ten in mei­ner neu­en Abtei­lung begon­nen. Ich wur­de den Mitarbeiter/​innen vor­ge­stellt. Ich erfuhr erst an die­sem Tag, dass mein Vor­gän­ger noch im Unter­neh­men tätig war. Er hat­te sein Büro für mich geräumt. Mir war das etwas unan­ge­nehm. Aber ich frag­te mich auch, wie man die­se Lage anders hät­te lösen sollen.

In den fol­gen­den Tagen führ­te ich mit allen Mit­ar­bei­te­rIn­nen in mei­ner Abtei­lung Ein­zel­ge­sprä­che, um uns ken­nen­zu­ler­nen. Dabei erfuhr ich, dass mein Vor­gän­ger gekün­digt wor­den ist, weil er «die Abtei­lung nicht im Griff» gehabt hätte.

So etwas wur­de bei einem der Vor­stel­lungs­ge­sprä­che mit den Geschäfts­füh­rern des Unter­neh­mens zwar ange­deu­tet. Aber ich hat­te kei­ne Ahnung, dass die­ses Wis­sen in die­ser wer­ten­den Art und Wei­se auch bei den Mit­ar­bei­tern «ange­kom­men» war. Wie unan­ge­nehm muss das für den Mann gewe­sen sein? Er war deut­lich jün­ger als ich. Viel­leicht fehl­te es ihm noch an Erfah­rung? Wie auch immer, ich moch­te ihn. Er gab sich Mühe, mir die zum Teil kom­ple­xen Pro­zes­se im Unter­neh­men zu erläu­tern. Dafür war ich ihm dankbar.

In den fol­gen­den zehn Jah­ren hat sich in die­sem Unter­neh­men viel getan. Wäh­rend die­ser Zeit habe ich es mit acht direk­ten Vor­ge­setz­ten (Geschäfts­füh­rer, Geschäfts­be­reichs­lei­ter) und etli­chen struk­tu­rel­len Anpas­sun­gen zu tun bekommen.

Die Anfor­de­run­gen an die Mit­ar­bei­te­rIn­nen im Ver­triebs­in­nen­dienst wuch­sen stän­dig. Die unter­schied­li­che Sicht­wei­se der jewei­li­gen Vor­ge­setz­ten und ihr indi­vi­du­el­les (Un-)Verständnis – auch was den Stel­len­wert eines Innen­diens­tes in einem moder­nen ver­triebs­ori­en­tier­ten Unter­neh­mens anlang­te, waren gro­ße Her­aus­for­de­run­gen für mei­ne Mit­ar­bei­te­rIn­nen und mich.

Trotz der häu­fi­gen Wech­sel und der Tat­sa­che, dass der Ein­spa­rungs­druck zeit­wei­se emi­nent war, habe ich mei­ne «Trup­pe» zusam­men­ge­hal­ten. Es gab Ver­set­zun­gen und Beför­de­run­gen aber in mei­nem Ver­ant­wor­tungs­be­reich wur­de nie­mand ent­las­sen. Anders als in ande­ren Abtei­lun­gen des Unternehmens.

In den ers­ten Wochen mei­ner Tätig­keit habe ich die jewei­li­gen Zustän­dig­keits­be­reich aller Mit­ar­bei­te­rIn­nen ana­ly­siert und bewer­tet. Danach folg­te eine Rocha­de, die nicht nur auf Begeis­te­rung stieß. Wir haben viel dis­ku­tiert und gestrit­ten. Am Ende haben wir Lösun­gen gefun­den, die für alle trag­bar und vor allem – rück­bli­ckend gese­hen – erfolg­reich waren.

Im Zuge wei­te­rer Reor­ga­ni­sa­ti­ons­maß­nah­men, die von der Geschäfts­lei­tung gefor­dert wur­den, habe ich gemein­sam mit mei­nen Mit­ar­bei­te­rIn­nen ein Kun­den­dienst-Steue­rungs­pro­gramm ent­wi­ckelt und pro­gram­miert (nach Feierabend!).

Mit des­sen Hil­fe waren wir in der Lage, die in unse­re Abtei­lung inte­grier­ten neu­en Zustän­dig­kei­ten (Kun­den­dienst) zu meis­tern. Die Vor­tei­le der unter ande­rem damit geschaf­fe­nen Trans­pa­renz erkann­ten die Betei­lig­ten unmit­tel­bar, so dass die struk­tu­rel­len Ände­run­gen von Beginn an mit­ge­tra­gen wurden.

Wir haben so die Vor­aus­set­zung dafür geschaf­fen, die not­wen­di­gen Ände­run­gen erfolg­reich zu bewältigen.

Einer mei­ner jun­gen Mit­ar­bei­ter wur­de spä­ter Geschäfts­lei­ter Ver­trieb und mein Chef. Ich habe ihn geför­dert und sehr unter­stützt. Zum Dank hat er mich spä­ter ent­las­sen. Die Fir­ma wur­de liquidiert.

Inzwi­schen war ich 53. Ich hat­te noch ein­mal Glück. Einer mei­ner vie­len Chefs war inzwi­schen Ver­triebs­lei­ter bei dem Unter­neh­men, für das ich die letz­ten 8 Jah­re mei­nes Berufs­le­bens gear­bei­tet habe. Er schuf dort, qua­si extra mich mich, eine neue Stabs­stel­le. Klar, dass ich ihm dafür sehr dank­bar bin!


Mei­ne Lauf­bahn unter­schei­det sich auf­grund ver­än­der­ter Anfor­de­run­gen stark von dem, was gegen­wär­tig nor­mal ist.

Mit mei­ner Aus­bil­dung (Haupt­schu­le, Leh­re) wird man heu­te kaum eine Chan­ce haben, Abtei­lungs­lei­ter zu wer­den oder eine lei­ten­de Posi­ti­on bekommen.

Von mei­nen Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen unter den Abtei­lungs­lei­tern hat­ten schon 1995 die meis­ten eine aka­de­mi­sche Aus­bil­dung. Als ich 2007 die letz­te Stel­le mei­ner Lauf­bahn antrat, gab es im Bereich der Ver­triebs­lei­tung außer mir nie­man­den mehr, der kein Stu­di­um abge­schlos­sen hat­te.

Dar­über hin­aus soll­te eine Bot­schaft auch in der heu­ti­gen Zeit Bestand haben:

Ich glau­be dar­an, dass die erfolg­ver­spre­chends­ten Lösun­gen gemein­sam ent­wi­ckelt wer­den. Hier­ar­chien kön­nen nütz­lich sein. Aber wor­auf es ankommt, ist – unab­hän­gig von der Posi­ti­on -, dass man als Mensch über­zeugt. Es ist unklug, ein­mal den Chef her­aus­keh­ren und ein ande­res Mal den Kum­pel. So kann man Mit­ar­bei­te­rIn­nen nicht überzeugen!

Mit dem Duzen habe ich es übri­gens nicht. Erst nach fast 10 Jah­ren habe ich mei­ne Mit­ar­bei­te­rIn­nen fast alle geduzt. Mei­ne Emp­feh­lung: Man soll­te das nach einem Wech­sel schnell klä­ren. Ent­we­der alle oder kei­nen duzen! Das spart Reibungsverluste 🙂 

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Kategorie: Gesellschaft

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2 Gedanken zu „Menschen im Beruf“

  1. «Es ist unklug, ein­mal den Chef her­aus­keh­ren und ein ande­res Mal den Kumpel. »
    «Dou­ble bind» sagt man auch dazu.
    Ganz schlimm ist das, wenn eine Mut­ter ihr Kind weg­stösst, um es eini­ge Zeit spä­ter an ihr Herz zu drücken.

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