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Politik

Wie viel Verständnis ist richtig? Wo liegen die Grenzen?

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von Horst Schulte

7 Min. Lesezeit

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Die Zeiten ändern sich.

Die­ser Bei­trag scheint älter als 5 Jah­re zu sein – eine lan­ge Zeit im Inter­net. Der Inhalt ist viel­leicht veraltet.

War­um soll ich mich über die­se Leu­te auf­re­gen, hab ich mir ein­zu­re­den ver­sucht. Nur, weil sie poli­tisch anders ticken als ich? Wenn auch die Abwei­chung der Ansich­ten 180° beträgt und selbst dann, wenn mir man­ches von dem, was die­se Leu­te von sich geben, bei­na­he kör­per­li­che Schmer­zen berei­ten, Demo­kra­ten müs­sen schon was aushalten. 

Die meis­ten von uns wol­len nicht gegen heh­re demo­kra­ti­sche Regeln ver­sto­ßen. Wenn Rosa Luxem­burg und ande­re frei­heits­lie­ben­de Men­schen zum Bei­spiel die Gedan­ken von der Frei­heit Anders­den­ken­der ent­wi­ckelt und auch selbst prak­ti­ziert haben, dür­fen wir uns ruhig dar­auf besin­nen und eben jene Tole­ranz zei­gen, die bei man­chen aus der Mode gekom­men zu sein schei­nen. Das fällt in den Zei­ten der »sozia­len Medi­en« viel­leicht noch schwe­rer als im wirk­li­chen Leben.

Ignorierte Lebensleistung

Es scheint nicht fair zu sein, die Lebens­er­fah­run­gen und Sor­gen von Men­schen zu igno­rie­ren, in deren Leben man selbst kei­nen Ein­blick hat. Men­schen füh­len sich ver­nach­läs­sigt, unbe­ach­tet oder nicht ernst genom­men. Sol­che Gefüh­le kennt man nicht nur in Ost-Deutsch­land. Sie exis­tie­ren genau­so auch im Wes­ten. Dass die AfD 1/​4 aller Wäh­ler­stim­men abgrei­fen konn­te, hat mit die­sen Din­gen wohl auch aber nicht nur zu tun. Wenn 3/​4 der Ost-Deut­schen demo­kra­ti­sche Par­tei­en wäh­len, soll­te nie­mand davon spre­chen, dass die Demo­kra­tie im Osten noch nicht ange­kom­men sei. 

Frust und Nöte überhört

Die Wahl­er­fol­ge in Bran­den­burg und Sach­sen beflü­geln die AfD. Sie waren erwar­tet wor­den und zum Glück wur­de die Par­tei nicht stärks­te poli­ti­sche Kraft. Ande­rer­seits wäre dies viel­leicht nur das vor­weg­ge­nom­men wor­den, was uns in der Zukunft noch bevor­ste­hen könn­te. Schließ­lich wird die Regie­rungs­bil­dung durch den im Vor­feld der Wahl vor­ge­nom­me­nen Aus­schluss mög­li­cher Koali­tio­nen nicht ein­fach. In Sach­sen wer­den die Grü­nen sich schwer­tun mit ihrer For­de­rung nach einem frü­he­ren Koh­le­aus­stieg, um nur ein The­ma zu nen­nen, das nicht leicht zu lösen sein dürf­te. Die Arbeit bei­der neu­en Koali­tio­nen, bestehend aus nun­mehr drei Parteien. 

Die Arbeit der Regie­rung wird sich in Bran­den­burg und Sach­sen schwie­ri­ger gestal­ten, die Oppo­si­ti­on wird ihren Bei­trag leis­ten. Die AfD wird wei­ter blo­ckie­ren und stö­ren, ein kon­struk­ti­ves Arbei­ten wird das ohne­hin Schwie­ri­ge noch schwie­ri­ger gestal­ten. So ist kei­nes­falls aus­ge­macht, ob in fünf Jah­ren in den Augen der Bür­ge­rIn­nen eine posi­ti­ve Bilanz erzielt wor­den ist. Mit ande­ren Wor­ten: Das weni­ge Posi­ti­ve, das es nach dem Wahl­abend zu berich­ten gibt, ist, dass die AfD nicht stärks­te Kraft wur­de. Die Arbeit in bei­den Län­dern wird durch die destruk­ti­ve Poli­tik, die die AfD betreibt, noch schwie­ri­ger wer­den und ob sich unter die­sen Vor­aus­set­zun­gen eine höhe­re Zufrie­den­heit der Leu­te ein­stel­len wird, die etwas ver­än­dert sehen wol­len, ist mehr als fraglich. 

Demokratie? Wozu?

Es ist leicht, sich vor­zu­stel­len, dass die Jagd auf die ande­ren Par­tei­en (»Wir wer­den sie jagen«), von der Gau­land schon seit 2017 faselt, nun noch inten­si­ver wird. Kon­struk­ti­ver, soviel steht fest, wird die AfD auch mit noch mehr Stim­men nicht wer­den. Dazu hat die AfD zwar das Per­so­nal aber nicht den Wil­len. Das Pro­gramm dafür fehlt außer­dem in wei­ten Tei­len. Ich mei­ne nicht nur das noch immer feh­len­de Rentenkonzept. 

So rich­tig kon­struk­tiv wird die AfD erst nach der Macht­er­grei­fung. Hof­fent­lich sind sich die Wäh­le­rIn­nen der Par­tei bewusst, was das kon­kret bedeu­tet. Ich fürch­te, vie­le der­je­ni­gen, die die AfD wähl­ten, mei­nen es gar nicht gut mit der Demo­kra­tie. Aller­dings wer­den sie kaum eine Vor­stel­lung davon haben, was die Auf­ga­be der Demo­kra­tie auch für sie per­sön­lich bedeu­ten wür­de. Mit einem Gewinn an Lebens­qua­li­tät oder höhe­rer Aner­ken­nung irgend­wel­cher Lebens­leis­tun­gen wird das gewiss nicht ein­her­ge­hen, dafür ver­mut­lich jedoch mit der Auf­ga­be der per­sön­li­chen Frei­heit, an die sich man­cher nach drei­ßig Jah­ren ja viel­leicht trotz allem gewöhnt haben könnte.

Lösungen finden

Ich habe Demo­kra­tie gelernt, ler­ne sie noch heu­te und wünsch­te manch­mal, das könn­te man von allen Wäh­le­rIn­nen behaup­ten. Die, die ich mei­ne, sind ein paar Jahr­zehn­te im Hin­ter­tref­fen. Das sagen sie zum Teil von sich selbst. Oder jeden­falls erklä­ren man­che Wis­sen­schaft­ler das merk­wür­di­ge Ver­ständ­nis von Demo­kra­tie damit. Eine säch­si­sche Minis­te­rin wagt so etwas unmit­tel­bar vor den Wah­len zu sagen. Wenn das die SPD mal nicht ein, zwei Pro­zen­te gekos­tet hat.

Es hält sich hart­nä­ckig das Gerücht, dass die Ost-Deut­schen unzu­frie­den sind mit dem, was sich aus den von Kohl so blu­mig beschrie­be­nen Per­spek­ti­ven im All­tag erge­ben hat. Ich fin­de ja: jedes Traum­paar erlebt im All­tag Ernüch­te­rung, die nichts zwangs­läu­fig zur Schei­dung füh­ren muss. 

Mich hat von allen Punk­ten, die die poli­tisch Ver­ant­wort­li­chen erwischt haben, nicht jeder über­zeugt. Wer die Demo­kra­tie durch irgend­was ganz und gar Unbe­stimm­tes erset­zen will, stößt auf unnach­gie­bi­gen deut­li­chen Wider­stand. Ganz bestimmt ste­he ich mit die­ser Mei­nung in einer mäch­ti­gen, geschlos­se­nen Pha­lanx, die natür­lich auch Ost-Deutsch­land einschließt.

Rassismus

Wenn nur noch zwei Bus­se am Tag fah­ren, die jun­gen Leu­te weg­zie­hen, es im Dorf kei­ne Bäcker und kei­ne Metz­ger mehr gibt, ist das so schlimm, dass man als Wäh­le­rIn dort die Par­tei wählt, die die Demo­gra­fie als eines der schlimms­ten Nach­kriegs­ver­bre­chen betrach­tet, das die Sys­tem­par­tei­en dem Land auf­ge­bür­det haben. Sol­che kru­sen The­sen ver­tritt die Füh­rung die­ser Par­tei. Unsäglich!

War­um sind die Reak­tio­nen so vie­ler Leu­te (Poli­tik, Medi­en, sozia­le Netz­wer­ke) auf die Wahl­er­geb­nis­se krass? Die AfD hat doch bloß unge­fähr 1/​4 der Stim­men erhal­ten. Nur jede/​r vier­te Wähler/​in hat der Par­tei ihre Stim­me gege­ben. Außer­dem gab es schließ­lich gute Grün­de dafür, Ras­sis­mus und Dis­rup­ti­on (schö­nes neu­es All­tags­wort!) allen demo­kra­ti­schen Kräf­ten vor­zu­zie­hen und der AfD die Stim­me zu geben. 

Einer die­ser bei­den groß­ar­ti­gen und nach vor­ges­tern so beflü­gel­ten Co-Vor­sit­zen­den hat­te in sei­ner gro­ßen Weit­sicht lan­ge bevor es über­haupt einen Grund gab, mora­li­sche Ver­feh­lun­gen eines Mit­glie­des unse­rer Natio­nal­mann­schaft für mög­lich gehal­ten und fasel­te etwas von der Nach­bar­schaft mit dem Fuß­bal­ler, die in Deutsch­land kei­ner ein­ge­hen wol­le. Nach den heu­ti­gen Mel­dun­gen, besan­nen sich eini­ge Denk­freun­de des Co-Vor­sit­zen­den die­ser erns­ten Wor­te und geben zu Beden­ken, das Deutsch­land sich sol­che Nach­barn nicht leis­ten kön­ne. Ver­ur­tei­len steht häu­fig am Anfang eines Pro­zes­ses und nicht an sei­nem Ende. Immer­hin schaf­fen die Ras­sis­ten mit ihren »Ein­las­sun­gen« so Klarheit.

Ethnisch-homogen

Der Wahl­sieg hat sie sicher beflü­gelt, die Freun­de einer eth­nisch-homo­ge­nen Bevöl­ke­rung, von der Gau­land im bran­den­bur­gi­schen Wahl­kampf gere­det hat. Da ste­hen man­che Nach­barn nicht auf der Rech­nung, mögen sie noch so Deutsch sein. In ihrer Den­ke wer­den sie nie Deutsche. 

Zukunfts­per­spek­ti­ven die­ser Art sind uner­freu­lich. War­um haben das 1/​4 der Wäh­le­rIn­nen in Ost­deutsch­land dafür kei­ne Anten­ne, son­dern reagie­ren mit ihrem Kreuz nichts wei­ter als Frust ab? Unver­ant­wort­lich, unde­mo­kra­tisch und see­len­los ist es auch. Jeden­falls ist das mein Urteil über die Aus­wir­kun­gen die­ses Handelns.

Da mögen die Pro­ble­me, die vor sich gera­de vor uns auf­tür­men (übri­gens Ost wie West), noch so groß, noch so bedeu­tend sein und vie­len zum Über­fluss wie ein Eis­berg schei­nen, weil die Pro­ble­me zum größ­ten Teil im Ver­bor­ge­nen lie­gen. Für man­che mei­ner Gesin­nungs­fein­de ist die­se Art von Mei­nungs­frei­heit übri­gens genau die­je­ni­ge, die man ihren Urhe­bern am liebs­ten in die Fres­se stop­fen wür­de. Soviel noch zur Dia­log­be­reit­schaft man­cher AfD-Wähler.

Für mich sind sie arme klei­ne Würst­chen, die sich ihren Ku-Klux-Klan-Ari­er-Fan­ta­sien ver­bun­den fühlen!

Dass die AfD-Wäh­ler nicht erkannt haben sol­len, was sie mit ihrer Ent­schei­dung am Sonn­tag dem gan­zen Land antun, ist kaum vor­stell­bar. Hät­ten die­se Leu­te genau auf die Töne das Füh­rungs­per­so­nal die­ser Par­tei gehört, die wie­der und wie­der ange­schla­gen wer­den, hät­ten sie sich eigent­lich anders ent­schei­den müs­sen. Aber sie woll­ten es anders. Dafür haben Sie Kri­tik ver­dient aber nicht mei­ne Toleranz.

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Ich bin Horst Schulte

Herausgeber, Blogger, Amateurfotograf

alleiniger Autor dieses Blogs

Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Ich kann die Leute nicht ändern, aber meinen Blick auf sie.

Artikelinformationen:

Politik

AfD, Impfstoff, Meinungsfreiheit, Sachsen, Toleranz, Wahlen

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6 Gedanken zu „Wie viel Verständnis ist richtig? Wo liegen die Grenzen?“

  1. »Außer­dem gab es schließ­lich gute Grün­de dafür, Ras­sis­mus und Dis­rup­ti­on (schö­nes neu­es All­tags­wort!) allen demo­kra­ti­schen Kräf­ten vor­zu­zie­hen und der AfD die Stim­me zu geben.«

    Die­sen Satz ver­ste­he ich nicht! Du meinst es wohl sar­kas­tisch, aber den­noch ent­spricht zumin­dest »Dis­rup­ti­on« nicht dem, was vie­le AFD-Wäh­ler sich wün­schen. Die wol­len doch genau das Gegen­teil: Dass alles so bleibt bzw. wie­der wird, wie es ein­mal war. 

    Kürz­lich gele­sen, dass es den Rech­ten gelun­gen sei, die ursprüng­li­chen Adres­sa­ten der Kri­tik (die Kon­zer­ne, die Treu­hand, böse Wes­sis…) aus­zu­tau­schen und das Res­sen­ti­ment gegen Flücht­lin­ge und Migran­ten zu rich­ten. Übli­che Sün­den­bock­me­tho­de und dass das funk­tio­niert, ist ein Elend!

    An der Blöd­heit der Men­schen, die glau­ben, ohne Zuzüg­ler wäre alles in Ord­nung, könn­te ich ver­zwei­feln! Und vie­le, die sich Lin­ke nen­nen, tun mit ihrer »Iden­ti­täts­po­li­tik« viel dafür, dass sich die­ses Res­sen­ti­ment eher ver­stärkt als abschwächt.

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  2. Das war Sar­kas­mus. Und Dis­rup­ti­on ist eben­so wie Ras­sis­mus natür­lich nicht das, was AfD – Wäh­ler sich wün­schen. Aber es ist das, was aus Ihrer Hal­tung ent­ste­hen wird. Ras­sis­mus ist ohne­hin Pro­gramm bei die­sen Leu­ten und Dis­rup­ti­on ist das, was sie in unse­rer Demo­kra­tie anrich­ten wer­den. Inso­fern ist die AfD eine Alter­na­ti­ve zum ver­hass­ten Alt-Par­tei­en­sys­tem. Die Leu­te, die sie gewählt haben, wol­len (wie eini­ge der Füh­rer der Par­tei) die Demo­kra­tie abschaf­fen. Sie reden drum­her­um. Aber dar­um geht es ihnen längst. 

    Es ist eini­ger­ma­ßen ver­stö­rend, dass die Mecha­nis­men, wie Men­schen auf solch eine Linie gebracht wer­den, immer noch gut funk­tio­niert. Maß und Mit­te gehen ver­lo­ren. Die Reak­tio­nen auf die Ver­än­de­run­gen zei­gen den Ver­lust an demo­kra­ti­schen Prin­zi­pi­en lei­der auch bei den ande­ren. Auch bei Linken.

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  3. Ich bin in mei­ner Ansicht der Ver­hält­nis­se der­zeit noch sehr, sehr gespalten. 

    Ich per­sön­lich hal­te die Men­schen hier im Osten nicht für dumm und den­ke, ent­schei­dend sind hier in Sach­sen bei den Wäh­lern nicht die Fak­ten, son­dern Emo­tio­nen. Und die­se für die Wahl nicht uner­heb­li­chen Gefüh­le haben m.E. nach ihrem Ursprung schon in der Zeit, die lan­ge vor der Wen­de liegt.

    Ich kann mich an einen Bericht erin­nern, in wel­chem Ost­deut­sche erzähl­ten, wie sie sich als Deut­sche 2. Klas­se fühl­ten. Wenn in Urlaubs­ge­bie­ten D‑Mark zah­len­de Gäs­te bevor­zugt behan­delt wur­den, wenn über Markt­sys­tem und tris­te Städ­te in der DDR die Augen­brau­en hoch­ge­zo­gen wur­den, wenn „Care-Pake­te“ zu Weih­nach­ten aus dem rei­chen Wes­ten zu den Bedürf­ti­gen kamen……

    Ich wür­de das Gan­ze unter den Begriff „Demü­ti­gung“ ein­ord­nen. Und ich selbst ken­ne Demü­ti­gun­gen inner­halb mei­ner Glau­bens­ge­mein­schaft. Und ich sage von mir, ist die­se Wun­de ein­mal geschla­gen, hört sie nie wie­der auf zu blu­ten. Und lei­der, wenn auch schwä­cher wer­dend, geht die­ser Kon­flikt in die Fol­ge­ge­nera­ti­on ein.

    Und auch die AfD wird als Schmud­del­par­tei 2. Klas­se dif­fa­miert, was zu einer Soli­da­ri­sie­rung der „Aus­ge­grenz­ten“ führt, wo es noch eine offe­ne Rech­nung zu beglei­chen gilt. Ich den­ke, die­se Tak­tik der Dif­fa­mie­rung der Volks­par­tei­en war der fal­sche Weg.

    Und da rich­tet sich mein Vor­wurf an den poli­ti­schen Betrieb wie auch an die Volks­par­tei­en, die immense Gel­der an Bera­ter­fir­men raus­hau­en, um Sach­ver­hal­te zu ana­ly­sie­ren. Das müss­te doch für gut bezahl­te Pro­fis mög­lich sein, den Ursa­chen hier näher auf den Grund zu gehen. Wobei ich nicht weiß, leis­ten die Bera­ter­fir­men ein­fach nur schlech­te Arbeit oder sind die Ver­ant­wort­li­chen in den Par­tei­en nur unfähig/​uneinsichtig/​Unwillens, die gelie­fer­ten Ergeb­nis­se rich­tig umzusetzen. 

    Aber eins ist mir auch klar. Die Ver­gan­gen­heits­auf­klä­rung- und bewäl­ti­gung kön­nen nur die Ost­deut­schen selbst leis­ten. Ein evtl. schmerz­haf­ter Pro­zess, den selbst, wenn wir es woll­ten, ihnen lei­der nicht abneh­men können.

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  4. Bevor­mun­dung wür­de nicht funk­tio­nie­ren. Und dass der Wes­ten ggü. dem Osten arro­gant auf­tritt, ist gar nicht zu bestrei­ten. Ich habe noch nie dar­über nach­ge­dacht, dass die hohe Zustim­mung für die AfD gewis­ser­ma­ßen in der Soli­da­ri­sie­rung Gede­mü­tig­ter lie­gen könn­te. Die AfD wird aus­ge­grenzt. Dar­an besteht kein Zwei­fel. Aber stimmt es auch, dass die Bür­ge­rIn­nen Ost­deutsch­lands aus­ge­grenzt und gede­mü­tigt wer­den? Das ist doch sehr pauschal.

    Mein Vater (*1922, +2003) war fünf Jah­re lang in rus­si­scher Kriegs­ge­fan­gen­schaft. Er hat sich wäh­rend die­ser Zeit mit Kurt Kra­mer, einem Mann aus Frei­berg (Sach­sen) so sehr ange­freun­det, dass sie bis zu ihrem Tod über die DDR-Gren­ze hin­weg eng ver­bun­den geblie­ben sind. Mei­ne Eltern waren in den 70ern in Frei­berg. Dazu gehör­te es, dass mei­ne Mut­ter auch die Pake­te gepackt hat, die du erwähnt hast. Wir hat­ten nie das Gefühl, dass die Inhal­te als Demü­ti­gung auf­ge­fasst wur­den. Das Gegen­teil war der Fall. Mein Vater und Herr Kra­mer haben sich nach der Grenz­öff­nung wie­der­ge­se­hen. Davor war sei­ne Frau in den 70er Jah­ren bei uns. Sie war zu die­ser Zeit bereits Früh­rent­ne­rin und durf­te des­halb aus­rei­sen. Der Sohn von Herrn Kra­mer lebt seit 1989 im Wes­ten und besucht mei­ne Mut­ter ziem­lich regel­mä­ßig. Auch die­se Geschich­ten gibt es. Ich kann nicht glau­ben, dass all die­se Sachen den Demü­ti­gungs­er­fah­run­gen der Men­schen im Osten zuge­rech­net wer­den müssen. 

    Die ande­re Sei­te ist, dass ich per­sön­lich die­se Erfah­run­gen über­haupt nicht nach­voll­zie­hen kann, weil ich dort nicht gelebt habe. Abge­se­hen davon gab es (lei­der) in kei­nem ande­ren Land eine Wie­der­ver­ei­ni­gung. Dass vie­le Men­schen fin­den, nicht auf Augen­hö­he behan­delt zu wer­den, ist schlimm und manch eine Erfah­rung mag als Demü­ti­gung emp­fun­den wor­den sein. Bloß glau­be ich nicht dar­an, dass die poli­ti­sche Wahl man­cher Ost-Deut­scher an den Ver­hält­nis­sen etwas ändert. Im Gegen­teil. Die AfD ist eine Bude für destruk­ti­ves Denken.

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  5. Hal­lo @Horst, mein Kom­men­tar soll­te nicht dafür ste­hen, das alle AfD-Wäh­ler aus ver­gan­ge­ner Demü­ti­gung her­aus die­se Par­tei gewählt haben. Viel­leicht betrifft es nur 5%, oder 10% oder was auch immer für %te der AfD-Wäh­ler. Das Leben ist bunt und vie­le Mosa­ik­stein­chen erge­ben ein Bild. Ich woll­te ein klei­nes Stein­chen zu dem Puz­zel hinzufügen. 

    Das Freund­schaf­ten, von denen du erzählst, nicht an poli­ti­schen Gren­zen schei­tern, das ist groß­ar­tig. Viel­leicht liegt dar­in ein guter und zukünf­ti­ger Weg.

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  6. Ich war beein­druckt von Peter Maf­fay, der ges­tern bei San­dra Maisch­ber­ger zu Gast war. Es ging um die Aus­söh­nung von schein­bar unver­ein­ba­ren Posi­tio­nen in der Gegen­wart bzw. eigent­lich dar­um, wie man die Kon­fron­ta­ti­on umge­hen kann. Die Wäh­ler der AfD reprä­sen­tie­ren eine der Grup­pen. Maf­fay schlug vor, gemein­sa­me Zukunfts­zie­le zu defi­nie­ren, die im Inter­es­se unse­rer Kin­der und Enkel bear­bei­tet wer­den sol­len. Das heißt, wir schau­en nicht auf die Gegen­art und die heu­ti­gen Ärger­nis­se, die uns ent­zwei­en, son­dern auf die Zukunfts­pro­jek­te, die vor allem Zukunft sichern. Da liegt natür­lich ein gemein­sa­mes Ziel. 

    Gera­de, weil es heu­te kaum noch Vor­bil­der zu geben scheint (vor allem nicht in der Poli­tik) wäre eine sol­che prag­ma­ti­sche Her­an­ge­hens­wei­se gut. Nur glaubt die AfD nicht an den mensch­ge­mach­ten Kli­ma­wan­del. Damit fällt wohl eines die­ser all­ge­mei­nen Zukunfts­zie­le von vorn­her­ein aus. Außer­dem wer­den vie­le fin­den, dass es nicht aus­schließ­lich um die Zukunft der Men­schen gehen kann, son­dern dass wir bei­spiels­wei­se unse­re Infra­struk­tur oder die Bil­dung nicht in der Wei­se ver­nach­läs­si­gen dür­fen, nur um die »schwar­ze Null« zu realisieren. 

    Wenn soviel ver­nach­läs­sigt wur­de (sogar der Wald hat dies­be­züg­lich Nach­hol­be­darf), müs­sen künf­ti­ge Gene­ra­tio­nen erst ein­mal den Mist auf­räu­men, den wir hin­ter­las­sen haben. Wenn man so will ist die feh­len­de Ein­sicht, dass Spa­ren durch­aus nicht nur posi­ti­ve Sei­ten hat, ja auch schon so etwas wie eine Demü­ti­gung aller Leu­te, die sich längst Sor­gen um die Zukunft machen. Die Poli­tik denkt – wie vie­le Wirt­schafts­un­ter­neh­men lei­der auch – nur in kurz­fris­ti­gen Abschnit­ten. Die einen wegen der Wah­len, die ande­ren wegen der Quartalszahlen.

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