Mich beschäftigen schon seit Jahren die massenhaften Kirchenaustritte in Deutschland. Sie bewegen sich jetzt auf einem Höchstniveau. Immer mehr Leute können mit Kirche offenbar nichts mehr anfangen. Oder sie wollen Kirchensteuern sparen. Jedenfalls ist ihnen diese Kirche nichts mehr wert.
Welche gesellschaftliche Bedeutung hat es wohl, wenn sich so viele Menschen von den christlichen Kirchen abwenden? Millionen sind noch drin – trotz der Entwicklung haben sie sich noch nicht entscheiden, nicht weiter Mitglieder der Glaubensgemeinschaften zu bleiben? Wie lange dauert es, bis christliche Kirchen entweiht (profaniert) und wie Atomkraftwerke zurückgebaut werden, um für anderes Platz zu machen? Ich gebe zu, allein den Gedanken daran, finde ich schrecklich!
Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen.
Matthäus 16
Meine Frau und ich sind katholisch, getauft und haben kirchlich geheiratet. Unsere Cousinen und Cousins sind alle katholisch, wurden getauft und haben kirchlich geheiratet. Für ihre Kinder und Kindeskinder gilt das überwiegend auch. Wir können nicht behaupten, durch eine besondere Enge mit der katholischen Kirche verbunden zu sein.
Es gibt die schweren Hypotheken, die die Kirche mit sich herumträgt. Vor allem sind es wohl die schweren Missbrauchsfälle. Sie wurden bislang nicht in einer Art und Weise aufgearbeitet, wie sich das nicht nur die Christen in Deutschland von der Kirche gewünscht haben. Es braucht alles viel zu viel Zeit. Viele haben das missmutige Gefühl, nichts geht voran.
Andere Reformbemühungen der Kirche sind trotz klarer Forderungen aus der Gesellschaft nicht vorangekommen. Sie entfalten, wenn es überhaupt welche gegeben hat, wenig Wirkung.
Manchmal wird die Kirche dafür kritisiert, dass sie sich in politische Diskussionen einmischt. Ich denke insbesondere an die hasserfüllten Auseinandersetzungen über den Umgang mit Migranten. Menschen wie Heinrich Bedford-Strohm und Margot Käßmann können auf evangelischer Seite davon ein Lied singen, dem bisherigen Vorsitzenden der Deutschen Bischhofskonferenz Kardinal Marx und anderen katholischen Geistlichen geht’s nicht viel anders. Zeichen der Menschlichkeit sind für bestimmte Menschen ein frevelhaftes Unterfangen.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die kirchliche Parteinahme für Migranten zu Kirchenaustritten in nennenswertem Umfang führt. Außer bei den besonders hart gesottenen AfD-Wählern oder Menschen, die politisch noch weiter rechts stehen.
Ob es dagegen eine Rolle spielt, dass die angekündigten und auch erwarteten Reformbemühungen enttäuscht wurden? Andererseits wäre die Aufhebung des Zölibats oder Frauen im Priesteramt für die meisten Menschen zwar ein Zeichen. Aber würde das an ihrer grundsätzlichen Entscheidung etwas ändern?
Die katholische Kirche in Deutschland macht sich auf einen Weg der Umkehr und der Erneuerung. Wir stellen uns der schweren Krise, die unsere Kirche, insbesondere durch den Missbrauchsskandal, tief erschüttert. Wir setzen auf das große Engagement aller, die in der Kirche aktiv mitarbeiten.
Aus der Präambel der Satz „Der Synodale Weg“
Ich lese harsche Kritik am Synodalen Weg als den untauglichen Versuch, so etwas wie eine deutsche katholische Kirche zu etablieren. Ich kann nicht glauben, dass sich Katholiken von solchen Modernisierungsbestrebungen antreiben lassen könnten, ihre Kirche zu verlassen. Im Gegenteil. Es bewegt sich in meinen Augen viel zu wenig in der Kirche und viel zu langsam sowieso.
Es gibt streng konservative Kreise, die von Reformvorhaben der Kirche nichts halten. Ja, am liebsten wäre es diesen Katholiken, wenn die streng – konservative Kirchenpolitik eines Johannes Paul II. wieder einkehren würde.
Keine Ahnung wie der wohl kaum aufzuhaltende Aderlass von Mitgliedern der Kirchen aufzuhalten wäre. Mich macht ehrlich gesagt betroffen, dass wir in dieser Zeit offenbar glauben, alles so viel besser zu wissen, als unsere Ahnen und Urahnen. Sicher haben wir viel gelernt. Unser Wissen ist im Vergleich zu den ersten Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts gewaltig angewachsen. Die Informationsgesellschaft hilft uns bei allen möglichen Fragen, blitzschnelle Antworten zu finden. Kann diese Zunahme an Wissen, die zwangsläufig wachsende Zweifel zur Folge haben, nicht vielleicht ein gewaltiger Irrweg sein, wenn es um religiöse Fragen geht?
Aber wie steht es mit dem, was viele höchstens noch als Spiritualität bezeichnen würden? Spielt der Glaube, wie manchmal gesagt wird, überhaupt noch eine Rolle oder sind die hohen Zahlen von Kirchenaustritten nicht eher ein Beleg dafür, dass wir zu einer gott- und seelenlosen Gesellschaft mutieren? Ja, sagen die, die längst an was anderes oder an gar nichts mehr glauben, die Menschheit sei heute natürlich schon einem überreligiösen Humanismus verpflichtet, eine Kirche brauche man dafür nicht. Schließlich habe es nicht der zehn Gebote gebraucht, damit Menschen zwischen Recht und Unrecht unterscheiden können. Ist das so?
Wollte ich einfach mal so gefragt haben.
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