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Die „andere Seite“ hören und trotzdem lieb bleiben

Wer sich nicht „auf der anderen Seite“ ab und an informiert, der könnte sich an die relative Ruhe gewöhnen. Ich dachte, das kann nicht gut sein und habe meine Filter für einen Moment geöffnet.

Kurzum, ich habe heute eine Stunde lang Leuten wie Roger Köppel und einem Interview einer Frau Preradingens mit Norbert Bolz gelauscht und ertragen. Ich bin trotzdem dumm geblieben. Das war nach Ansicht von Bolz auch nicht anders zu erwarten. Denn der sagt, dass alle, die vor Corona zusammenschrecken, dumm und blöd sind. Worauf das zurückzuführen ist, erklärt Bolz auch.

Meinungsmainstream

Zur „kritischen Masse gegen diesen Meinungsmainstream“ gehöre ich mit meinem Blick durchs Schlüsselloch also nicht. Meine Gefährdung, blöd zu bleiben, ist manifest.

In einem Beitrag über die segensreichen Auswirkungen einer „Bewegung“ wie den „Querdenkern“, die ich gestern Abend bei ZDF „Zoom“ gesehen habe, wurde der Frage nachgegangen, wie gefährlich diejenigen für unsere Demokratie sind, die ganz nach Bolz‘ Geschmack die von den Mainstreammedien verbreitete Panik nicht mitmachen.

Nimmt man Bolz‘ Kredo für bare Münze, so liegen all die, die den Mainstreammedien nicht folgen und schlecht über Merkels Regierung reden und schreiben, richtig.

Sie sind die Klugen, der Rest – na ja – ist halt intellektuell nicht so ganz auf der Höhe, woran Äußerungen in manchen Interviews, die Jochen Breyer für das „ZDF“ führte, Zweifel aufkommen ließen. Solche Idioten wird Bolz wie ich hoffe ebenso wenig gemeint haben, wie den „AfD“-Abgeordneten, der gestern im Bundestag im Zusammenhang mit der Corona-Bekämpfung von genmanipulierten Impfstoffen fantasierte, die auf uns losgelassen werden sollen. Ich schätze, die „AfD“ dürfte Bolz wohl nicht zu denen zählen, die den Erleuchteten dieses Landes zuzurechnen wären. Obwohl doch gerade die „Querdenker“ und die „AfD“ sowas von gegen Anti-Mainstream sind.

„Gefälligkeitswissenschaftler“, weil sie die Regierung beraten?

So ist das eben mit gewissen Theorien von Wissenschaftlern. Übrigens bezeichnet Bolz den Virologen Drosten als Gefälligkeitswissenschaftler. Er bedauert den vom Mainstream abweichenden Virologen Streeck, weil dieser wegen seiner Äußerungen über Corona mehrfach Shitstorms ausgesetzt war. Als ob es Drosten anders ergangen wäre.

Ich weiß nicht, ob es Herrn Bolz schon aufgefallen ist. Streeck taucht in den Mainstreammedien beinahe so häufig auf wie Karl Lauterbach. Dagegen macht Drosten sich seit Monaten mehr als rar. Woran das wohl liegen wird? Ich glaube, Drosten hat die Nase gestrichen voll von den besserwissenden Journalisten und Wissenschaftskollegen.

Ich glaube, ich habe durch meine fortdauernde Abstinenz von Facebook, Twitter & Co. und durch den „ergänzenden“ Einsatz von Youtube-Filtern gegen Broder, Tichy, Köppel oder wie sie alle heißen, ein gut dosiert wirkendes Mittel gegen die Überflutung mit idiotischen Übertreibungen gefunden.

Wem ist nicht klar, dass Angst kein guter Ratgeber ist?

German Angst

Ein Phänomen wie es „German Angst“ nun einmal ist, bietet Bolz und Konsorten eine gute Gelegenheit, es geschickt (sollte ich sagen: professionell?) für die Narrative zu nutzen, die sich letzten Endes in meinen Augen gegen unsere Gesellschaft richten.

Bolz macht das nicht ungeschickt, wenn er auf das Beispiel der Atomenergie zu sprechen kommt, die nach Fukushima sehr bald ihre Zukunft hinter sich gelassen hatte. Und das, obwohl die damalige Merkel-Regierung die Laufzeiten noch kurz zuvor verlängert besser gesagt zugesichert hatte. Bolz macht es zu einem speziell deutschen Trauma, in dem er feststellt, dass nur im fernen Deutschland die entsprechenden Ausstiegsbeschlüsse erfolgt wären.

Im betroffenen Japan habe hingegen alles seinen normalen Gang genommen. Das stimmt, Japan hat über die weitere Nutzung der Kernenergie abgestimmt. Dort gab es keine Mehrheit für einen Ausstieg. Die Länder Schweiz, Belgien, Spanien dagegen haben nach Fukushima, wie Deutschland, den Ausstieg beschlossen. Bolz hat da wohl einen Punkt getroffen.

Angesichts des Klimawandels (Angst! ist ein schlechter Ratgeber) geben wir erneut den Vorreiter und streichen die Kohleenergie aus unserer Energiegewinnung. Darauf zu setzen, dass Deutschland als Vorbild wahrgenommen wird und andere Länder folgen, ist anhand der existierenden globalen Prozesse aus meiner Sicht unsicher. Ich habe darüber geschrieben.

Corona-Maßnahmen nur möglich, weil die Leute an eigenständigem Denken gehindert wurden?

So werden von Bolz unterschiedlichste Aspekte der Gegenwart zusammengefasst, die mit dem Thema des Interviews (Corona-Maßnahmen) wenig zu tun haben. Sie eignen sich aus Bolz‘ Sicht wohl einfach zu gut, um den Verlust an eigenständigem Denken (beim Volk) zu veranschaulichen.

Bolz teilt die Meinung der rechten Demokratiefeinde und der Corona – Quertreiber. Er erklärt zwar nicht ausdrücklich den Verlust der Meinungsfreiheit, stellt ihn anhand der schon so oft zitierten Allensbach-Studie in Aussicht.

Es ist schon viel zu oft (auch von mir) darüber geschrieben, dass wir uns im Austausch der Argumente mehr Mühe geben müssen. Nur auf diese Weise ließe sich die durch die sozialen Medien verstärkte und womöglich schon zementierte Sprachlosigkeit noch überwinden.

Nach allem, was Corona mich lehrt, kann ich diesen Wunsch nun zum Altpapier legen. Ich halte es für unmöglich, sich mit all diesen Leuten zu verstehen oder auch eigene, kleine Beiträgen zu leisten, einen verödenden Dialog noch weiterzuführen. Es ist einfach sinnlos.

Dialog? Im Arsch!

Wenn die Meinung, die man sich nicht traut zu sagen, ungefähr so aussieht, wie er sich mit Herrn Koschorz aus Leipzig andeutet, ist jeder Dialog sowieso für den Arsch.

Ab Min. 22:10 wird es mit ihm „richtig interessant“.

Ich möchte mehr tun, als darüber nur den Kopf zu schütteln. Es gelingt nicht.

Koschorz steht nicht auf die Systemmedien. Keine Ahnung, woher er seine Weisheiten bezieht. Viel wert ist die Quelle nicht. Aber es gibt viele solcher Quellen im Internet. Das sieht Bolz freilich anders. Für ihn sind die Konsumenten der Mainstreammedien die Doofen, während Leute wie Koschorz noch selbst denken – oder so.

Vielleicht ist Koschorz ein netter Mensch. Bei der Begrüßung machte er zunächst diesen Eindruck. So von wegen Hühner und so. Das meiste aber, was Jochen Breyer in diesem Gespräch zu hören bekam, war schwer verdaulich. Mit solchen Menschen möchte ich nicht reden, und ich möchte mich auch nicht zurückhalten mit Attributen für die, die die natürlich für solche wie mich parat haben.

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