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Schlimme Dinge passier(t)en zu jeder Zeit. Verschiedene Meinungen sind heute ein Problem.

Unterschiedliche Meinungen machen den Reiz jeder Diskussion aus. Darin unterscheidet sich der öffentliche Bereich (Talk-Shows, Podcasts) nicht vom persönlichen. Im Privaten verzeiht man sicher leichter. Je vertrauter ich mit einem Menschen bin, desto weniger bin ich bereit, über einen Streit meine Beziehung zu beschädigen. Hoffentlich ist das – trotz allem – so selten, wie ich denke.

Es ist bedrückend, dass sich Familien auf den britischen Inseln über den Brexit-Streit entzweit haben. Ich kenne es aus eigener Erfahrung, wie erbittert und unversöhnlich Diskussionen über die Einwanderungspolitik unserer Regierung geführt wurden. Das Thema hat das Potenzial, auch langjährige Freundschaften zu belasten.

Aktuell ist es die Debatte um Corona, die eine wachsende Gegenöffentlichkeit hervorbringt. Einerseits verstehe ich, dass Widerspruch hervorgerufen wird, wenn, wie in solchen Fällen, weitreichende Maßnahmen seitens der Regierungen getroffen werden. Aber was hat das noch mit Demokratie zu tun, wenn der Widerspruch zum einen so seltsam „begründet“ wird, wie die Corona-Leugner es tun und wenn sich zum anderen Allianzen finden, die so beschaffen sind, wie wir es am 29.08. erneut vorgeführt bekamen?

USA als schlechtestes Vorbild überhaupt

Der Riss geht auch bei dem Thema durch die Familien. In den USA verlaufen die „gegnerischen“ Lager entlang der Front zwischen Republikanern und Demokraten. Ob das so stimmt? Ich hörte, dass es Mitglieder der Republikaner gibt, die angeblich Joe Biden wählen werden. So kompliziert ist es bei uns zum Glück noch nicht.

Die Folgen solcher Entwicklungen beschreiben wir mit dem plakativen Begriff einer „Polarisierung der Gesellschaft„.

Hoffentlich fragen wir uns nicht irgendwann, wenn wir vor den Trümmern unserer Demokratie stehen, warum wir diese Übertreibungen nur so weit kommen lassen konnten. Wie konnte es passieren, dass wir uns von demokratischen Tugenden wie Toleranz, Solidarität, Kompromissbereitschaft oder einer entwickelten Streitkultur so leicht lösen konnten? Warum können wir Meinungen, die uns widerstreben, nur so schwer akzeptieren?

Die Beispiele der Vergangenheit

Es gab in der Vergangenheit immer wieder große gesellschaftliche Themen, die von harten Kontroversen geprägt waren. Die Wiederbewaffnung der Bundeswehr, die Mitbestimmung, die Ost-Verträge sind nur einige der Themen, die mir spontan einfallen. Es gab darüber erbitterte Auseinandersetzungen im Bundestag und – vor dem Internet – an den Stammtischen der Republik.

Interessant, wie geschmeidig dagegen der Atomausstieg beschlossen und umgesetzt wurde oder die Abschaffung der Wehrpflicht. Dass es heute viele gibt, die auf üble Art und Weise nachkarten und Kanzlerin Merkel für alle ihre Frustrationen haftbar machen wollen, ist nur ein Beleg dafür, wie sich die Dinge in den vergangenen Jahren verändert haben.

Die erwähnten alten Themen, sofern ich altersbedingt dazu schon in der Lage war, habe ich nur oberflächlich verfolgt. Eine Meinung dazu hatte ich höchstens ansatzweise.

Friday for Future

So wichtig war mir kein Thema, dass ich mich dafür in der Weise exponiert hätte, wie es heute die FFF-Bewegung in Sachen Klimawandel tut.

Daraus lässt sich manches schließen. Mir zeigt es, wie elementar die Forderungen sind und wie wichtig es wäre, dass endlich mehr in Gang kommt als es bisher der Fall war. Inwieweit die gesellschaftlichen Diskussionen zu diesem Thema die deutsche Politik beeinflussen, vermag ich nicht zu sagen. Vermutlich spielen hier eher die verschiedenen Lobbygruppen eine Rolle, die vor den wirtschaftlichen Konsequenzen notwendiger Maßnahmen warnen.

Schlimme Dinge passier(t)en zu jeder Zeit

Der Jugoslawienkrieg erschütterte die trügerische Gewissheit, Europa habe aus den schrecklichen Erfahrungen beider Weltkriege gelernt. Mittendrin trachteten sich „plötzlich“ Menschen, die vorher Jahrzehnte lang in friedlicher Nachbarschaft miteinander ausgekommen waren, gegenseitig nach dem Leben.

Bis heute versteht man diese schreckliche Entwicklung nur dann, wenn man sich die Auswirkungen einer lange bestehenden Diktatur mit ihren Zwangsklammern vor Augen führt. Damals sind Tausende von Kriegsflüchtlingen nach Deutschland gekommen. Es gab Widerstand von Rechten, als Anfang der 90er Jahre ca. 48 % aller Flüchtlinge wegen des Balkankrieges nach Deutschland kamen.

Die Nazis und die Wiedervereinigung

Es waren über 350.000 Menschen, die in Deutschland Zuflucht suchten. In der Folge wurde 1993 das deutsche Asylrecht stark eingeschränkt. Das passierte folgerichtig noch einmal im Jahr 2015.

Die politischen Maßnahmen waren dem Druck und den Übergriffen von deutschen Nazis geschuldet. Die Bilder aus Rostock-Lichtenhagen, Mölln und Solingen haben wir noch vor Augen.

Aus meiner Sicht haben wir diese xenophoben Entwicklungen Deutschlands nie mehr in den Griff bekommen. Die Grundgesetzänderungen sollten in meinen Augen nur bewirken, dass sich die Aktionen der Nazis abschwächen. Dass das nur bedingt gelungen ist, hat sich allerspätestens 2015 gezeigt.

Die NSU-Morde, Halle, Hanau und was noch alles, gehen auf das Konto von Leuten, sich durch die gesellschaftliche Veränderung im Land angespornt fühlten.

Mich macht das alles ganz schön mürbe. Wie kann sich eine freiheitlich, pluralistische Gesellschaft bloß in einem solchen Tempo und in dieser Art und Weise zu ihrem Nachteil entwickeln?

Was war früher?

In meinen früheren Jahren haben mich im Wesentlichen Themen beschäftigt, bei denen ich eine große Ungerechtigkeit gesehen habe.

Als die USA unter Präsident George Bush 1991 den ersten Irakkrieg begann, war ich immerhin schon 37 Jahre alt. Kaum ein Ereignis davor, hat mich so beschäftigt. Ich fand den Krieg und die Begründungen fadenscheinig. Ich folgte denen, die behaupteten, dass die USA nur wegen des Öls eingegriffen hat.

Zu viele schreckliche Erfahrungen

1962 gab es die Kuba-Krise. Ich war 8 und ich spürte die Angst meines Vaters.

Mein Vater war damals 40 Jahre alt, Kriegsteilnehmer und von 1939 bis 1949 weg von zu Hause. 5 Jahre Kriegseinsatz und 5 Jahre russische Kriegsgefangenschaft. Er hat mir den Schrecken des Krieges verständlich gemacht und dass es dazu nie wieder kommen dürfe.

Er erzählte nur ganz selten vom Krieg. Eigentlich nur dann, wenn er ein paar Bier zu viel hatte. Er war ein fröhlicher, immer gut aufgelegter Mann. Aber diese Erinnerungen kostete ihn manchmal die Fassung. Ich mochte es nicht, wenn mein Vater weinte.

Das erwähnte Gerechtigkeitsempfinden war von der Berichterstattung unserer Medien geprägt. Den harten Realität in diesen Jahren hätte ich kaum etwas entgegenzusetzen gehabt, ich war unkritisch und habe Positionen übernommen, die ich mit heutigem Wissen nur infrage stellen kann.

Der „eigentliche“ Vietnamkrieg begann im August 1964. Ich war 10 Jahre alt und hielt es mit den Amerikanern. Erste Zweifel daran, ob dieser Krieg vertretbar war, kamen mir durch die Ende der 60er Jahre einsetzenden Studentenproteste in den USA und in Europa.

Wie andere Kriege (2. Irak-Krieg und andere), wurde auch dieser von den US-Amerikanern inszeniert. Dass wir die Amerikaner als westliche Führungsmacht begreifen, ist vor solchen Hintergründen maximal irritierend.

Kriege auf der Welt

Die Berichte über Kriege – überall auf der Welt – haben sich gegenüber diesen Zeiten verändert. Solche Bilder, die uns trotz der langen Zeitspanne, die vergangen ist, immer noch im Gedächtnis sind, werden nicht mehr ermöglicht. Die Propaganda auf allen Seiten der Kriegsparteien wissen diese Bilder zu verhindern, weil sie ihre Wirkung fürchten müssen. Der direkte Vergleich mit den Bildern aus den Irak-Kriegen zeigt das sehr deutlich.

Wir wurden beeinflusst. Nicht nur von unseren Gegnern, sondern auch von unseren Verbündeten. Die Amerikaner wundern sich nichtsdestotrotz darüber, dass ihnen in Deutschland Skepsis und Ablehnung entgegengebracht werden.

Dabei ist Deutschland für die US-Amerikaner doch nichts als ein strategischer Brückenkopf. Er könnte im Fall einer Konfrontation mit den Russen oder vielleicht später einmal den Chinesen, nützlich sein. Insofern bin ich Trump dankbar dafür, dass er US-Truppen aus Deutschland abzieht – auch wenn es längst nicht alle sind. Er soll vor allem die Atomwaffen nicht vergessen!

Seit Egon Bahr erklärt hat, dass Länder keine Freundschaften mit anderen Ländern unterhalten, sondern nur gemeinsame Interessen,

Als die palästinensischen Terroristen 1972 die Olympiamannschaft Israels angegriffen und viele Sportler getötet haben, war die ganze Welt entsetzt. Ich war nicht mal zwanzig und mein Bild war angesichts des Grauens, das ich damals empfand, eindeutig. Diese Tat steht für sich und sie ist absolut verabscheuenswürdig. Aber was ist von der Politik der aktuellen israelischen Regierung zu halten – beispielsweise von ihrer Siedlungspolitik und von den konzertierten Aktionen, die sie mit der Trump-Administration durchziehen?


Bis du auch schon polarisiert?

Es gab viele andere Ereignisse, die ich anführen könnte. Alle hatten sie das Potenzial die Menschen auf die Palme zu bringen und wohl im Sinne des heute so oft benutzten Wortes, zu polarisieren. Damals habe ich solche Dinge viel lockerer genommen. Vielleicht gab es auch mal einen Streit mit Freunden über verschiedene Sichtweisen darauf. An wirklich schlimmen, nachhaltigen Streit, der bis zur Entzweiung von Menschen hätte führen können, erinnere ich mich zum Glück nicht.

Warum ist das heute ganz anders?

Das Internet sollte Demokratien verbessern und stärken. Es passiert aus meiner Sicht jedoch das Gegenteil. Der Diskurs zu wichtigen Themen hat sich einer so gravierenden Art und Weise verändert, dass dies unmittelbar zu der Frage führen muss, was diese Veränderungen verursacht hat. Vordergründig mal eine Verschlechterung der Streitkultur. Die Aktionen gegen Hass im Netz zeugen davon. Daneben haben wir es aber auch fertig bekommen, den Spielraum für Diskussionen stark einzuschränken. Meinungen soll man haben, aber doch bitte nur dann äußern, wenn sie mit der Mehrheitsmeinung irgendwie noch in Einklang zu bringen sind.

Haben sich die Menschen verändert oder gibt es Umstände, die auf das Verhalten vieler Menschen wirken? Soziologen werden die Frage doch für lächerlich halten, weil bekanntlich fast immer die äußeren Umstände dafür verantwortlich sind, wie der Menschen sich entwickelt.

Entsolidarisierung per Egoismus

Da wäre die vielfach beklagte Entsolidarisierung. Ob es diese nun gibt oder nicht (Hilfsbereitschaft in 2015 ff), das Heer von ehrenamtlichen HelferInnen spricht gar nicht dafür. Auch während der Corona-Zeit gab es eine große Hilfsbereitschaft untereinander.

Manche schreiben diese Entsolidarisierung neoliberalen Einflüssen zu. Ist man in den Unternehmen heute gehalten, die Ellenbogen auszufahren und die eigene Position zu verteidigen? Kann sein. Ich habe es bis zu meinem Eintritt in die Rente eigentlich nicht so empfunden. Ich fürchte, der Egoismus hat sich – vielleicht durch falsche Vorbilder – durchgesetzt. Individualismus und Egoismus sind insofern vielleicht zwei Begriffe für eine Unart des Menschen?

Wenn wir uns doch so gern einreden, dass Authentizität so immanent wichtig sei, muss man sich in dieser Medienwelt auch die Frage stellen, wie man dieses „Prädikat“ erreichen könnte.

Man möchte sich schließlich eine Position erarbeiten, die sich von der anderer abhebt. Bei Instagram Selfies vor wundervollen Locations zu posten, hilft da wenig, weil man erahnt, dass Tausende andere Instagramer genau dies auch machen werden.

Nimmt man mit dem Smartphone die möglichst schrecklichste aller möglichen Begebenheiten auf und stellt den Film bei Youtube ein, kann das den Durchbruch bedeuten. Oder das Nasenrümpfen weiter Teile der Gesellschaft, die das nämlich für verwerflich oder einfach für total schrecklich hält.

Dass Journalisten, die betont regierungskritische Positionen vertreten (und jetzt sag mir keiner, die gebe es doch gar nicht!), ihren linksgrünen Journalistenkollegen ankreiden, überwiegend in moralischen Kategorien zu argumentierten, ist viel zu oft unfair und deshalb inakzeptabel. Es scheint, denen hauptsächlich darum zu gehen, die Deutungshoheit über irgendwas von den bösen linksgrünen Kollegen zurückzuerobern. Wahrscheinlich eint das alle.

Erkenntnisgewinn ist nicht so wichtig wie Deutungshoheit. Das ist richtig schlecht für den Journalismus, finde ich.

Inzwischen geht es weniger darum, wie mit Qualität oder Stichhaltigkeit von Argumenten und Fakten zu überzeugen ist, sondern um die Frage, wie man ganz ohne sowas auskommt.

Man gibt sich gefühlig und unterstreicht das mit emotionaler Ansprache den geneigten Zuhörer. Trump, genauso Boris Johnson aber auch viele andere Politiker lügen, dass sich die Balken biegen und erfüllen so das Vorurteil aus früheren Jahren, dass ja alle Politiker lügen.

Entschuldigung für die Länge dieses Textes. Sie ist meiner Frustration über all die Dinge geschuldet, die in letzter Zeit auf uns alle herniederprasseln. Vielleicht wirkt der Text nicht gerade stringent, sondern eher konfus. Ich hab das Gefühl, vielen gehts in dieser Zeit ähnlich.

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2 Gedanken zu „Schlimme Dinge passier(t)en zu jeder Zeit. Verschiedene Meinungen sind heute ein Problem.“

  1. Ach, lange Texte… irgendwie mag ich die ja schon. Es gibt allerdings nicht mehr viele davon. Ich könnte dir so viel antworten, im Wesentlichen stimme ich dir ja zu. Ich will aber keine Kommentare schreiben, die länger sind als die zu kommentierenden Artikel.

    Heute morgen habe ich beim Kaffee (ja, ich habe Urlaub…) ein längeres Interview mit einer Wissenschaftlerin (Prof. Annelies Blom, Uni Mannheim) gesehen, die über eine repräsentative Langfrist-Studie** zur Einstellungen und Verhalten der Bevölkerung angesichts der Corona-Pandemie berichtete.

    Kurz und knapp: Die überwiegende, große Mehrheit der Bevölkerung unterstützt nach wie vor die eingeleiteten Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie hier im Land, auch wenn sie die persönliche Bewegungsfreiheit und den gewohnten Lebenskomfort einschränken. Zu verzeichnender Rückgang der Zustimmung in messbarem, aber immer noch relativ geringem Maß betrifft vor allem Bereiche, wo es die persönliche Lebensführung massiv betrifft: Kinder in Kitas und Schulen, universitäres Leben u.a.m.

    Mit Nachlassen der Zustimmung ist aber einfach über die Dauer der Maßnahmen hinweg zu rechnen, das ist wohl normal und erwartbar.

    ** mehr hier zur 100-Tage Mannheimer Corona-Studie
    (https://www.sowi.uni-mannheim.de/blom/news/?tx_news_pi1%5Bnews%5D=8582&cHash=1c5f5a8dad5b587d999523bb8233fdee)

    Mir jedenfalls bestätigte dieses Interview heute früh ganz klar das, was ich sowieso schon seit geraumer Zeit (vielfach bestätigtermaßen) angenommen habe:

    Auch ich als nicht teilnehmender Beobachter (keine „Sozialen Medien“, du kennst ja meine Haltung…) muss ebenfalls aufpassen, nicht einer großen, fast schon umfassenden Wahrnehmungsverzerrung aufzusitzen, die sich eine sehr kleine Minderheit von Rechtsradikalen und anderen Lügnern sowie einiger marktschreierischer Verschwörungs-Schwätzern beständig zu Nutze zu machen versucht. Es herrscht zur Zeit ein mächtiges Geschrei dieser kleinen Minderheit samt ihrer rabulsisierenden parlamentarischen Vertretung um die Deutungshoheit gegen einen künstlich aufgebauten Riesen-Popanz: den sogennanten „Mainstream“ in Medien und Politik.

    Wer am lautesten schreit, wird gehört und wahrgenommen. Und je atemberaubender der herausgebrüllte Inhalt, desto besser verhaftet er sich bei einer schweigenden Minderheit an folgewilligen Unzufriedenen.

    Du sprachst oben vom Streit an den Stammtischen, wie es ihn früher gab. Am Wirkungsprinzip hat sich nichts verändert, nur an den Austragungsorten und Größenordnungen:

    Damals blökten diejenigen, die bloß glaubten, informiert zu sein — weil sie ihre Fehlinfomationen und Lügen aus BILD bezogen — ihren Unsinn lautstark an den Stammtischen und den Kiosken. Das waren die Orte, die den heutigen „Sozialen Medien“ im Detail entsprechen. Damals lief man dem Dünnpfiff hinterher, den deren Redakteure verzapften (und dem tendenziösen ‚ZDF-Magazin‘ und seinem rechtsgerichteten Chef-Radebrecher, wenn du dich erinnerst). Heute läuft man Schreihälsen aus der Ecke der weit rechts angesiedelten Sonderlinge hinterher, selbst wenn sie mal sogenannnte „Vegan-Köche“ waren.

    Das da natürlich andere, inzwischen gut organisierte Sonderlinge aus der rechtsextremistischen Ecke massiv draufsatteln, wie sogenannte „Reichsbürger“ und „Identitäre“, ist nachgerade unvermeidbar. Und damit kommen auch die Verschwörungsmythen ans Tageslicht. Die Corona-Krise ist ein ideales Vehikel. Du kannst geradezu jeden beliebigen idiotischen Schei…dreck (Bill Gates, George Soros, Impfstoffe, Chemtrails, Reptioiden, Juden u.a.m.) als Bedrohungsszenario konstruieren, du wirst immer eine gewisse Menge ‚Follower‘ finden, die glauben, dass sie sonst niemandem mehr glauben können.

    Die triffst du dann zur Zeit maskenbefreit und dicht gestapelt in Berlin, wo sie ihrem selbstverschuldeten Unmut lautstark warme Luft machen.

    Aber es ist eben bloß eine kleine fünfstellige Anzahl, die medialen Aushub macht, der nach Millionen klingt, die jetzt endlich das verhasste „System“ stürzen wollen. Ok, zugegeben ;-), es waren vor ein paar Wochen 12 Millionen und am vergangenen Wochenende 19 Millionen, die in Berlin zusammenkamen und beinahe den Umsturz geschafft hätten.

    Wenn da nicht drei oder vier Polizisten gewesen wären… :-))

    Aber Spaß beiseite.

    Man sollte diese Angelegenheiten nicht verharmlosen, und es ist auch nicht so, wie es politische Sprachregelung geworden zu sein scheint: dass es nämlich eine Situation gibt, in der „besorgte Bürger“ demokratisch rechtschaffen ihrem Unmut und ihrem Unverständnis angesichts der Anti-Corona-Maßnahmen auf Demonstrationen Ausdruck verleihen und diese dann von Rechtsextremen und anderen interessierten extremen Kreisen sozusagen „gekapert“ und für deren eigene Agenda missbraucht werden.

    Wir sahen in Berlin (und anderswo, Stuttgart, Frankfurt) schon einen demokratiefeindlichen rechten Bodensatz lautstark aktiv, der im Rahmen dieser „Hygiene- und Anti-Corona-Maßnahmen-Demos“ eben nicht die Minderheit stellte. Da ist nach meiner Überzeugung wenig „gekapert“, da ist man mehrheitlich unter sich und fühlt sich wohl dabei.

    Der Anteil der deutschen Bevölkerung, der sich leicht und billig rechtsradikal aufwiegeln lässt, ist in den letzten zwanzig Jahren sicherlich größer geworden. Und dank „Sozialer Medien“ auch sichtbarer…

    (Uff, jetzt ist es doch ein langer Kommentar geworden…)

    AntwortenAntworten
  2. Danke für diesen angemessen langen Kommentar und Danke für deine Gedanken, die ja echt nahe bei meinen liegen. Ich lasse mich (trotz meiner Abstinenz von den asozialen Netzwerken) zu stark beeinflussen durch diesen Idiotenkram, der für Leute wie mich wohl einfach zu leicht zugänglich ist. Ich rede mir aber auch immer ein, die Gedanken der „anderen Seite“ kennen zu sollen. Dass es mich jedes Mal aufregt, wenn ich diesen absoluten Schwachsinn höre oder lese, scheine ich immer wieder aufs Neue zu vergessen. Man sollte den Mantel des Schweigens darüber legen und denen einfach keine Beachtung mehr schenken. Dann würde es vermutlich auch wieder leichter und dieses mulmige Gefühl (das scheinbar doch viele teilen) könnte sich auflösen.

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