Fragt ihr euch manch­mal auch, ob wir Bäu­me irgend­wann nur noch im Zoo zu sehen bekom­men? Ich mei­ne rich­ti­ge Bäu­me, nicht den «Ver­schnitt» aus Pap­peln oder ande­rem nicht so erquick­li­chen Baum­sor­ten, die zwar schnell wach­sen aber einen rich­ti­gen Wald ein­fach nie erset­zen kön­nen? Ich erin­ne­re mich, dass hier frü­her noch ech­ter Wald zu bewun­dern war. Bevor «Rhein­braun» kam. 

Die­se Art «Wald» lässt sich im Moment (bis 28.03.) nur hin­ter einem Zaun besichtigen. 

Restwald

Wir Rhein-Erft-Kreis­ler müs­sen schon in die Eifel oder ins Sau­er­land rei­sen, um noch ein paar Meter ech­ten Wal­des zu Gesicht zu krie­gen. Ich möch­te damit gar nicht ein­mal die Ver­diens­te der Rekul­ti­vie­rungs­maß­nah­men nach Been­di­gung der Tage­baue in unse­rer Gegend schmä­lern. Aber bis das mal ech­ter Wald wird, bit­te. Das dau­ert noch Jahr­zehn­te. Das wird ver­mut­lich ange­sichts der gro­ßen Wald­schä­den, von denen wir in die­sen Zei­ten wie­der lesen müs­sen, durch­aus infra­ge stehen. 

Ich ver­ste­he die jun­gen Leu­te gut, die sich vehe­ment, also mit allem, was sie haben, gegen die Rodung von Bäu­men wehren. 

Storck und Tesla

Ande­rer­seits den­ke ich dar­über nach, wie das in Deutsch­land wei­ter­ge­hen soll, wenn Erwei­te­run­gen von Indus­trie­be­trie­ben oder ‑zonen zuguns­ten unse­rer Bäu­me ver­hin­dert wer­den. Kürz­lich hat der Süß­wa­ren­her­stel­ler Storck sei­ne Plä­ne auf­ge­ge­ben. Bes­ser gesagt, die Fir­ma hat vor dem Volks­zorn kapi­tu­liert und die geplan­ten Erwei­te­rungs­maß­nah­men aufgegeben. 

Immer häu­fi­ger hören wir von Wider­stän­den gegen die Errich­tung von Indus­trie­an­la­gen, die nicht immer «nur» Wald­ro­dun­gen bedin­gen. Im Fall Tes­la ging es zwar auch dar­um. Aber in die­sem Fall haben Umwelt­schüt­zer noch ande­re Beden­ken vorgebracht. 

Nach Corona?

Vie­le stel­len sich vor, dass sich in der Coro­na-Zeit die Grund­ein­stel­lung der Leu­te ver­än­dert hät­te. Wie wahr­schein­lich ist es, dass sich die Vor­aus­set­zun­gen, also das Umden­ken der Men­schen zuguns­ten unse­rer Natur sich durch die Pan­de­mie ver­än­dert haben? Sobald es ums Ein­ge­mach­te, um Jobs, um die blan­ke Exis­tenz geht, wird alles anders. Wir sehen, wie schnell sich die Ein­stel­lung der Men­schen ver­än­dert, wenn es um ihre exis­ten­zi­el­len Inter­es­sen geht. Wie schnell ging es, als wir den Atom­aus­stieg nach Fuku­shi­ma erleb­ten? Und das, obwohl wir in unse­rem Land doch so völ­lig ande­re Vor­aus­set­zun­gen als in Japan haben. 

Sind wir so weit, dass wir den Kli­ma­wan­del als Bedro­hung für unse­re Exis­tenz betrach­ten oder sind das nicht eher die Maß­nah­men, die von einer zwar lau­ten aber nicht reprä­sen­ta­ti­ven Grup­pen gepre­digt wer­den? Mir sind die Ver­su­che, Bäu­me zu schüt­zen sym­pa­thisch. Aber wo soll das hin­füh­ren, wenn geplan­te Betriebs­er­wei­te­run­gen oder neue Fir­men­ge­län­de aus unter­schied­lichs­ten Grün­den blo­ckiert wer­den? Und zwar, obwohl die Plan­fest­stel­lungs­ver­fah­ren abge­schlos­sen wurden.

Unse­re Regie­rung wur­de hef­tig dafür kri­ti­siert, dass sie nicht für aus­rei­chen­de Kapa­zi­tä­ten zur Her­stel­lung der Vak­zi­ne gesorgt hat. Gleich­zei­tig klopf­te man sich dafür auf die Schul­ter, dass das Mar­bur­ger Werk von BionTech so schnell und unbü­ro­kra­tisch umge­baut wer­den konn­te. Ja, das ist in Deutsch­land kei­nes­falls der Nor­mal­fall. Wir lesen stän­dig über büro­kra­ti­sche Hemm­nis­se, die die­ses oder jenes verzögern. 

Fehlende Impfstoff – Fabriken in Deutschland

Nur – wie sähe das denn aus, wenn wir hier in Deutsch­land – sagen wir ein­fach mal – 10 NEUE Wer­ke für die Vak­zi­ne-Pro­duk­ti­on ab Mit­te letz­ten Jah­res gestar­tet hät­ten? Wie wäre das gelau­fen mit den Plan­fest­stel­lungs­ver­fah­ren oder hät­ten sich Anwoh­ner und Umwelt­ak­ti­vis­ten nicht prompt ein­mal mehr dazu auf­ge­schwun­gen, mit ihren Beden­ken und Ein­wän­den alle Plä­ne zunich­te­zu­ma­chen? Nur mal so ein Gedanke!

Deutsch­land ist zum Land der Indi­vi­dua­lis­ten ver­kom­men. Ich sage das ganz bewusst! Wenn ich mir anhö­re, wie in die­sen Wochen die Ver­ant­wort­li­chen in den Regie­run­gen und Behör­den mit gröbs­ten Vor­wür­fen drang­sa­liert und beschimpft wer­den, platzt mir die Hut­schnur. Und dabei habe ich nie Hüte getragen. 

Brinkhaus vs. Lobo

Wenn der Uni­ons-Frak­ti­ons­chef im Bun­des­tag, Ralph Brink­haus, sich von einem Sascha Lobo zusam­men­fal­ten lässt, sind wir an dem Punkt ange­langt, wo ich mich fra­ge, ob wir nicht das Kind mit dem Bade aus­schüt­ten. Wie lan­ge wol­len wir erdul­den oder sogar noch Bei­fall klat­schen, wenn Pres­se­frit­zen von die­sem Schla­ge Stim­mung gegen demo­kra­ti­sche Insti­tu­tio­nen machen? Das ist kei­ne Kri­tik mehr, das ist eine Hexenjagd!

Es sind Feh­ler gemacht wor­den und natür­lich wünsch­te auch ich, wir hät­ten die Pro­ble­me frü­her gese­hen und die Maß­nah­men ergrif­fen, von denen wir inzwi­schen wis­sen, dass es die rich­ti­gen gewe­sen wären. Hin­ter­her ist man immer klüger. 

Mir stin­ken die Ver­glei­che mit ande­ren Län­dern so unsäg­lich. Dabei soll­ten die­se gan­zen Stink­stie­fel sich ein­fach ein­mal die Mühe machen und die­se Ver­glei­che nicht nur dort anstel­len, wo Deutsch­land ins Hin­ter­tref­fen gera­ten ist. Es gibt näm­lich sehr wohl Daten, die ziem­lich ein­deu­tig bele­gen, dass hier eben nicht alles falsch gelau­fen ist, son­dern dass vie­le Din­ge auch rich­tig gemacht wur­den. Ich mache mir nicht die Arbeit, die Bei­spie­le her­aus­zu­stel­len. Ich mache auch nicht den Ver­such, irgend­was gesund­zu­be­ten oder die Poli­tik zu ent­schul­di­gen. Wie käme ich auch dazu? Mei­ne Schwie­ger­mut­ter (96) ist noch nicht geimpft und wir haben kei­ne Ahnung, wie lan­ge es noch dau­ert. Zum Glück sind mei­ne Mut­ter (88), mei­ne Schwes­ter, mei­ne Nich­te und ihr Mann geimpft bzw. ste­hen kurz davor. Mei­ne Frau und ich haben noch kei­ne Ahnung, wann wir dran sind. Wir war­ten es ab. Trotz Bedro­hung durch die Mutante.

Impfreihenfolge aufheben?

Aber selbst die­se aus mei­ner Sicht gute Sache wür­de von man­chen bestimmt kri­ti­siert oder sogar ver­dammt. Weil zum Bei­spiel plötz­lich die Impf­rei­hen­fol­ge nicht mehr dem folgt, was die stän­di­ge Impf­kom­mis­si­on und der deut­sche Ethik­rat fest­ge­legt haben. 

Ges­tern Abend lief die lan­ge ange­kün­dig­te Repor­ta­ge «Schwe­den unge­schminkt» von Mar­kus Lanz über die Lage in Schwe­den. Ich hat­te erwar­tet, dass das schwe­di­sche Modell dabei sehr gut abschnei­den wür­de. Lanz hat­te in sei­ner Sen­dung schließ­lich immer wie­der davon geschwärmt, wie toll das alles in Schwe­den läuft. Schaut euch den Film an. Er ist echt inter­es­sant und auf­schluss­reich. Es ist nicht bes­ser als hier. Und auch in der Schweiz und in Öster­reich gibts Stunk noch und nöcher. Über­all wer­den die Regie­run­gen kri­ti­siert, und zwar vor allem von denen, die im Grun­de ihre Mit­ver­ant­wor­tung an die­ser schlim­men Situa­ti­on nicht ein­mal sehen wol­len. Ich spre­che von unse­ren Medi­en, die sich für mich in den letz­ten Wochen kom­plett ins Abseits gestellt haben. 

Wie wohl tut da einer wie Georg Mas­co­lo, der gemein­sam mit sei­ner Frau, Kat­ja Glo­ger, eine Bestands­auf­nah­me die­ser Pan­de­mie mit dem ver­gleichs­wei­se unspek­ta­ku­lä­ren Titel «Aus­bruch» erstellt hat und alle Feh­ler und Ver­säum­nis­se nicht etwa über­geht oder nicht anspre­chen wür­de. Das macht er akri­bisch. Aber in einer Art und Wei­se, von der sich ande­re Medi­en­leu­te wirk­lich mal eine Schei­be abschnei­den soll­ten! Wir ler­nen: man muss mit dem Ver­sa­gens-Voka­bu­lar nicht so infla­tio­när umge­hen, wie etwa Sascha Lobo.

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Kategorie: Gesellschaft

Schlagworte: Deutschland Individualismus

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2 Gedanken zu „Bäume schützen, Fabriken verhindern“

  1. Hal­lo Horst,

    Dei­ne Visi­on von Bäu­men, die man im Zoo bewun­dern kann, hat mich so gerührt, dass du Hals über Kopf in den Coo­len Blog­bei­trä­gen der Woche gelan­det bist!
    LG
    Sabiene

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