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Pflegenotstand – jetzt auch bei uns

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Die Zeiten ändern sich.

Dieser Beitrag scheint älter als 3 Jahre zu sein – eine lange Zeit im Internet. Der Inhalt ist vielleicht veraltet.

Während des deutschen Pflegetages in Berlin forderte die Präsidentin des Deutschen Pflegerates, Christine Vogel, 4.000 Euro Monatsgehalt für die in der Pflege tätigen. Sie erwähnte auch, dass das Einstiegsgehalt in der Pflege bei 2.400 Euro im Monat liegt.

Ich möchte nicht beurteilen, ob die Forderung, die übrigens von Gesundheitsminister Spahn unterstützt wurde, in dieser Höhe berechtigt ist oder nicht. Persönlich glaube ich nur nicht daran, dass der bereits real existierende Pflegenotstand durch solche Maßnahmen beseitigt werden kann. Übrigens auch nicht durch signifikant veränderte Bedingungen in dieser Branche. Aber helfen würden diese Maßnahmen sicher. Dass sie ausreichend, um das Problem zu lösen, glaube ich persönlich nicht.

Auch für viele andere Berufe scheint der Grund für die Nachwuchsprobleme eher der zu sein, dass es schlicht zu wenig Leute gibt. Der Fachkräftemangel wird sich während der voranschreitenden demografischen Entwicklung immer stärker manifestieren. Das gilt für viele verschiedene Berufe. Das Handwerk scheint übrigens besonders stark davon betroffen zu sein.

Sarah Wagenknecht hat kürzlich in einer Talkshow erneut die Position vertreten, die übrigens auch von der AfD (aus anderen Gründen) geteilt wird. Sie wird mit populistischen Erklärungen garniert. Sie ist der Ansicht, dass „nur“ vernünftig bezahlt werden müsse. Außerdem gelte es einen Schatz zu heben, der ihrer Meinung nach im Potenzial von ungefähr 3 Millionen Arbeitslosen bestehe. Zudem ist in diesem Zusammenhang von den vielen Tausend jungen Leuten die Rede, die ohne Abschluss die Schulen verlassen; Studienabbrecher seien ebenso einzubeziehen.

Es wäre schön, wenn unser Staat in der Lage wäre, durch mehr Investitionen in Bildung und Ausbildung solche Potenziale, die nominal natürlich existieren, heben könnte. Da jedoch die individuellen Entscheidungen vermutlich doch sehr bewusst getroffen werden, ist nicht zu erwarten, dass Studien- oder Schulabbrecher so einfach für bestimmte Berufe und Tätigkeiten zu erwärmen sind.

Ich bin dafür, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Dazu gehört auch und vor allem eine gute und zielgerichtete Einwanderungspolitik, von der man in unserem Land meiner Meinung nach bisher nicht profitieren konnte. Ich vermute, dass das daran liegt, dass es diese bisher schlicht und ergreifend immer noch nicht gibt. Wirkt das „Fachkräfteeinwanderungsgesetz“? Es wurde jahrelang darüber gequatscht, nun (seit 2020) haben wir eines. Wie sind die ersten Erfahrungen?

Wir erhielten heute Morgen einen Anruf von der „Caritas“. Unserer hiesigen Niederlassung fehlen dramatisch viele Mitarbeiterinnen. Deshalb wird – zunächst in den nächsten vierzehn Tagen – keine Pflege geleistet.

Meine Frau wird bei meiner 97-jährigen Schwiegermutter also ab morgen vorläufig die Körperpflege am Morgen vornehmen. Meine Schwiegermutter ist immobil. Sie sitzt im Rollstuhl oder liegt im Bett. Ihre kognitiven Fähigkeiten sind stark reduziert.

Jetzt sind wir besorgt, dass die geringe Unterstützung, die wir bisher in Anspruch genommen haben, auch noch entfällt. Der Pflegenotstand ist nicht abstrakt.

Update: 28.10.2021

Am Montag kommt der Pflegedienst wieder. Ich habe noch einmal angerufen und diesen Bescheid erhalten.


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Ich kann die Leute nicht ändern, aber meinen Blick auf sie.

Artikelinformationen:

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VOR

5 Gedanken zu „Pflegenotstand – jetzt auch bei uns“

  1. Wir werden dieses Problem nicht lösen. Äähh… Punkt.

    Die Branche ist erfolgreich privatisiert und kommerzialisiert worden. Tarifverträge interessieren keinen mehr, das Ganze ist landesweise zergliedert, also ist niemand mehr auf Bundesebene zuständig. So lange die Betreiber Gelder aus öffentlichen Töpfen abziehen können, läuft das Geschäft weiter. Wenn diese Geldmenge nicht mehr ausreicht und bei den Pflege-Angehörigen nichts mehr abzuschöpfen ist, werden die Pflegeheime geschlossen. Für die Opfer, also die Pflegebedürftigen, stehen ja immer noch die normalen Krankenhäuser zum Sterben zur Verfügung.

    Klingt jetzt ziemlich zynisch, beschreibt aber IMO ziemlich genau die Lage. Das ist wirklich so zynisch, und zwar von der Grundanlage her in privatisierten Systemen. Löhne und Gehälter werden so knapp gezahlt, wie es möglich ist (Ausnahme sind die Führungsetagen der Betreiber), und die Kosten werden so weit immer möglich, auf die Allgemeinheit abgewälzt.

    Wenn es dann an allen Enden zu knapp wird und die Fachkräfte fehlen bzw. abwandern und auch kein Nachwuchs in die Ausbildungen strebt, fordert man von politischer Seite eben die Einführung von Zwangsarbeitsdienst für junge Menschen. Mit Minimalvergütung selbstverständlich, also noch deutlich unterhalb der niedrigsten Soldatenbesoldung. Wie kürzlich vor der Wahl schon mal geschehen – die Diskussion über Arbeitsverpflichtung im Pflegebereich ist schon im Gang, wird momentan allerdings noch in der Schublade gehalten.

    Wir lassen unsere Gesellschaft von der Politik und der Wirtschaft zugrunde richten. Bis jetzt haben nur die Essens-Tafeln für die Ärmsten unter den Arbeitenden (deren Löhne eben nicht mehr zum Leben ausreichen) an Zahl deutlich zugenommen – und da ist das Ende noch lange nicht zu sehen. Als nächstes sind die Alten und Kranken sowie die massiv Pflegebedürftigen dran. Sie zahlen den Preis für den horrend steigenden Wohlstand einiger weniger Profiteure…

    Man könnte ja glauben, jetzt nach der Wahl mit neu zusammengesetzter Regierung, so ohne Unionsparteien, da müsste sich doch etwas ändern lassen…. aber dann würde man die Rechnung ohne die SPD, vor allem ohne die FDP und auch ohne Teile der Grünen machen. Ich glaube, da ist es viel sicherer, an den Osterhasen zu glauben…

    (Manchmal komme ich mir vor wie der Sieber: jetzt habe ich die Stimmung wohl in den Keller gebracht… wie kommen wir da wieder raus?)

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  2. Schlimm, dass es schon so weit ist, dass sie Euch einfach im Stich lassen (müssen)!

    Aus dem Einigungspapier der Ampel:

    „Wir wollen eine Offensive für mehr Pflegepersonal. Hochwertige Pflege gibt es nur mit gut ausgebildeten Pflegekräften, guten Arbeitsbedingungen und angemessenen Löhnen in der Pflege. Wir wollen mehr qualifizierte ausländische Pflegekräfte gewinnen und die nötigen Voraussetzungen dafür schaffen. Pflegerinnen und Pfleger sollen mehr Zeit für ihre eigentliche Tätigkeit mit den Patientinnen und Patienten haben. Das wollen wir durch Entbürokratisierung, die Nutzung digitaler Potentiale und klare bundeseinheitliche Vorgaben bei der Personalbemessung gewährleisten.“

    Ich denke, dass die Arbeitsbedingungen durchaus ein wichtiger Faktor sind, um mehr Pfleger/innen dazu zu bewegen, in den Beruf zurück zu kehren und/oder ihre Teilzeit zu erhöhen. Das sind ja nicht wenige, die abgewandert oder ihre Zeit reduziert haben!

    Sodann hat die Ampel endlich den „Spurwechsel“ beschlossen – auch unter den Geflüchteten könnten sich so Leute finden, die für die Pflege-Ausbildung in Betracht kommen. Als Pflegehelfer/innen auf jeden Fall.

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  3. Die Arbeitsbedingungen sind ein wichtiger Faktor. Nur glaube ich nicht, dass nach einer durchgreifenden Verbesserung dieser Bedingungen die Lage viel anders ist oder wird. Ich glaube (auch wenn ich die Lage mit anderen Branchen vergleiche), dass unser Hauptproblem nicht schlechte Arbeits- und Einkommensbedingungen sind, sondern eben die Zahl der überhaupt noch zur Verfügung stehenden Leute in dem betreffenden Alter. Die jungen Leute, die heute die Unis verlassen (ohne Studium biste und wirste nix) gehts nicht und wer wollte nach einer solchen Ausbildung noch kranken und alten Menschen den Hintern abwischen und sie füttern? Wenn ich ehrlich bin, ich hätte darin jedenfalls auch nicht meine Erfüllung gesehen. Es bleibt nur, die möglichen Maßnahmen endlich konsequent durchzuführen und dann müssen wir schauen, was wirklich passiert und ob es zu einer Schließung dieser heute schon so beträchtlichen Defizite kommt. Die Absichten im Sondierungspapier sind zunächst mal positiv. Allerdings klingen auch die schon wieder stark nach der Handschrift der FDP. Wenn ich von „digitalen Potenzialen“ lese, denke ich unweigerlich an die Liberalen. Andererseits sind bundeseinheitliche Vorgaben vermutlich nicht schlecht und auch, dass das Bewusstsein vorhanden ist, mehr auf ausländische Pflegekräfte zu setzen, spricht für die Erkenntnis, dass die Vorstellungen von AfD und Linken, es mit inländischen Ressourcen zu versuchen, dort keine Rolle gespielt haben.

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  4. Die „digitalen Potenziale“ schätze ich sehr hoch ein, auch wenn das nach FDP klingt…:-)) Denk mal dran, wieviel die heute dokumentieren müssen, das beklagen doch alle (und nicht nur Pflegekräfte). Wenn die alle endlich auf einen technischen Stand gebracht würden, wie wir ihn beim Online-Einkaufen und diversen anderen Tools doch schon lange gewohnt sind, würde nicht mehr soviel Zeit fürs händische Ausfüllen von irgendwas (oder Fütterung zig verschiedener Programme auf unterschiedlichen Systemen) drauf gehen!
    Wie war das denn bei Eurer Pflegekraft? Hatte die App/Multiple-Choice oder physisches Formular oder…. `?

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  5. Die Doku findet (hier bei uns) nur handschriftlich statt. Es wird „alles“ in eine rote Mappe eingetragen. Ein manueller Vorgang, der zwar nur wenig Zeit in Anspruch nimmt, der aber – hochgerechnet auf alle Patienten – sicher bedeutungsvoll sein wird. Also erhältst du für diesen Punkt natürlich meine volle Unterstützung. An diesem Punkt sind zu viele Unternehmen sowas von „dahinter“. Ich verstehe es nicht, warum das nicht längst auf anderem Niveau ist. Bei Schultes geht alles von Hand. Aber nur, was die Pflegekräfte anlangt. Wir sind digital halbwegs auf der Höhe, meine Frau mit Einschränkungen. Ich wollte immer mal ein kleines „Seminar“ für sie machen. Aber so richtig interessiert ist sie nicht. Obwohl sie andere Gründe für ihre Zurückhaltung nennt. 🙂

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