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Kinderreporter ins Fernsehen

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von Horst Schulte

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Wie wohl die Vorbereitungen für die Personality-Shows im Fernsehen vor den Wahlen ablaufen? Habe ich mir das so vorzustellen, dass Kandidatin oder Kandidat sich mit einem Team von PR-Experten, Psychologen oder Gestenspezialisten intensiv zusammenhocken, um die bestmöglichen Ergebnisse beim anstehenden Event zu erzielen?

Manchmal denke ich nach solchen Sendungen, die Auftraggeber sollten ihr Geld zurückverlangen. Wahrscheinlich haben solche Präparationen wenig Sinn. Ich würde mal annehmen, es ist wie im richtigen Leben: je jünger die Kandidaten, desto eher lernen sie dazu.

Womit ich bei den aus Gründen im Moment besonders beliebten Kinderreportern bin. Der Grad von Boshaftigkeit, mit dem Joko und Klaas bei Pro7 die eingesetzten Kinderreporter präpariert haben, war im direkten Vergleich hochprofessionell.

Was aus Laschets Antworten bei Twitter gemacht wurde, war im Sinne der Laschet – Feinde einfach nur genial, kongenial.

Als Laschet beispielsweise vom 11-jährigen Romeo gefragt wurde, wieso er sich in einem „Spiegel“-Interview von 2017 gegen die „Ehe für alle“ ausgesprochen hätte, die Gegenfrage stellte, ob er denn vor so langer Zeit bereits den „Spiegel“ gelesen hätte, fand ich das witzig und auch schlagfertig. Ja, klar. Romeo hat im Internet gesucht. Das werden 11-Jährige trotz der deutschen Digitalisierungsmisere hinbekommen. Das beantwortet nur nicht, wieso er ausgerechnet zum Interview auf dieses Thema gekommen ist.

Es ist boshaft und sowieso durchsichtig, wie Kinder von erwachsenen Journalisten instrumentalisiert werden!

Für die Twitteria war Laschets Antwort hingegen herablassend. Dabei wird jedem wohl hoffentlich klar sein, dass vier Jahre, die zwischen dem damaligen und jetzigen Interview lagen, für den 11-jährigen Romeo eine ganz schön lange Zeit sind.

Na ja. Als Chrupalla von der AfD die deutsche Sprache, Liedgut und Gedichte in einem Kinderreporterinterview thematisierte, hatte er seine Rechnung ohne den Kinderreporter gemacht. Die große Begeisterung bei Twitter dürfte ihn für größere Aufgaben empfehlen, indem er (voll improvisiert, also gänzlich unbefangen und frei von jedwedem boshaften Einfluss der Redaktion) die Massen im Internet davon überzeugte, dass ein Malermeister, dem die deutsche Leitkultur angeblich so am Herzen lag, nicht mal so was wie ein Lieblingsgedicht benennen konnte.

Ich bin leider auch nicht besonders schlagfertig. Aber ich glaube, ich hätte Heinz Erhardts „Die Made“ als Lieblingsgedicht bezeichnet und hätte mich nicht bremsen lassen, wenigstens die ersten Zeilen zu rezitieren. Was hätte das der AfD an Stimmen gebracht. Oder (hoffentlich) auch nicht.

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