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Motive gesucht

Es wird darüber spekuliert, ob die Bundesregierung Gründe für ihre Verzögerungstaktik in Afghanistan hatte oder ob dieses furchtbare Desaster, das so viele Menschen in Lebensgefahr gebracht hat, „nur“ dadurch entstand, dass es ihr an der nötigen Weitsicht mangelte. Oder hat sie sich etwa bewusst dafür entschieden, die „Ortskräfte“ im Stich zu lassen?

Sätze wie „2015 darf sich nicht wiederholen“ könnten das nahelegen. Aber dürfen wir unserer Regierung so viel Zynismus unterstellen? Ich meine, wäre das fair?

In diesem Land herrscht keine Einigkeit. Ungefähr die Hälfte der Befragten bei Umfragen würde Flüchtlinge aufnehmen, die andere spricht sich klar dagegen aus. Für beide Positionen gibt es Gründe. Leider sind sie nicht verhandel- und damit unvereinbar.

Wäre es so, dass die Politik auf dieser schlechten Grundlage entschieden hätte und befänden wir uns nicht im Wahlkampf, wäre das Verhalten leichter zu begründen. Allerdings kommen auch aus den Ländern anderer Alliierten klare Ansagen. Auch sie möchten keine weiteren Flüchtlinge aufnehmen, obwohl dort keine Wahlen stattfinden.

Österreich als „neutrales“ Land war nicht in den Krieg in Afghanistan involviert, es gibt nichtsdestoweniger klare Ansagen der Regierung zur Nichtaufnahme von Flüchtlingen.

Anna Schneider, österreichische Journalistin in Springer-Diensten, hat sich bei „Maischberger“ gestern wieder mal als Schnell-Schwatzbase erwiesen und durfte ihr voll tätowiertes Unverständnis für das deutsche Versagen äußern. Schade, dass die nicht bei der NZZ geblieben ist! Das war die passende Umgebung für sie und ihr penetrantes Deutschland-Bashing. Vielleicht wäre sie ja irgendwann von dort weggelobt worden und hätte ihr Gift in den USA oder Russland verspritzen dürfen. Natürlich gefällt so einer die herzlose Absage ihrer Kurz-Regierung viel besser.

Es gehört zu meiner Voreiligkeit, die ich immerhin auch schon eingeräumt habe, dass ich unserer Regierung schnell mal das Schlimmste unterstelle. Meine Voreiligkeit kommt allerdings auch zustande, weil sich Unionspolitiker in Reihe so geäußert haben wie ihr Kanzlerkandidat. Sie waren ja so einig, dass sich 2015 auf keinen Fall wiederholen dürfe. Dabei haben sie immer die schon erwähnten 50 % der Bevölkerung im Kopf, die der Meinung sind, dass das Boot voll sei. Ich formuliere das bewusst so!

Aber bevor ich falsch verstanden werde: Ich habe auch etwas dagegen, dass sich das wiederholt, was wir 2015 erlebt haben. Man kann das klar kommunizieren und begründen. Keiner braucht deshalb rumzudrucksen, wie die Regierung es leider seit Langem macht.

Ich versuche, meine Positionen immer wieder zu begründen.

In diesem Fall geht es aber um etwas anderes. Wir haben als Deutsche eine Verantwortung gegenüber den Menschen, die uns in den letzten 20 Jahren in Afghanistan unterstützt haben. Und wenn es 20.000 sind, dann ist es eben so. Diesen Menschen müssen wir schon aus moralischen Gründen helfen. Wir reden doch so gern von unseren Werten. Wollen wir sie nicht auch mal einlösen, einfach mal zeigen, dass wir sie noch haben und nicht nur darüber reden?

Merkel sprach davon, dass wir versuchen wollen, 10.000 Menschen aus Afghanistan zu evakuieren. Sie meinte wohl nicht damit, dass wir sie nach Deutschland holen, sondern dass sie in einem Nachbarstaat von Afghanistan ihr Leben fristen sollen. Mit dem, was wir dann als finanziell gut ausgestattete Flüchtlingscamps bezeichnen werden. Furchtbar, diese Politikkacke!

Zurück zur Verantwortung. Wahrscheinlich hat die Regierung die Evakuierungsmaßnahmen nicht deshalb hinausgezögert, weil sie davon ausging, dass die menschlichen Tragödien, denen wir nun via TV und Internet beiwohnen, noch vor den Wahlen stattfänden und man solche Bilder vermeiden wollte…

Obwohl – nein! Sie hat schlicht nicht den erforderlichen Weitblick gezeigt, sie hat wie bei anderen Katastrophen der letzten Jahre bewiesen, dass sie verflucht wenig von dem versteht, was man gemeinhin als Führung bezeichnet. Dazu gehört es eben, dass man bestimmte Entwicklungen antizipiert und rechtzeitig erforderliche Schritte einleitet. Wozu brauchen wir noch den BND oder die anderen Dienste? Das dürften sich die Amis für ihre Geheimdienste sicher auch fragen.

Wer will schon von einer solchen Regierung was wissen, die so ganz ohne Voraussicht und Plan agiert? Oder, was auch nicht besser wäre, von einer Regierung regiert würden, die zwar mehr weiß als ihre dummgehaltenen Bürger/- Innen (es könnte uns schließlich verunsichern, wenn wir zu viel wüssten…), bzw. dies aus Sorge um unsere Reaktion an den Wahlurnen verschweigt. Ja, die selbst, nachdem diese Machenschaften aufgeflogen sind, das typische politisch-verschleiernde Kauderwelsch darüber legen.

Dass diese deutsche Regierung nun dasteht, wie ein Haufen Dilettanten und darüber hinaus wie moralisch abgewrackte Gestalten, hat sie sich ganz allein zuzuschreiben. Wer mal die Bundespressekonferenzen in den letzten Monaten und Jahren verfolgt hat (dankenswerterweise gibts ja Formate, die sie komplett aufzeichnen und zum Anschauen bereithalten), der kommt nicht um das Gefühl herum, dass unser System desolat ist und dringend erneuert werden sollte. Ob die Chance am 26.9. dafür Gelegenheit bietet? Ich habe diesbezüglich meine Hoffnung aufgegeben.

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3 Gedanken zu „Motive gesucht“

  1. „Dazu gehört es eben, dass man bestimmte Entwicklungen antizipiert und rechtzeitig erforderliche Schritte einleitet. “

    Genau das ist das Manko. Man schaut nicht voraus, um dann danach handeln zu können.
    Man baut an Stellen ab, die man später dringend benötigt.
    So kann man nicht überzeugen.

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  2. Gibt es eine Partei, die das erwartungsgemäß drauf hat? Deren Repräsentanten können meiner Erfahrung nach nur dumm quatschen. Je mehr man sich mit dem Kram befasst, desto ärgerlicher wird die Sache.

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  3. Keine Sorge! Da steht niemand dumm da! Die Amis hams vorgemacht! Genau, wie beim Abiball. Zur Wahl spielt das keine Rolle. Ist ja auch kein Krieg, der Einheimische betreffen würde!
    Die Flüchtlinge verkaufen wir für 2 Millionen an die Türkei. Unser Busenfreund hat zwar die Schnauze voll, braucht aber dringend mehr Devisen.

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