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Was das Kirchenrecht hergibt!?

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von Horst Schulte

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Das ist ja ein Ding. Papst Benedikt war einer von denen, weshalb ein Blogger vor ein paar Jahren uns Katholiken „Kinderfickersekte“ genannt hat. Ich war empört. Benedikt hat während seiner Zeit als Kardinal die Hand über seine Schäfchen gehalten. Leider jedoch in einem grottenfalschen Sinn.

Statt die Täter, die Kinderseelen für ihr Leben schwer verletzt, wenn nicht sogar getötet haben, mit allen Mitteln zu verfolgen und sie der weltlichen Staatsanwaltschaft zu übergeben, hat er die Vorgänge vertuscht und dazu beigetragen, dass diese so genannten Priester der katholischen Kirchen auch weiter Kinder missbrauchen konnten. Wie zuvor erwähnt, das liegt schon einige Jahre zurück. Den Namen des Bloggers habe ich vergessen, den deutschen Papst auch.

Zu denen, die immer noch zahlende Mitglieder dieser Institution sind, zählen meine Frau und ich uns trotz all dieser schrecklichen, verabscheuungswürdigen Dinge. Wie müssen sich erst die Menschen fühlen, die in den vielen katholischen Pfarrgemeinden des Landes trotz allem ihrer Arbeit nachgehen und gute Dinge tun? Auf diese schaut jedenfalls, außerhalb der Kirche, seit Jahren kaum noch jemand. Die Skandale beherrschen die öffentlichen Debatten.

Ich übernehme Verantwortung für das Systemversagen einer Institution, wofür ich stehe.

Kardinal Marx im Juni 2021

Dass es Menschen gibt, wie Kardinal Marx, die als Symbol der Verantwortung ihren Rücktritt angeboten haben, ist aller Ehren wert. Daran, dass der amtierende Papst solche Gesten nicht gewürdigt bzw. angenommen hat, ist inzwischen keine Besonderheit mehr. Papst Franziskus legt die von Jesus Christus gepredigte Nachsicht großzügig aus, zu großzügig in den Augen der meisten Menschen.

Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst wurde wegen mangelhafter Amtsführung von seinen Verpflichtungen entbunden. Papst Franziskus hatte wohl Sorge, dass die Öffentlichkeit auf längere Sicht am Verhalten dieses Würdenträgers Anstoß nehmen könnte. Heute ist er Kurienbischof im Vatikan. Die hohen Priester der Katholiken fallen also weich – auch wenn sie massiv gefehlt haben. Dass ausgerechnet ein Mann wie Tebartz-van Elst zuständig für Neukundengewinnung (Neuevangelisierung) ist, klingt für mich wie ein Treppenwitz.

Es gibt weitere Beispiele dafür, dass dieser Papst seinen Biss verloren hat. Wie will die Führungspersönlichkeit die nötigen Akzente setzen, wenn er den wichtigsten Repräsentanten katholischen Kirche Spielräume einräumt wie den hochrangigen Glaubensbrüdern Rainer Maria Woelki oder den Erzbischof von Hamburg, Stefan Heße? Der Papst nimmt Rücktrittsgesuche nicht an. Ich frage mich, ob auch im Vatikan die Personalknappheit so weit vorangeschritten ist, dass der Papst sich diesen Aderlass nicht leisten könnte? Ich finde, diese Haltung des Vatikans unglaublich und angesichts der Dimensionen, die sich mit diesen Vorgängen verbinden, für indiskutabel und letzten Endes selbstzerstörerisch.

Während der Coronapandemie habe ich keine Kirche besucht. Ich bin nicht stolz darauf. Da wir aber auch aus anderen Gründen ans Haus gebunden sind, habe ich kein schlechtes Gewissen. Ich bin jetzt 68 Jahre alt und es macht für mich immer noch wenig Sinn einfach aus der Kirche auszutreten. Aber die Handlungen vieler der aktuellen Würdenträger meiner Kirche, einschließlich der Päpste, sprechen dafür, dass die Institution sich auf einem Pfad befindet, der geradewegs in ihren Untergang führen wird.

Was hätte man erwarten dürfen, nachdem vor Jahren die schrecklichen Missbrauchsvorfälle der Öffentlichkeit bekannt wurden? Dabei war es schon ein riesiger und unverzeihlicher Mangel, dass sich die Verantwortlichen bis zur Öffentlichwerdung dieser Verbrechen bedeckt hielten. Leider legt dieses Verhalten, das – man muss es so brutal sagen – bis heute andauert, offensichtlich im System. Diese alten Männer (Sorry für das Klischee) haben nicht die Kraft, die dringend nötige Erneuerung der katholischen Kirche voranzutreiben. Wahrscheinlich denken sie, dass es weltweit immer noch genug Gläubige gibt, so dass der Aderlass in einigen Ländern der Erde ohne Weiteres verkraftbar ist. Anders als so lässt sich diese unglaubliche Ignoranz der Führung meiner Kirche gar nicht erklären.

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8 Gedanken zu „Was das Kirchenrecht hergibt!?“

  1. Unser dorfpfarrer war ein Schläger von kindern und ein Missbräuchler.
    Mir hat er ein Ohr angerissen und meine Mutter auf die Knie gezwungen, weil sie sich in einem Brief beschwerte.
    Von seiner Vorliebe für Knaben habe ich einer Frau erzählt, die einst Schulen abklapperte, um nach dem rechten zu sehen. Als ich ihr vom Fehlverhalten des ihr bekannten hochangesehenen Pfarrers erzählte, fiel sie aus allen Wolken.!!!
    Wie, was?!?! Das kann doch nicht sein.

    Ja! Das konnte sein !!

  2. Schlimm, solche Erfahrungen zu hören. Meine Mutter erzählt ein positives Beispiel. Der damalige Dechant unseres Ortes hat sich um sie und ihre Geschwister gekümmert. Sie waren Ende des Krieges Vollwaisen und litten unter großer – vor allem finanzieller – Not. Er steckte meiner Mutter (sie war die Älteste und 16 Jahre alt) Geld zu. Damit konnten sie sich einige Zeit über Wasser halten. Auch die beiden Kapläne in der Stadt genossen als junge Männer bei uns Kindern damals gutes Ansehen. Einer von ihnen war bis zu seinem Tod in Bedburg tätig. Er wurde so um die 80 Jahre alt.

    Es ist schrecklich, was die Kirche an Schuld auf sich geladen hat und vor allem wie sie damit umgeht. Wahrscheinlich liegt es an den alten Männern, die glauben sich nicht bewegen zu müssen, weil sie in ihrem alten Denken verhaftet sind. Sie werden eines „Besseren“ belehrt werden. Der Exodus geht weiter. Wahrscheinlich in noch viel schnellerem Umfang. Aber es gibt eben immer noch 1.4 Mrd. katholische Christen. Es dauert also…

  3. Sicher gibt es gute Leute, aber das ist nicht der Punkt.
    Unser Pfarrer operierte generell viel mit Höllenangst.
    Das ist eine Melange, die bestimmt vielen geschadet hat.

  4. Der Blogger war (ist) Jörg Kantel, der „Schockwellenreiter“. Das Urteil, dass die katholische Kirche im aktuellen Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal so genannt werden darf, stammt vom Anfang 2012.

    Nochmal: Anfang 2012!

    Seit zwanzig Jahren also (20!) wird versucht, diesen Skandal, der im wahrsten Sinne des Wortes zum Himmel stinkt, aufzuklären und aufzuarbeiten, plus: zu verhindern, dass er einfach von dieser Kirche weiterbetrieben wird (ich wage nämlich kaum zu vermuten, wie viele Kinder in diesen letzten zwanzig Jahren ungestört missbraucht worden sind und neuerlich die Täter geschützt werden).

    Und es wird von Verantwortlichenseite weiterhin, und zwar so lange es irgendwie geht, geleugnet, gelogen und vertuscht, dass sich die Balken biegen…

  5. Ich habe aufgegeben, die Kirche verteidigen zu wollen. Es ist nur schade, dass durch die Führung, die sich als unfähig erweist, alles den Bach hintergeht. Aber dazu muss man erst einmal überhaupt ein Verhältnis zur Kirche gehabt haben, nicht wahr?

  6. Der wars, Boris. Ich spreche diesen Namen seither nicht mehr aus. 2012 bis 2022 = 20 Jahre? Nicht ganz. Aber du hast dennoch recht. Seit Jahrzehnten geht das eigentlich so, dass in dieser Kirche keine Bewegung stattfindet. Wie mag das erst für die Menschen sein, die sich dort immer noch engagieren?

  7. Oh, verrechnet. Tatsächlich sind es keine 20 Jahre (2012 – 2022), aber mehr als 10 allemal, da der Skandal schon deutlich länger offenkundig ist als seit 2012.

    Inhaltlich teile ich allerdings die Sicht Kantels, nicht aber seine Wortwahl, auch wenn sie in diesem Fall rechtmäßig ist. Das Verhalten der betreffenden Kircheninstitution und zahlreicher deren Würdenträger ist nämlich in meinen Augen durchaus „systemisch“, weil in jahrhundertelang tradierten Menschenbildern verfestigt. Und an diesen Menschenbildern hält die katholische Kirche bis heute, 26.01.2022 und darüber hinaus in unbestimmte Zukunft, unbeirrt und unverrückbar fest.

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