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Woran ich mich noch erinnere

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von Horst Schulte

6 Min. Lesezeit

Wor­an erin­nern sich fast 70-jäh­ri­ge? Ich mache gera­de die Pro­be aufs Exem­pel. So schwie­rig hat­te ich es mir nicht vorgestellt.

featuredimage

Die Zeiten ändern sich.

Die­ser Bei­trag scheint älter als 1 Jahr zu sein – eine lan­ge Zeit im Inter­net. Der Inhalt ist viel­leicht veraltet.

Es ist schön, so ganz für sich, unab­hän­gig von Fris­ten und Ter­mi­nen, in den Tag hin­ein­zu­le­ben. Das habe ich in den ver­gan­ge­nen acht Jah­ren nach und nach gelernt. Mein Unter­be­wusst­sein brauch­te nach mei­nem Emp­fin­den viel Zeit, um eine gewis­se Unru­he, die ich wäh­rend mei­nes Berufs­le­bens fast durch­gän­gig spür­te, loszuwerden. 

Ich fand den rich­ti­gen Umgang mit dem, was man viel­leicht per­sön­li­che Frei­heit nen­nen kann. Ein gro­ßes Wort für das, was ich mei­ne. Mir fehl­te sie seit dem Beginn der Schul­zeit. Von Feri­en und Urlau­ben ein­mal abge­se­hen. Selbst wäh­rend des Urlaubs habe ich nicht sel­ten gear­bei­tet. Auch ganz ohne Home­of­fice sozusagen.

Endlich in Rente

Mich hat wäh­rend der vie­len Jah­re mei­ner Berufs­tä­tig­keit (47) immer wie­der die Fra­ge beschäf­tigt, war­um ich bei einer wich­ti­gen Ent­schei­dung, die eine und nicht die ande­re Abfahrt genom­men habe. Wäre ich heu­te in der Lage, die pas­sen­den Kri­te­ri­en für mei­ne Ent­schei­dun­gen zwei­fels­frei zu iden­ti­fi­zie­ren oder gin­gen die Jah­re so schnell vor­bei, wie ich es auch wäh­rend der letz­ten 8 Jah­re in Ren­te emp­fun­den habe? Haben Sie ein­mal dar­über nach­ge­dacht, ob Sie nicht ganz so wich­ti­ge Ereig­nis­se in Ihrem Leben einem Jahr, oder bes­ser noch einem Monat im ent­spre­chen­den Jahr zuord­nen kön­nen? Bei mir wäre das ganz schwie­rig. Aber ich habe damit begon­nen, eine Chro­nik – ganz für mich per­sön­lich – zu erstel­len. Es ist wirk­lich schwer. Weiß ich noch, wann und wo ich 1987 in Urlaub gewe­sen bin? So etwas mei­ne ich. Urlaub ist und war doch immer wich­tig. Trotz­dem kann ich mich nur an weni­ge erin­nern und die­se halb­wegs zutref­fend einem Jahr oder sogar einem Monat in die­sem Jahr zuordnen.

So viele Texte

Ich blog­ge schon seit 2003. Ich habe Tau­sen­de von kur­zen und län­ge­ren Tex­ten ver­fasst. Es gibt immer noch eini­ge weni­ge Online-Freun­de. Wir fol­gen uns gegen­sei­tig und lesen, was der bzw. die ande­re schrei­ben und kom­men­tie­ren das manch­mal. Es ist eine klei­ne Zahl von Lese­rin­nen und Lesern, die mir bzw. mei­nem Geschreib­sel die Treue gehal­ten haben; wenn man das so sagen kann. Per­sön­lich ken­nen­ge­lernt haben wir uns wäh­rend all die­ser Jah­re nicht. 

Vie­le mei­ner Tex­te sind im Nir­wa­na ver­schwun­den. Teil­wei­se habe ich sie gelöscht, weil wid­ri­ge Umstän­de mich emo­tio­nal dazu ver­an­lass­ten. Ich den­ke an die Abmah­nun­gen wegen zwei­er Urhe­ber­rechts­ver­let­zun­gen. Ein Bröt­chen und eine Maß (die kos­tet auf der Wies’n übri­gens heu­er 14 Euro) haben mich damals meh­re­re Tau­send Euro gekostet. 

Abmahnungen für kleine Blogger

Dabei habe ich mit mei­nen ver­schie­de­nen Blogs nie Geld ver­dient. Sie waren immer rein pri­va­te Pro­jek­te ohne Shop, Wer­bung oder irgend­wel­che Ver­kaufs­ab­sich­ten. Trotz­dem hat­ten mich die­se Teu­fel beim Wickel. Bis heu­te gibt es die­se Absah­ner, die Geset­zes­lü­cken und irren Quatsch der Gesetz­ge­ber (DSGVO) aus­nut­zen und klei­ne Blog­ger dafür abmah­nen, weil sie Goog­le Fonts in ihren Blogs ver­wen­den. Gaa­anz böse. Da wer­den Daten (im Zwei­fel reicht eine IP wegen ihrer Ein­ein­deu­tig­keit) in die USA über­tra­gen. Das weiß zwar gar kei­ner so ganz genau. Aber Stra­fe muss natür­lich sein. Schließ­lich sind die Daten­schüt­zer in Deutsch­land die Vor­läu­fer der heu­ti­gen Kli­ma­schüt­zer. Da gibts kein Par­don. Des­halb kom­men wir auch so gut vor­an in die­sem Land. 

Gelernt habe ich durch das Blog­gen und die teu­ren Abmah­nun­gen auch eini­ges. Mei­ne emo­tio­na­le Ver­fas­sung in die­ser Zeit war ange­spannt. Ich woll­te es auf­zu­ge­ben, das Blog­gen. Mei­ne Frau sprach sich dafür aus. Ich habe alle Archi­ve gelöscht, die Tex­te gin­gen also kom­plett ver­lo­ren. Für den aller­größ­ten Teil wird es nicht scha­de gewe­sen sein. Aller­dings hät­ten für mich per­sön­lich mei­ne Archi­vin­hal­te heu­te ange­sichts der ange­spro­che­nen Rück­schau auf mein bis­he­ri­ges Leben ja auch Brauch­ba­res ent­hal­ten können. 

Die Sinnfrage in Zeiten der Stapelkrisen

Was habe ich (damals) über die Fra­gen der Zeit gedacht? Ich fühl­te mich poli­tisch immer auf der rich­ti­gen Sei­te. Mei­ne links­li­be­ra­le Ein­stel­lung war – ich wür­de behaup­ten – uner­schüt­ter­lich. Das hat sich geän­dert. Ich neh­me an, es hat mit der »geschenk­ten« Zeit zu tun, die ich grund­sätz­lich als gro­ßes Glück emp­fin­de. Aber ich neh­me des­halb viel­leicht die zahl­rei­chen Kri­sen und Fehl­ent­wick­lun­gen auch inten­si­ver wahr, als ich es frü­her je getan habe. Ich reagie­re anders, sehr viel emo­tio­na­ler auf die­se als das frü­her ™ mal der Fall war. Ich trös­te mich damit, dass wir uns heu­te um neue Wör­ter bemü­hen, um unse­re aktu­el­le Lage in Zei­ten der »Sta­pel­kri­sen« halb­wegs ange­mes­sen zu erklären.

Ich fra­ge mich, was wir uns nur gedacht haben, inner­halb weni­ger Gene­ra­tio­nen die­sen Pla­ne­ten so über­zu­stra­pa­zie­ren. Nun muss Elon Musk tat­säch­lich den Mes­si­as geben und uns womög­lich eine Zukunft auf dem Mars spen­die­ren. So schlimm ist es.

Datenrekonstruktion

Gespannt bin ich, ob ich mit mei­ner pri­va­ten Daten­re­kon­struk­ti­on zum Ziel kom­me. Die­se Arbeit könn­te als ein Ergeb­nis her­vor­brin­gen, dass wir ganz schön oft in Urlaub waren und dabei nie Fern­rei­sen unter­nom­men haben. Das ist weni­ger lobens­wert, als es in die­sen Zei­ten denk­bar wäre. Ich bin eher so ein (kon­ser­va­ti­ver) Typ wie Alt­kanz­ler Kohl. Der fuhr in den Feri­en auch gern an die glei­che Stel­le. Es ist doch so schön, nach Hau­se zu kom­men. Und auch ein Feri­en­do­mi­zil kann das bei uns bewir­ken. Bei mei­ner Frau und mir, mei­ne ich. Bei mir war das aber nicht der Wolf­gang­see, son­dern der Thu­ner­see im Ber­ner Oberland. 

Die Zeit ver­geht wahn­sin­nig schnell. Mei­ne Mut­ter (1932 – 2023) hat mir oft erzählt, dass die Zeit immer schnel­ler ver­geht, je älter man wird. Ich weiß nicht, wann ich damit auf­ge­hört habe, die­se Weis­heit nicht mehr ins Reich der Legen­den zu ver­wei­sen. Längst weiß ich, dass das aber so etwas von zutrifft. Wäh­rend der letz­ten Jah­re habe ich manch­mal dar­über nach­ge­dacht, wie man es anstel­len könn­te, dass die Zeit weni­ger schnell vor­bei­geht. Viel­leicht müss­te man ein­fach mehr mit der Zeit anfan­gen, die man als Rent­ner hat. Mehr rei­sen, mehr leben. Ein­fach von allem mehr. Aber sind die­se Rezep­te ziel­füh­rend, mal abge­se­hen von mei­nem inne­ren Schwei­ne­hund, der sich wohl aus Träg­heit aus Rei­sen und Events nie viel gemacht hat und davor erfah­rungs­ge­mäß kneift? 

Fallschirmspringen oder Bungee-Jumping

Ich dach­te dar­über nach, ob es nicht viel­leicht etwas für mich wäre, mit dem Fall­schirm abzu­sprin­gen oder Bun­gee-Jum­ping zu pro­bie­ren. Ich fand den Gedan­ken aus irgend­ei­nem Grund nahe­lie­gend. Schließ­lich wird man – so dach­te ich – die Zeit wäh­rend sol­cher Aktio­nen beson­ders inten­siv erle­ben. Dafür bin ich auch nicht der Rich­ti­ge. Ver­mut­lich wür­de ich das Start­geld, wenn ich mich denn zur Zah­lung durch­ge­run­gen hät­te, eher ver­fal­len, als so eine Rei­se anzu­tre­ten. Eine sehr spe­zi­el­le Art der Pro­kras­ti­na­ti­on. Dabei war die nie mei­ne Methode. 

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Ich bin Horst Schulte

Herausgeber, Blogger, Amateurfotograf

alleiniger Autor dieses Blogs

Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Ich kann die Leute nicht ändern, aber meinen Blick auf sie.

Artikelinformationen:

Privat

Beschäftigung, Leben, Rente, Rückschau, Zeit

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4 Gedanken zu „Woran ich mich noch erinnere“

  1. Die Zeit rast, so kommt es mir auch vor, im oder seit dem Älter­wer­den (gefühlt so ab ca. 50) dazu wird die Erin­ne­rung immer blas­ser. Bei eini­gen Din­gen ver­mut­lich hilf­reich, damit der Schmerz nachlässt.

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    • Das mit dem Ver­ges­sen ist sicher auch ein wich­ti­ger Aspekt, was unse­ren Selbst­schutz angeht. In mei­nem Fall kann ich sagen, dass wir bis­her ein glück­li­ches Leben ohne grö­ße­re Schlä­ge (Klopf­Auf­Holz) hat­ten. Das ist Glück­sa­che. Als unse­re Müt­ter inner­halb einer so kur­zen Zeit­span­ne ver­stor­ben sind, war es auch ein Trost zu wis­sen, dass wir (Kin­der) sie so lan­ge bei uns hat­ten. Vie­le haben das Glück lei­der nicht.

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  2. Inter­es­san­te Idee mit der per­sön­li­chen Rück­schau. Ich behaup­te, Urlau­be für mein Leben seit ich 2 war kom­plett in die Jah­re ein­tra­gen zu kön­nen. Eben­so zen­tra­le, lebens­prä­gen­de Erleb­nis­se. Ich kann Dir sogar bei vie­len die­ser Sachen sagen, was für Klei­dung ich dabei par­ti­ell getra­gen habe. Habe ich sofort vor Augen. Ist nicht immer schön, die­ses Gedächt­nis zu haben, denn es macht Ver­ges­sen unschö­ner Erleb­nis­se schwer bis unmög­lich. Aber immer­hin ver­blas­sen die Bilder.

    Mein Blog hat die Jah­re 2009 – 2020 selbst geschrot­tet. Dass das off­line ist, fin­de ich mehr­heit­lich nicht mehr schlimm. Tat­säch­lich suche ich manch­mal etwas aus alten Tex­ten her­aus. Ich siche­re alle Tex­te in Word. Da kopie­re ich sie über Mona­te in eine Datei, bis sie mir zu groß wird. 

    Lässt Du uns an Dei­ner His­to­rie teil­ha­ben? Wür­de ich ger­ne lesen. Wir machen auch kei­ne Fern­rei­sen und mögen Bekann­tes. Trotz­dem ent­deckt man ja immer mal was Neu­es dabei.

    Vie­le Grüße
    Ines

    Antworten
    • Das ist phä­no­me­nal! Bis zu mei­nem 16. Lebens­jahr war ich exakt drei­mal in Urlaub. Die Fami­lie mei­nes bes­ten Freun­des hat mich mit­ge­nom­men. Natür­lich erin­ne­re ich mich an die­se drei Urlau­be noch gut. Ich weiß auch, wann das war. Mei­ne Eltern waren nie in Urlaub, wir hat­ten dafür kein Geld. Die Urlau­be nach mei­ner Jugend, sind viel schwe­rer zu rekon­stru­ie­ren. So vie­le Jah­re und häu­fig an die­sel­ben Plätze… 🙂 

      Das mit der Klei­dung ist inter­es­sant. Mei­ne Frau kann das auch. Sie weiß ganz genau die Geschich­te zum Kauf irgend­wel­cher Kla­mot­ten. Das gilt nicht nur für sie, son­dern auch für mich. Ich ver­ste­he nicht, wie man das auf die Rei­he bekommt. Echt toll.

      Ich fin­de inter­es­sant, dass du die Tex­te in Word spei­cherst. Ich schrei­be sie grund­sätz­lich im WP-Edi­tor und siche­re natür­lich das Blog. Trotz­dem kann was schief gehen. Wel­cher WP-User kennt die­se Fall­stri­cke nicht?

      Ich habe ange­fan­gen mit die­ser His­to­rie. Ob es wirk­lich inter­es­sant wird, kann ich bis jetzt nicht abse­hen. Viel­leicht kann ich etwas verwenden.

      Antworten

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