Juris­ten nei­gen dazu, uns nor­ma­le Bür­ger zu über­for­dern. Das zeigt sich bei Urtei­len, die gegen den „gesun­den Men­schen­ver­stand“ ver­sto­ßen, aber lei­der auch in grund­sätz­li­chen Dingen.

Ist es rich­tig, wenn ein Gesetz noch gilt, obwohl sich das Wis­sen durch die tech­no­lo­gi­schen Mög­lich­kei­ten inner­halb unse­rer Gesell­schaft radi­kal ver­än­dert haben? 

Ich möch­te natür­lich auf das gest­ri­ge Urteil des Ver­fas­sungs­ge­rich­tes hin­aus, das an einem Arti­kel, einem wich­ti­gen Rechts­prin­zip, unse­res Grund­ge­set­zes fest­hält. Nie­mand soll wegen der glei­chen Straf­tat ein zwei­tes Mal vor Gericht gestellt wer­den, etwa nur, weil sich neue Bewei­se erge­ben haben, die einen Schuld­spruch wegen Ver­ge­wal­ti­gung und Mord zur Fol­ge haben könnten. 

Technischer Fortschritt?

Die foren­si­schen Mög­lich­kei­ten sind aktu­ell völ­lig anders als noch vor weni­gen Jahr­zehn­ten. Wir ver­fol­gen die Erfol­ge, die Kri­mi­nal­po­li­zei und Staats­an­walt­schaf­ten im Hin­blick auf soge­nann­te Cold Cases machen. Wie­der ist ein Mör­der über­führt, eine schwe­re Straf­tat kann nach Jah­ren erfolg­reich auf­ge­klärt und der Ver­ant­wort­li­che zur Rechen­schaft gezo­gen werden. 

Wenn der Ver­däch­ti­ge jedoch bereits ein­mal ein Gerichts­ver­fah­ren durch­lau­fen hat, sieht es anders aus. Die gesetz­li­che Rege­lung zur Wie­der­auf­nah­me des Straf­ver­fah­rens zuun­guns­ten des Frei­ge­spro­che­nen in § 362 Nr. 5 StPO ist ver­fas­sungs­wid­rig. Es war noch unter der Gro­Ko ver­ab­schie­det worden. 

Grundgesetz

Das Ver­fas­sungs­ge­richt nimmt Bezug auf die­sen Satz im Arti­kel 103, Absatz 3 unse­res Grundgesetzes: 

(3) Nie­mand darf wegen der­sel­ben Tat auf­grund der all­ge­mei­nen Straf­ge­set­ze mehr­mals bestraft werden.

Char­ta der Grund­rech­te (EU)

Arti­kel 50 – Recht, wegen der­sel­ben Straf­tat nicht zwei­mal straf­recht­lich ver­folgt oder bestraft zu werden

Es geht um Rechts­si­cher­heit, sagen die Rich­ter, auf die sich alle Bür­ger ver­las­sen kön­nen müs­sen. OK.

Ich glau­be, dass unse­re umfang­rei­chen Gesetz­bü­cher, für die unser Rechts­staat je nach Lau­ne gelobt oder geta­delt wird, zahl­lo­se Bei­spie­le für einen Ana­chro­nis­mus beinhal­ten, der je nach Lage und Ein­zel­fall auch immer wie­der auf­blitzt. Die Geset­ze müss­ten aus mei­ner Sicht nicht in belie­bi­ger Wei­se eva­lu­iert und erfor­der­li­chen­falls ver­än­dert wer­den. Sie soll­ten aber bit­te doch auf alle Fäl­le den tech­no­lo­gi­schen Fort­schritt berücksichtigen. 

GroKo hat schon wieder verloren

Die Vor­gän­ger-Regie­rung hat­te es ver­sucht, die Juris­ten des Ver­fas­sungs­ge­rich­tes sehen es anders. Zwei schlim­me Ver­bre­chen (Ver­ge­wal­ti­gung und Mord) an einer jun­gen Frau blei­ben unge­sühnt, und zwar aus prin­zi­pi­el­len Erwä­gun­gen. Juris­ten und Büro­kra­ten haben viel gemein­sam. Die geäu­ßer­te Anteil­nah­me an die betrof­fe­ne Fami­lie klingt wie Hohn.

Ich bin ein ein­fa­cher Mann vom Land. Ich ver­ste­he so man­ches nicht mehr, was auf unse­rer Welt pas­siert. Und die­ses Urteil schon gar nicht.


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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Kategorie: Gesellschaft

Schlagworte: Grundgesetz

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6 Gedanken zu „Ungesühnte Schwerverbrechen und hehre Rechtsgrundsätze“

  1. Juri Nello 470 1. November 2023 um 12:41

    Rechts­si­cher­heit ist schon eine gute Sache, wenn es auch in die­sem Fall nicht gut erscheint.

    Wenn die Juris­ten anders ent­schie­den hät­ten, hät­te das Scheu­nen­to­re geöff­net und selbst das Grund­ge­setz müss­te ange­passt werden.

    Die Ers­ten, die die­ses Scheu­nen­tor nut­zen wür­den, sind die lus­ti­gen Leu­te der Abmahnindustrie.

    In dubio pro Reo ist ein damit ver­bun­de­nes Prinzip.

  2. Juri Nello 470 2. November 2023 um 16:19

    Das sich die tech­ni­schen Mög­lich­kei­ten ändern, soll­te bei der Recht­spre­chung weni­ger eine Rol­le spie­len. Das ist halt der Lauf der Zeit.

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