Sondervermögen und Schuldenbremse: Das politische Tauziehen um die Zukunft

Merz und Lin­ne­mann poch­ten einst auf die Schul­den­brem­se, doch Deutsch­lands Mil­li­ar­den­plä­ne set­zen ande­re Signa­le. Refor­men oder ris­kan­te Finanzpolitik?

HS230625

Horst Schulte

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Söder kar­tet nach – gegen die Grü­nen. Merz hat­te am Tag vor den Wah­len »Links/​Grün« beschei­nigt, dass wir (die lin­ken Spin­ner) sozu­sa­gen aus­re­formt haben. Tja, eins kön­nen wir von der neu­en Regie­rung (der alten Gro­Ko) ganz sicher nicht erwar­ten – Refor­men. Wenn sogar der Chef der »Jun­gen Uni­on« dar­über lamen­tiert, dass die bei­den Son­der­ver­mö­gen nicht nach­hal­tig wären, muss wohl etwas dar­an sein. Was soll der gan­ze Zin­no­ber? Das Land hat kei­ne Koh­le und – jeden­falls bis­her – kei­nen Plan. Das auch mal an die Adres­se der Grünen.

Die Schuldenbremse als politisches Dogma

Es wird noch ein paar Tage dau­ern, bis der Ärger dar­über ver­flo­gen ist, den das Duo Merz-Lin­ne­mann beim The­ma Schul­den­brem­se aus­ge­löst hat. Wie lan­ge hat­ten bei­de immer und immer wie­der betont, dass sie an die­ser fest­hal­ten wol­len. Alle Vetos wur­den gleich­sam im Feder­streich abge­räumt und sogar Mario Draghis unver­ges­se­nes Bon­mot »Wha­te­ver it takes« wur­de vom künf­ti­gen Kanz­ler bemüht.

Der Betrug, der zunächst ein­mal als Hypo­thek mit Merz nach Hau­se geht, war in Wahr­heit jedem seit Lan­gem abseh­bar. Ich habe hier so häu­fig dar­über gebloggt, dass ich das nur noch ein letz­tes Mal lako­nisch anmer­ken will. Es geht auch gar nicht anders. Ich mei­ne, Merz hät­te die Wäh­ler nicht scham­los anlü­gen müs­sen. Aber, Gott noch mal: So san’s halt, die Politiker.

Ein Wendepunkt in der Finanzpolitik?

Hat sich mit jenem legen­dä­ren Frei­tag, der nach Mei­nung so man­cher Poli­ti­ker und Kom­men­ta­to­ren in die Geschichts­bü­cher als Trumps vor­läu­fi­ges Kabi­nett­stück aus dem MAGA – Gebet­buch ein­ge­hen wird, wirk­lich alles geän­dert? Ist die­se Erfah­rung den Auf­wand und die Risi­ken neu­er Schul­den in einer Grö­ßen­ord­nung von fast einer Bil­li­on EUR wert? Der Topf für die Bun­des­wehr (zunächst 400 Mil­li­ar­den EUR) hat nicht ein­mal einen Deckel. Wow! Kein Wun­der, wenn die Pazi­fis­ten der Links­par­tei durchdrehen.

Ich den­ke, wir dür­fen fest­hal­ten, dass die­se unge­heu­re Geld­men­ge ein kla­res Signal sen­det. Nicht bloß an den oran­ge­nen US-Prä­si­den­ten und sei­ne kaput­te Entou­ra­ge oder an den Gangs­ter­boss im Kreml. Nein, wir hat­ten ein Signal auch nötig! Deutsch­land hat eine Nei­gung zur Selbst­auf­ga­be offen­bart, die erschre­ckend ist. Ich hof­fe, dass mit dem Geld die rich­ti­gen Maß­nah­men getrof­fen wer­den. Ver­tei­di­gung, das Mili­tär, ist das eine. Des­halb fin­de ich die Auf­tei­lung in zwei Son­der­ver­mö­gen klug und rich­tig. Die­se Ent­schei­dung ist für sich genom­men ein zwei­tes Signal, das Sinn ergibt.

Wenn wir eine hal­be Bil­li­on EUR allein für unse­re kaput­te Infra­struk­tur ein­set­zen, wird das star­ke Signa­le an unse­re stark diver­si­fi­zier­te Wirt­schaft sen­den. Vie­le wer­den direkt von die­sem »Geld­re­gen« pro­fi­tie­ren. Ich wür­de dar­über hin­weg­se­hen, dass die Gren­zen zwi­schen inves­ti­ven und kon­st­um­ti­ven Wir­kun­gen ver­schwim­men könn­ten. So viel Ver­trau­en in die Poli­tik soll­ten wir aufbringen.

Ein Signal mit ungewissem Ausgang

Ich wer­de die Maß­nah­me der desi­gnier­ten neu­en Regie­rung nicht kri­ti­sie­ren, weil dies schon genü­gend Bes­ser­wis­ser tun. Aber vor allem, weil wir aus mei­ner Sicht drin­gend auf ein sol­ches Signal ange­wie­sen waren. Es ist mög­lich, dass das geplan­te Vor­ha­ben der mög­li­chen Regie­rung vor dem Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt landet. 

Der Trick, die Ent­schei­dun­gen, die eine Zwei-Drit­tel-Mehr­heit erfor­dern, vor der kurz bevor­ste­hen­den Kon­sti­tu­ie­rung des neu­en Bun­des­ta­ges vom »alten« Par­la­ment tref­fen zu las­sen, ist kri­tisch. Es ist mög­lich, viel­leicht sogar wahr­schein­lich, dass das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt ent­spre­chen­den Kla­gen nach­ge­ben wird. 

Dann hät­ten Uni­on und SPD eine ähn­li­che Hypo­thek auf dem Buckel wie einst die Ampel, die letzt­lich an den Fol­gen der Ent­schei­dung des Ver­fas­sungs­ge­rich­tes geschei­tert war. Damals: kein Geld, kei­ne grü­nen Trans­for­ma­ti­ons­pro­jek­te. Heu­te: Kein Geld, kei­ne Infra­struk­tur und kei­ne Stär­kung der Ver­tei­di­gungs­fä­hig­keit des Lan­des. Dass es damals die Uni­on war, die viel Freu­de am Urteil des Ver­fas­sungs­ge­rich­tes hat­te, sei der Ord­nung hal­ber noch erwähnt.

Klimaschutz als Nebensache?

Sie mei­nen, es gäbe heu­te doch ganz ande­re, viel schwer­wie­gen­de­re Grün­de für Kunst­grif­fe die­ser Art? Man könn­te behaup­ten, dass Sie sich irren könn­ten. Schließ­lich wur­de das The­ma Kli­ma­schutz in schöns­ter Über­ein­stim­mung zwi­schen dem Volk und einer auf­blü­hen­den Domi­nanz bzw. dem Auf­stieg der Kon­ser­va­ti­ven abge­wählt. So viel noch­mal zum The­ma: Grü­ne Spinner! 

Wie teu­er uns die­se Fehl­ent­schei­dung kom­men wird, steht (noch) in den Ster­nen. Ja, wir den­ken, es gibt im Moment Wich­ti­ge­res? Ach, wirklich?

Eine Schluss­be­mer­kung noch zum The­ma Zwei-Drit­tel-Mehr­hei­ten: Was wird eigent­lich aus unse­rer Demo­kra­tie, wenn die Regie­rung künf­tig kei­ne Aus­sich­ten für Zwei-Drit­tel-Mehr­hei­ten mehr hat? Im All­tag wer­den sol­che Mehr­hei­ten zwar nur für bestimm­te Berei­che nötig. Aber nötig sind sie halt. Und mit einer AfD darf ja nicht gestimmt wer­den. Sonst taugt die Ent­schei­dung am Ende nichts. Das haben wir gelernt. Die Fra­ge ist nur, wie lan­ge die­se Logi­ken ihre All­tags­taug­lich­keit noch bewei­sen können.

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Reformen Schuldenbremse Sondervermögen

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