Zwi­schen Rück­schritt und Reform: Die schwarz-rote Koali­ti­on greift das Bür­ger­geld an – und mit ihm das Ver­trau­en in den Sozialstaat.

Es war eines der zen­tra­len The­men im Wahl­kampf – und wird nun zum Prüf­stein der neu­en schwarz-roten Bun­des­re­gie­rung: das Bür­ger­geld. Die soge­nann­te „Gro­ße Koali­ti­on“ aus CDU/​CSU und SPD steht vor der Her­aus­for­de­rung, die Grund­si­che­rung für rund 5,5 Mil­lio­nen Men­schen grund­le­gend zu refor­mie­ren. Zwar soll das Bür­ger­geld laut Kanz­ler­par­tei und Uni­on nicht voll­stän­dig abge­schafft wer­den, aber eine grund­le­gen­de Reform inklu­si­ve Namens­än­de­rung steht auf der poli­ti­schen Agen­da. Die Regie­rung signa­li­siert damit: Es geht nicht mehr nur um Kor­rek­tu­ren, son­dern um einen Para­dig­men­wech­sel. Doch wohin steu­ert der Sozi­al­staat – zurück zur Här­te oder vor­an zu mehr Verbindlichkeit?

Der neue Kurs: Bürgergeld vor dem Umbau

Die Koali­ti­on aus CDU/​CSU und SPD hat sich in ihrem Koali­ti­ons­ver­trag auf eine Neu­aus­rich­tung der Grund­si­che­rung ver­stän­digt. Der Begriff „Bür­ger­geld“ soll ersetzt wer­den – zu stark ist er mit der Ampel­re­gie­rung ver­bun­den, zu weich erscheint er vie­len Konservativen.

Zur Debat­te ste­hen ver­schie­de­ne Änderungen:

  • Namens­än­de­rung: Laut ers­ten Berich­ten soll der neue Begriff Begrif­fe wie „Grund­si­che­rung für Arbeits­su­chen­de“ oder „Neue Exis­tenz­si­che­rung“ ent­hal­ten – neu­tra­ler, nüch­ter­ner, leistungsorientierter.
  • Stren­ge­re Mit­wir­kungs­pflich­ten: Wer Job­an­ge­bo­te ablehnt oder Ter­mi­ne ver­säumt, muss mit schnel­len Leis­tungs­kür­zun­gen rechnen.
  • Sach­leis­tun­gen statt Geld: In bestimm­ten Fäl­len – etwa bei Pflicht­ver­let­zun­gen oder man­geln­der Koope­ra­ti­on – sol­len Sach­leis­tun­gen Vor­rang vor Geld­trans­fers erhalten.
  • Mehr Kon­trol­le, weni­ger Ver­trau­en: Die einst ein­ge­führ­te „Ver­trau­ens­zeit“ und groß­zü­gi­ge Frei­be­trä­ge ste­hen erneut auf dem Prüfstand.

Die Argumente der Befürworter: Ordnung und Verantwortung

Die Uni­on betont: Es gehe nicht um Stra­fe, son­dern um Ver­bind­lich­keit. Der Sozi­al­staat dür­fe kei­ne Ein­bahn­stra­ße sein. Wer Hil­fe erhält, müs­se im Gegen­zug zur Inte­gra­ti­on in den Arbeits­markt bei­tra­gen. Gera­de in Zei­ten des Arbeits­kräf­te­man­gels sei es unver­ant­wort­lich, wenn poten­zi­el­le Arbeits­kräf­te dau­er­haft in der Grund­si­che­rung verharren.

Die SPD, obwohl einst Vor­den­ke­rin von Hartz IV und Bür­ger­geld, trägt die Reform­plä­ne bis­lang mit – offen­bar auch, um den Schul­ter­schluss mit der Uni­on nicht zu gefähr­den. Eini­ge Stim­men aus der Par­tei mah­nen jedoch, nicht zu weit zu gehen und die Balan­ce zwi­schen „För­dern“ und „For­dern“ zu erhalten.

Die Kritik: Rückfall in alte Muster?

Gewerk­schaf­ten, Sozi­al­ver­bän­de und vie­le Wis­sen­schaft­ler zei­gen sich alar­miert. Der Pari­tä­ti­sche Wohl­fahrts­ver­band nennt die Plä­ne einen „Roll­back ins 20. Jahr­hun­dert“. Die Rede ist von:

  • Stig­ma­ti­sie­rung statt Integration
  • Miss­trau­en statt Teilhabe
  • Sank­tio­nen statt struk­tu­rel­ler Hilfe

Beson­ders pro­ble­ma­tisch sei, dass die Ursa­chen für Lang­zeit­ar­beits­lo­sig­keit erneut indi­vi­dua­li­siert wer­den: Feh­len­de Mobi­li­tät, man­geln­de Kin­der­be­treu­ung, gesund­heit­li­che Ein­schrän­kun­gen oder Bil­dungs­ar­mut wer­den igno­riert, wäh­rend die Schuld bei den Betrof­fe­nen selbst gesucht wird.

Perspektive der Kommunen: Überlastung und Hoffnung auf Klarheit

In vie­len Job­cen­tern herrscht schon jetzt Per­so­nal­not. Die Umset­zung der geplan­ten Ände­run­gen – mehr Kon­trol­le, mehr Ein­zel­fall­ent­schei­dun­gen – wird die Situa­ti­on zusätz­lich belas­ten. Kom­mu­nen for­dern des­halb kla­re gesetz­li­che Rege­lun­gen und ein­fa­che Ver­fah­ren. Eini­ge begrü­ßen den Reform­wil­len, sehen aber die Gefahr einer „Büro­kra­ti­sie­rung des Misstrauens“.

Der neue Klassenkampf: Wer arbeitet, wer zahlt, wer will nicht?

Die gesell­schaft­li­che Debat­te um das Bür­ger­geld wird zuneh­mend emo­tio­nal geführt. In Umfra­gen stim­men vie­le Bür­ger der Aus­sa­ge zu, dass „der Sozi­al­staat aus­ge­nutzt wird“. Die­se Wahr­neh­mung wird von Tei­len der Poli­tik gezielt befeu­ert – mit Geschich­ten von abge­lehn­ten Jobs, Tik­Tok-Vide­os ver­meint­lich „fau­ler“ Emp­fän­ger oder Rechen­bei­spie­len, bei denen sich Arbeit angeb­lich nicht lohnt.

Doch die­se Erzäh­lun­gen ver­schlei­ern oft mehr als sie erklä­ren. Denn in der Rea­li­tät ist der größ­te Teil der Erwerbs­lo­sen bereit zu arbei­ten – aber oft nicht sofort, nicht über­all, nicht unter jedem Lohn­ni­veau. Wer die­se Dif­fe­ren­zie­rung igno­riert, betreibt Sym­bol­po­li­tik. Und die­se ist gegen den Sozi­al­staat gerichtet!

Eine Reform auf Messers Schneide

Die schwarz-rote Koali­ti­on steht vor einer weg­wei­sen­den Ent­schei­dung: Gestal­tet sie die Grund­si­che­rung zukunfts­ori­en­tiert und inte­gra­tiv – oder schwenkt sie zurück zu einer Poli­tik des Drucks und der Kontrolle?

Dass das Bür­ger­geld in der aktu­el­len Form über­ar­bei­tet wer­den muss, steht außer Fra­ge. Doch der neue Name allein wird nichts ver­bes­sern. Es braucht nicht weni­ger Ver­trau­en, son­dern mehr geziel­te Unter­stüt­zung. Nicht mehr Miss­trau­en, son­dern mehr ech­te Chancen.

So bleibt zu hof­fen, dass die kom­men­den Mona­te nicht zur Rück­kehr der „Agen­da-Poli­tik“ füh­ren, son­dern zu einer gerech­te­ren Balan­ce aus Ver­ant­wor­tung und Menschenwürde.

Bür­ger­geld: Streit zwi­schen CDU und SPD – Poli­tik – SZ​.de

Die Antei­le des Sozi­al­etats (einschl. Ren­ten­zu­schüs­se) neh­men gewal­ti­ge, ja bedroh­li­che Aus­ma­ße an. Im Haus­halt 2025 hat er mit dem Schul­den­dienst einen Anteil von 43 % am Gesamt­haus­halt des Bun­des. 212 Mrd. EUR beträgt die Gesamt­sum­me. Der Gesamt­haus­halt des Bun­des beläuft sich auf 488 Mrd. EUR.

Die Zins­aus­ga­ben Deutsch­lands für sei­ne Schul­den belie­fen sich im Jahr 2024 auf rund 34,2 Mil­li­ar­den Euro. In der offi­zi­el­len Haus­halts­pla­nung der Bun­des­re­gie­rung wer­den dabei die rei­nen Zins­zah­lun­gen auf Bun­des­an­lei­hen mit 14,6 Mil­li­ar­den Euro für 2024 aus­ge­wie­sen, wei­te­re Pos­ten wie Dis­agio-Zah­lun­gen und ande­re Ver­zin­sungs­leis­tun­gen erhö­hen den Gesamt­be­trag auf die genann­te Sum­me. Die Zins­last für den Bun­des­haus­halt ist damit gestie­gen, bleibt aber im inter­na­tio­na­len Ver­gleich moderat.

Ausgabenanteile Bundeshaushalt Kopie
Aus­ga­ben­an­tei­le Bun­des­haus­halt Kopie

Internationaler Vergleich

USA:
Die Zins­aus­ga­ben der USA für ihre Staats­schul­den erreich­ten im Fis­kal­jahr 2024 einen Rekord­wert von etwa 1,049 Bil­lio­nen US-Dol­lar, hoch­ge­rech­net auf das gesam­te Jahr sogar bis zu 1,2 Bil­lio­nen US-Dol­lar. Die offi­zi­el­len Zah­len für das Kalen­der­jahr 2024 lie­gen bei rund 1.126 Mil­li­ar­den US-Dol­lar. Dies ist deut­lich mehr als die Aus­ga­ben für Ver­tei­di­gung oder ande­re gro­ße Haus­halts­pos­ten und über­steigt die deut­sche Zins­last um ein Viel­fa­ches.

Moody’s warnt: 2025 flie­ßen 18 % der Steu­er­ein­nah­men allein in Zins­zah­lun­gen – ein Rekord­wert über der his­to­ri­schen Mar­ke von 1991. David C. Datel­le (Mei­nung): Die Staats­ver­schul­dung könn­te zu einer Wirt­schafts­kri­se wer­den.

Musk hat­te Trump bei X ange­gan­gen: „This immense level of over­spen­ding will dri­ve Ame­ri­ca into debt slavery!“ Musk reagier­te auf Berich­te und Zah­len, wonach die Zins­zah­lun­gen auf die US-Staats­ver­schul­dung im Jahr 2025 vor­aus­sicht­lich über 950 Mrd. $ betra­gen – mehr als für Ver­tei­di­gung oder Sozi­al­pro­gram­me ein­ge­plant ist. Wahr­schein­lich hat er aus­nahms­wei­se mit sei­nen War­nun­gen nicht nur aus mathe­ma­ti­scher Sicht recht. 

Zusammenfassung im Vergleich

LandSchul­den­quo­ten
Deutsch­land63 %
Frank­reichca. 116 % des BIP
Ita­li­en137 – 139 % des BIP
USA102 – 123 % des BIP

Deutsch­land zahlt im inter­na­tio­na­len Ver­gleich rela­tiv nied­ri­ge Zin­sen für sei­ne Staats­schul­den, sowohl in abso­lu­ter Höhe als auch rela­tiv zu den Staats­ein­nah­men. Die USA haben mit Abstand die höchs­te abso­lu­te Zins­last, wäh­rend ins­be­son­de­re Ita­li­en und Frank­reich im Euro-Raum eine deut­lich höhe­re rela­ti­ve Belas­tung auf­wei­sen als Deutsch­land. Die Zins­las­ten stei­gen in allen genann­ten Län­dern aktu­ell an, was die Haus­hal­te zuneh­mend belastet.

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Kategorie: Politik

Schlagworte: Haushalt Schulden Verschuldung Verschuldungsquote Zinsen

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