Es ist wieder soweit.
Die Rosen blühen, die Mücken tanzen – und ARD wie ZDF greifen tief ins Archiv. Die Programmplaner schalten auf Autopilot, der Sommermodus ist aktiviert: Willkommen im Reich der Wiederholung. Alte Tatorte, alte Quizshows, alte Pointen. Alles alt. Nur der Rundfunkbeitrag ist taufrisch geblieben.
Wiederholung macht den Meister, sagen sie.
Aber ob die Zuschauer das auch so sehen, wenn sie zum fünften Mal mit ansehen, wie Kommissar Borowski in Kiel melancholisch durch den Regen schlurft?
Einmal mehr klagen die Intendanten, dieses Mal über die Knausrigkeit der Politik. Man sei unterfinanziert, heißt es aus den Chefetagen. Und das, obwohl jedem Haushalt monatlich 18,36 € abgebucht werden – ob man will oder nicht. Streaming ist längst kein Zusatz mehr, sondern die Rettungsinsel für alle, die dem linearen Konservenprogramm entkommen wollen.
Wohin fließt das viele Geld?
- ARD: rund 72 %
- ZDF: ca. 25 %
- Deutschlandradio: etwa 3 %
- Und die Landesmedienanstalten kriegen auch noch einen kleinen Happen, zur Wahrung der Medienvielfalt. Putzig, nicht wahr?
Doch obwohl da Jahr für Jahr Milliardenbeträge zusammenkommen, reichen die Einnahmen angeblich nicht aus, um über den Sommer hinweg ein frisches Programm zu senden. Deshalb jetzt: Klage.
ARD und ZDF haben sich am 19. November 2024 an das Bundesverfassungsgericht gewandt. Warum? Weil die Länder sich geweigert haben, dem Vorschlag der KEF (Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten) zu folgen und den Beitrag auf 18,94 € monatlich anzuheben. Nun liegt der Ball beim höchsten Gericht. Ein Urteil? Noch offen.
Das Bundesverfassungsgericht hat in der Vergangenheit klar gesagt: Von den KEF-Empfehlungen darf nur in gut begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden. Ob das „Nein“ der Länder diesen Maßstab erfüllt, wird geprüft. Und wenn nicht? Dann könnten die Länder bald in Karlsruhe Nachhilfe im Verfassungsrecht erhalten.
Und dann?
Mehr Geld – mehr Wiederholungen? Oder doch endlich ein Programm, das seinem Auftrag gerecht wird?
Denn die entscheidende Frage ist nicht, ob 18,36 € oder 18,94 €. Die Frage ist: Was bekommen wir dafür?
Bei rund 45 Millionen beitragspflichtigen Haushalten ergibt sich:
- Mehr-Einnahmen pro Jahr insgesamt: 45 Mio. × 6,96 € = rund 313 Millionen Euro zusätzlich
- Gesamteinnahmen pro Jahr dann: ca. 8,8 Milliarden Euro (statt 8,5 Mrd.)
Wenn man heute schon mit prallen Kassen nicht in der Lage ist, den Sommer ohne Archivware zu überstehen – was kommt dann in der Zukunft?
Nachrichten aus der Retorte? Wetterberichte von gestern? Lanz- und Maischberger-Debatten in Dauerschleife?
Ich sehe es schon vor mir: Der Sommer 2025. Im Fernsehen läuft wieder „Der Bergdoktor – Staffel 7“, zum sechsten Mal in Folge. Dazwischen eine aufgewärmte Anne-Will-Runde aus dem Jahr 2019, in der über Flüchtlingspolitik gestritten wird.
Und der Wetterbericht? Naja. „Heute 27 Grad und sonnig“ – ausgestrahlt am 14. August, aufgenommen am 12. Juni. Vorbereitet sind wir. Die Tagesschau von vor 20 Jahren ist immerhin ein historisches Dokument. Oder so.
Wer Ironie sucht, muss nur einschalten.
was spielen die rund 18 €/Mon schon eine Rolle bei Ihren vielen Abos?
wir dürfen nicht vergessen, dass die Sender auch Arbeitgeber sind, und Personal kostenintensiv ist – und das spielt bei Ihrer Argumentation keine Rolle, oder?
@Frau Schremp: Mit diesem Angebot wird der ÖRR nicht überleben. Die wissen das. Ich hoffe, Sie auch.
Solange ich zurückdenken kann, also 5 Jahrzehnte, ist das Sommerpausenthema des ÖRR und die „Gebührenfrage“ gleichzeitig DAS Sommerlochthema schlechthin.
Jedes auch noch so entlegene Argument dazu ist Jahr für Jahr auf dem Debattentisch gewesen und wurde ergebnislos hin- und hergewälzt.
Es ist wohl ein eingeborenes ur-deutsches Aufregerthema, dass es ÖR-Rundfunk überhaupt gibt und dass er finanziert werden muss, aber grundsätzlich viel zu teuer ist angesichts des Mists, den sendet.
Mein Vater hat mir das mal erklärt, als ich noch im Jugendalter war:
Bei den Rundfunkanstalten arbeiten ganz viele Menschen. Und ganz viele von denen haben schulpflichtige Kinder und müssen deswegen in den Sommerferien Urlaub machen. Auch Schauspieler, Regisseure, Moderatoren und Produzenten. Deswegen sind die Redaktionen, die Studios und die Produktionswerkstätten dann unterbesetzt. Da herrscht dann Produktionspause. Die Programme werden also hauptsächlich für die Sendephasen Jahresbeginn bis Ende Frühjahr und Spätsommer bis Weihnachtspause produziert. Tagesaktuelles Programm wird natürlich weiterproduziert.
Andererseits, wenn sich die Kreise durchsetzen würden, die aus der beschriebenen immerwährenden Debatte heraus alle Jahre wieder die Abschaffung des ÖRR fordern (in deren Wirrglaube „Staatsfernsehen“), dann wäre mir auch gut gedient: Ich würde mein TV-Gerät abschaffen können, weil es keinerlei Anlass mehr gäbe, es auch nur noch für 10 Sekunden einzuschalten.
@Boris: Das Private könnten wir aus meiner Sicht ohnehin auch sofort abschalten. Diese „Angebote“ nutzen wir schon seit Jahren nicht mehr. NULL. Da liegts hauptsächlich an den enervierend langen Werbeblöcken.
Du hast das schön einfach erklärt, so dass ich es auch verstanden habe. Die Angestellten des ÖRR müssen auch mal Urlaub machen. Das verstehe sogar ich als Rentner.
Früher ™ haben sich die ÖRR wenigstens um etwas mehr Kreativität bemüht. Da gabs Ted-Umfragen, welche Filme oder Beiträge man im Abendprogramm sehen möchte. Ja, die guten alten Zeiten halt. Aber jetzt wird einem ungefragt Fußball oder irgendwelche blöden Wiederholungen vorgesetzt. Wie wollen die so in Zukunft bestehen und vor allem, die über 8 Mrd. EUR rechtfertigen? Ach, die brauchen das gar nicht zu rechtfertigen, weil sie als Sender des ÖRR nicht dem Zuschauer, sondern den Politikern verpflichtet sind? Na dann… bis nächstes Jahr. Selbe Stelle, selbe Welle.
@Boris: Dein Vater hat es dir gut erklärt. Genauso verhält es sich. Leider!
Wenn ich Wiederholungen gucken möchte, dafür gibt es die Mediatheken.
Reformieren sollten sich die Öffentlich Rechtlichen. Vielleicht weniger Wiederholungen, mehr Dokus und nicht Lanz und co. und Diskussionen mit AFD Mitgliedern. Vielleicht mehr auf Bildung setzen.
Ich gucke eigentlich nur Tagesschau, ZDF Heute und Aktuelle Sportveranstaltungen.
@Babsi: Die sind immerhin ein Pluspunkt. Allerdings ist der technische Standard (Bandbreite) auch nicht immer gewährleistet. So kommt es mir vor, wenn es mal wieder ruckelt. Das erlebt man bei Streaming-Anbietern heute eher selten. Nur nicht bei ARD und ZDF.
Genau, es wird eine Reform nötig, die am Ende dazu führt, dass Kosten gedrückt und die Qualität gesteigert wird. Ich glaube, das sollte möglich sein. Von dieser finanziellen Ausstattung werden andere Medien träumen. 🙂
Überall scheint das lineare TV sich öffentlich-rechtlich zu wiederholen. Gefallen hat mir: »Wer Ironie sucht, muss nur einschalten.« Ein Zitat mit Tiefgang, danke und Gruß, Frank.