Ein hit­zi­ges Streit­ge­spräch zwi­schen Paul Ron­z­hei­mer und Ralf Ste­g­ner ent­facht eine Kom­men­tar­wel­le, die tief bli­cken lässt in den Zustand der poli­ti­schen Debattenkultur.

Das Gespräch: Friedenspolitik im rhetorischen Kugelhagel

Ste­g­ner ver­tei­digt das Papier, das eine neue Ent­span­nungs­po­li­tik ein­for­dert, als huma­nis­ti­sche Alter­na­ti­ve zur „Mili­tär­lo­gik“. Er ver­gleicht die heu­ti­ge Situa­ti­on mit der Kuba-Kri­se, ruft zur Rüs­tungs­kon­trol­le auf und warnt vor einer Spi­ra­le der Eska­la­ti­on. Wird die­ser Gedan­ke in Deutsch­land nur von einer Min­der­heit getra­gen? Die Wäh­ler von BSW und AfD zäh­len bekannt­lich nicht.

Nun, auch aus der SPD selbst kommt deut­li­che Kri­tik am «Mani­fest»: Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter Pis­to­ri­us bezeich­ne­te es in der ZDF‑Talkshow „May­brit Ill­ner“ als „völ­lig befremd­lich“. Die SPD-Spit­ze unter Scholz hat sich mitt­ler­wei­le deut­lich distanziert.

Vor allem, wenn ich die unsäg­li­chen Kom­men­ta­re all die­ser Bes­ser­wis­ser und Schlau­mei­er bei You­Tube lese, den­ke ich nicht zuerst an den Krieg und das Ver­hält­nis zu Russ­land, son­dern über ein Demo­kra­tie­ver­ständ­nis nach, das ich mit mei­nen 71 Jah­ren bis­her nicht kann­te. Jeden­falls nicht in mei­nem Land!

So viel Hass und Ableh­nung einer Min­der­hei­ten­mei­nung und den Per­so­nen gegen­über, die die­se äußern, beweist die schwer­wie­gen­den Pro­ble­me, die höchs­tens noch mit man­gel­haf­ten Demo­kra­tie­ver­ständ­nis, bes­ten­falls Vor­ei­lig­keit eines gro­ßen Teils die­ser Leu­te erklär­bar sind.

Ron­z­hei­mer, sicht­lich auf­ge­bracht, kon­fron­tiert Ste­g­ner in die­ser Dis­kus­si­on mit Fak­ten über rus­si­sche Kriegs­ver­bre­chen, zitiert Selen­skyj, ver­weist auf Putins Unver­han­del­bar­keit. Der Dis­sens bleibt unüberbrückbar.

Kommentarspalte: Vom digitalen Disput zur digitalen Demontage

Unter dem oben ver­link­ten Video tobt ein Sturm. Die über­wäl­ti­gen­de Mehr­heit äußert sich äußerst kri­tisch über Stegner:

  • „Uner­träg­lich die­ser Mensch“
  • „Muss­te abbre­chen. Der Ste­g­ner ist nicht zu ertragen.“
  • „Ich kot­ze innerlich.“

Gleich­zei­tig erfährt Ron­z­hei­mer viel Zuspruch:

  • „Respekt, Paul, für dei­ne Geduld“
  • „Dan­ke, dass du dich so ein­setzt für den demo­kra­ti­schen Diskurs.“

Ron­z­hei­mer setzt sich dem­nach ein für den demo­kra­ti­schen Dis­kurs? Ste­g­ner also nicht (?), obwohl er doch die Stim­mung bzw. die emo­tio­na­le Auf­ge­la­den­heit nicht nur bei die­sem The­ma kennt.

Analyse: Was die Kommentarflut erzählt

Die Kom­men­tar­spal­te lässt kaum Raum für Zwi­schen­tö­ne. Vie­le Stim­men schla­gen in die­sel­be Rich­tung, oft in schar­fer Ton­la­ge, sel­ten mit Selbst­re­fle­xi­on. Ralf Ste­g­ner wird dort rasch zum Sym­bol einer als geschei­tert emp­fun­de­nen Russ­land­po­li­tik der SPD. Diplo­ma­tie erscheint in die­sem Umfeld nicht als Tugend, son­dern als Zei­chen der Schwä­che – wäh­rend Auf­rüs­tung viel­fach als alter­na­tiv­los gilt.

Das Gespräch selbst war unbe­quem, ja – aber not­wen­dig. Gera­de, weil es Rei­bung erzeugt. Es zeig­te, wie kom­plex die Suche nach Aus­we­gen aus einem schwe­len­den Krieg ist. Umso erstaun­li­cher ist, wie gering die Bereit­schaft vie­ler Rezipient*innen bleibt, sich auf die­sen Dis­kurs ein­zu­las­sen. Die Debat­te war ein wich­ti­ger Impuls – die Reak­tio­nen dar­auf lei­der oft ein Abge­sang auf die Fähig­keit zum Zuhören.

Doch viel­leicht ist genau das der Grund, war­um wir mehr sol­cher Gesprä­che brau­chen: Nicht, um ein­an­der zu über­zeu­gen, son­dern um dem demo­kra­ti­schen Streit einen wür­di­gen Ort zu geben – jen­seits der Lautstärke.

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Kategorie: Politik

Schlagworte: PaulRonzheimer RalfStegner

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