Veröffentlicht am:  

nimmt Ihnen ∼ 5 Min. Lesezeit

0

32

Homeoffice ist eine tolle Sache

Ich habe hier bestimmt schon davon erzählt, dass meine „letzte“ Arbeitsstelle ca. 150 km von meinem Heimat- / Wohnort entfernt lag. Damals stellte sich die Frage, ob ich die letzten ca. 10 Jahre meines Arbeitslebens dorthin ziehen sollte. Meine Frau und ich haben uns dafür entschieden, unserer Heimat treu zu bleiben.

Es gab schon in den 1980er Jahren einmal ein Angebot, das wir ausgeschlagen haben. Ich sollte für unsere kleine Unternehmensgruppe nach Berlin gehen an den Hauptsitz. Es gab ein interessantes, vor allem ein gut dotiertes Angebot, das wir ebenfalls ablehnten. Meine Frau und ich sind für solche Wagnisse wohl nicht gemacht. „Bleib im Lande und ernähre dich redlich“ oder so ähnlich. Wir haben unsere Entscheidungen nie bereut!

Wandern als Teambuilding
An manche Erlebnisse erinnere ich mich immer wieder gern, an andereweniger. Wenn mich beim Laufen meine Füße plagen, kommt mir ein Tag in den Sinn, den ich aus heutiger Sicht anders gestalten würde.
Quelle

Man gewöhnt sich an alles, am besten an die guten Dinge.

Die letzten Arbeitsjahre empfand ich als besonders hart. In den ersten Jahren übernachtete ich die Woche über in einem Hotel. Es ergaben sich „Abwesenheitszeiten von zu Hause“, die meine Frau und ich vorher nicht gekannt haben. Es war ein gravierender Einschnitt und alles in allem eine negative Erfahrung. Ich denke viele, die abends nach Hause zu ihrer Familie kommen, wissen diesen Komfort nicht immer zu schätzen. Für mich war es lange Jahre die pure Selbstverständlichkeit, für die ich nicht so dankbar gewesen bin, wie ich es hätte sein sollen.

Zum Glück hatte ich später einen Chef, der es mir – außergewöhnlich für das Unternehmen – erlaubt hat, mindestens einen Tag in der Woche zu Hause zu arbeiten. Wenn keine besonderen Anlässe existierten, blieb ich montags zu Hause und bin erst dienstags in die Firma gefahren. Freitags fuhr ich regelmäßig bereits in der Mittagszeit nach Hause und arbeitete nachmittags zu Hause weiter. Das Privileg hatten anderen Kolleginnen und Kollegen nicht, weil ihre Vorgesetzten nicht akzeptierten, dass sie zu Hause arbeiteten.

Misstrauen

Dahinter steckte neben sicher auch fachlichen oder praktischen Gründen vor allem ein Misstrauen. Die MitarbeiterInnen konnten zu Hause nicht kontrolliert werden. War so sicherzustellen, dass die Gesamtleistung der Abteilung darunter leidet, nur weil einige von zu Hause ausarbeiteten?

Ich denke, dass das flexible Arbeiten für die MitarbeiterInnen große Vorteile hat, weil es in der vertrauten häuslichen Umgebung stattfindet und zwischendurch Dinge erledigt werden können, die im normalen Betrieb im Unternehmen nicht möglich wären. Ich glaube, dass die MitarbeiterInnen, die diese Form der Arbeit eine Weile kennengelernt haben, diese zu schätzen wissen und die damit verbundenen „Freiheiten“ nicht ausnutzen oder gar missbrauchen würden. Wie ich schon schrieb, ich empfand diese zusätzliche Anwesenheit zu Hause als echtes Privileg und durchaus auch als Vertrauensbeweis.

Ich habe an den Homeoffice-Tagen sehr häufig länger als die normalen acht Arbeitsstunden am Schreibtisch gesessen und konzentriert gearbeitet. Die Ruhe, die Möglichkeit, sich ungestört auf eine bestimmte Aufgabe zu konzentrieren, lässt die Zeit vergessen.

Ein Gesetz zum Homeoffice könnte auch Arbeitnehmer/innen bevormunden

Wenn sich die Politik darüber streitet, ob für diese „moderne“ Art des Arbeitens eigens ein Gesetz eingeführt werden soll, scheint mir das einerseits übertrieben. Andererseits habe ich selbst erlebt, wie unterschiedlich Homeoffice auch in modernen mittelständischen Unternehmen gesehen wird. Dennoch sollte die Entscheidung den Unternehmen überlassen werden, ob sie ihren Mitarbeitern diese Möglichkeit einräumen.

Durch die Arbeit zu Hause kann Stress* vermieden werden, von der so möglichen Reduzierung des Individualverkehrs einmal gar nicht zu reden.
Ich frage mich, ob ein solches Gesetz nach einer gewissen Zeit nicht dazu führen könnte, dass Unternehmer einen Teil ihrer MitarbeiterInnen aus dem Betrieb „auslagern“, weil sich dies als kostendämpfende Maßnahme entdeckt wird? Büroeinrichtung, Energiekosten könnten eingespart werden.

Zunahme psychischer Erkrankungen bei Arbeitnehmern

Es kommt nicht zuletzt sehr darauf an, wie der/die einzelne ArbeitnehmerIn Homeoffice organisieren könnte. Bestimmt wäre es nicht wünschenswert, wenn MitarbeiterInnen, die sich aus unterschiedlichsten Gründen gar kein Homeoffice wünschten, vom Unternehmen hierzu „gezwungen“ werden könnten. Ich kann auch nicht einschätzen, für wie viele Leute der tägliche persönliche Kontakt mit Kolleginnen und Kollegen von großer Bedeutung sind. Soziale Kontakte gehen verloren, wenn die Menschen in hoher Zahl vereinzelt zu Hause arbeiten. Die positiven Erträge auch der normalen Kommunikation unter den Menschen, von dem auch das Unternehmen profitieren dürfte, geht vielleicht verloren.

Wenn laut DIW 40% der Beschäftigten zu Hause arbeiten könnten, heißt das ja nicht, dass diese Menschen es sich wünschen, zu Hause zu arbeiten. Deshalb plädiere ich, trotz meiner positiven Erfahrungen mit dem Homeoffice, für individuelle Abstimmungen zwischen Unternehmen und ArbeitnehmerInnen und nicht für ein neues Gesetz.

Gefällt Ihnen der Artikel? Dann teilen Sie ihn mit Ihren Freunden.

Schreibe einen Kommentar


Hier im Blog werden bei Abgabe von Kommentaren keine IP-Adressen gespeichert! Deine E-Mail-Adresse wird auf keinen Fall veröffentlicht.

Meine Kommentar-Politik: Ich mag Kommentare, und ich schätze die Zeit, die du zu dem Zweck investierst, Ideen auszutauschen und Feedback zu geben. Nur Kommentare, die als Spam oder eindeutig Werbezwecken dienen, werden gelöscht.



Your Mastodon Instance
Share to...