Mit dieser Frage ziele ich nicht speziell auf die Weiterentwicklung und den stark zunehmenden Einsatz technischer Mittel (KI) in der Fotografie. Es beginnt schon damit, dass Motivwahl und Konzeption eines Fotos heute eine untergeordnete Rolle spielen könnten.
Ich betrachte gern Fotos von anderen. Mich stört das schier unmäßige Angebot nicht, wenn ich bei Insta, Threads, Flickr und anderen Netzwerken überwiegend auf niedliche Tierfotos stoße oder auf Landschaftsaufnahmen stoße. Das gefällt mir besser als die fotografische Selbstdarstellung so mancher Influencer.
“Das fotografische Sehen ist eine Fähigkeit, die tiefer verwurzelt ist, die Offenheit und Achtsamkeit erfordert, um ohne Bedingung und ohne Agenda das “hier und jetzt” zu erfassen”.
Gerhard Rossbach
Wäre das mein Anspruch an die Fotografie? Ich würde gern Ja sagen. Nur – soweit werde ich wohl nie kommen. Und es wäre generell zu viel verlangt von den Menschen, für die Fotografie nicht die Bedeutung hat, die solchen Intentionen folgen. Für viele sind und bleiben Fotos Schnappschüsse ihres Lebens. Das ist voll in Ordnung.
Wenn ich mit meiner Kamera unterwegs bin, stört mich das Gewicht (je nach Objektiv) nicht. Andere sagen, man könne doch heutzutage auch wunderbare Fotos mit dem Smartphone machen und weshalb ich mir die Schlepperei antun würde. Natürlich ist beides richtig. Die digitale Fotografie mit dem Smartphone gewinnt immer mehr Zustimmung. Es gibt massenhaft Beispiele dafür, wie toll sich mit diesen Geräten fotografieren lässt.
Trotzdem habe ich mich auf Kamera und Wechselobjektiv versteift. Das war bereits vor dem “Absetztrend” hin zur Fotografie mit Smartphones der Fall. Eine allgemeine Gegenbewegung hat allerdings schon eingesetzt.
Ich beobachte an mir, dass der Raum, den die Bildbearbeitung bei meinem Hobby einnimmt, stark zugenommen hat. Alle Fotos, die mir bei der Sichtung würdig erscheinen, bearbeite ich mit Adobe “Lightroom”. Die Zeiten, in denen ich diverse Presets wild ausprobiert habe, sind Vergangenheit. Die Schalter meiner Wahl, die ich heute noch benutze, lassen sich i.d.R. an einer Hand abzählen.
Zu Beginn des KI-Hypes habe ich voller Begeisterung und mit viel Elan, die Angebote genutzt und meine Experimente durchgeführt. Anhand sehr weniger Beispiele habe ich (eigentlich nur im Blog, den ich inzwischen gelöscht habe) Fotos gezeigt, die ich mit KI bearbeitet hatte. Gepostet (Insta oder Flickr) habe ich sie gar nicht, weil ich mich bei dem Gedanken unwohl fühlte, dass sich der generelle Vorwurf etablieren könnte, meine Fotos seien “Fake”. Dabei hat es mit manchmal durchaus in den Fingern gejuckt.
In einem Fall hatte ich aus einem Wald heraus ein Feld fotografiert und mittels KI eine Windmühle auf einen Hügel platziert. Das sah wirklich interessant aus. Aber gesehen hat dieses Foto niemand. Doch, meine Frau, meine Schwester und meine Nichte. Sie haben Zugang zu meiner Cloud.
Sehe ich heute die Timelines durch, fallen mir immer häufiger Fotos auf, die ich als KI-bearbeitet einstufe. Wie zuvor erwähnt: Mein Eindruck ist, dass die Zahl der so bearbeiteten (gefakten?) Fotos stark zugenommen hat.
Ich denke viel darüber nach, was die erst beginnende KI-Zeit (im Massengebrauch) uns Menschen bringen wird. Zunächst bin ich voll bei denen, die voller Begeisterung die neuen Möglichkeiten aufgenommen und ihre eigenen Experimente durchgeführt haben. Dann jedoch bin ich gleich bei dem, was mit Sora den nächsten “evolutionären Schritt” bringt. Jeder kann ein Script erstellen, nachdem die Sora-KI ein (bisher noch) 60-sekündiges Video herstellt. Sicher haben Sie die beeindruckenden und gleichzeitig sehr nachdenklich machenden Beispiele im Netz gesehen.
Ja, man kann Kreativität imitieren. Und sei es nur, in dem man schlussendlich Fotos oder Kurzfilme als sein Werk ausgibt. Das erzeugt nicht nur Freude, denkt man etwas intensiver darüber nach. KI könnte, neben ganz vielen anderen unerwünschten Nebenwirkungen, die Kreativität nicht, wie vielleicht mancher annimmt, fördern und entwickeln, sie könnte uns durch die niedrigschwelligen Nutzungsangebote ausgetrieben werden.
Über die Wirkungen, die KI im politischen (allgemeinen) Kontext entfalten könnte, mag ich nicht einmal nachdenken. Entspringen meine Gedanken dem typischen Verhalten eines deutschen Bedenkenträgers der Boomer-Generation? Wahrscheinlich ist es so, dass ganz viele Leute sich über diese Entwicklung Gedanken machen. Das ist immerhin etwas, das dazu beitragen könnte, dass wir uns nicht nur auf staatlicherseits herbeigeführte Reglementierungen (EU-Ebene) verlassen müssen.