Reue zeigen aber Alter und Herkunft verschweigen

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Wie passt es eigentlich zusammen, dass Mias Mörder in der Gerichtsverhandlung zwar angeblich Reue gezeigt hat, sein Alter und seine Herkunft jedoch nicht verraten wollte?

Das Alter hätte vermutlich wohl gravierende Wirkung auf das Strafmaß gehabt. Es wäre ggf. nicht mehr das Jugendrecht zur Anwendung gekommen.

Die Staatsanwaltschaft in Landau Revision hat gegen das Urteil eingelegt. Der mutmaßliche Afghane wird, falls die Revision erfolgreich ist, statt 8 1/2 10 Jahre ins Gefängnis gehen. Danach droht die sofortige Abschiebung. Die Prüfungen dazu laufen dem Vernehmen nach.

Urteilsschelte ist unerwünscht. Man würde sich nur mit den Rechten gemein machen, so ein Grund.

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Ist es nicht ein beredtes Beispiel für die Art von Urteilen, über die wir seit Langem ständig streiten? Ob man nun der populistischen Urteilsschelte zustimmen mag oder nicht, zufrieden stellen solche Gerichtsentscheidungen viele Leute nicht. Es geht bei der lauter werdende Kritik nicht um Urteile gegen straffällig gewordene Geflüchtete. 

Die Intention des Jugendstrafrechts ist mir schon bekannt. Es dominiert der erzieherische Aspekt. Aber hätte der Täter von Kandel, der brutal und rücksichtslos gemordet hat und der im Prozess nicht bereit war, sich zu privaten Fragen (Alter, Herkunft) zu äußern, nicht anders angefasst werden müssen?

Ich hoffe, das Gericht hat alles versucht, die Grundlagen für den Prozess zu klären. Mir bleibt ein schlechtes Gefühl. War das gerecht und der Tat wirklich angemessen? Das treibt viele Leute um. Ob das alles Rechte sind?

Horst Schulte

Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

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4 Gedanken zu „Reue zeigen aber Alter und Herkunft verschweigen“

  1. Hi Horst,
    um mal Vergleiche zu haben, hab ich gerade nach ähnlichen Straftaten gesucht – hierzulande als „Familiendrama“ bezeichnet.
    Da ist z.B. das

    1)
    Urteil im Laubenheimer Familiendrama
    https://merkurist.de/mainz/prozess-urteil-im-laubenheimer-familiendrama_9X
    „Nach drei Verhandlungstagen hat das Schwurgericht einen Laubenheimer Familienvater zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Der 51-Jährige, der seine Ehefrau mit zehn Messerstichen in den Oberkörper und acht weiteren Stichen getötet haben soll, gestand die Tat bereits am ersten Verhandlungstag.“
    -> psychologischer Sachverständige bescheinigte dem Familienvater eine affektbedingte Störung der Bewusstseinskontrolle

    2)
    Oder hier:
    http://www.kn-online.de/Nachrichten/Schleswig-Holstein/Prozess-um-Familiendrama-Freispruch-Durch-Drogen-schuldunfaehig
    „Im Drogenrausch ersticht ein 30-Jähriger seine Mutter, verletzt seine Oma schwer. Doch statt ins Gefängnis wie von der Staatsanwaltschaft gefordert schickt das Gericht ihn in eine Entzugsklinik. “
    Anmerkung: die Drogen waren 1 Joint und 1 Fiebermedikament – Gutachten führten zur Anerkennung als „schuldunfähig“.

    3)
    Urteil im Prozess um Familiendrama in Niederwürschnitz
    https://www.radiolausitz.de/beitrag/urteil-im-prozess-um-familiendrama-in-niederwuerschnitz-405709/
    „Weil er seine Lebens­ge­fährtin mit einem Messer getötet hat, muss ein 41-jähriger aus Nieder­wür­schnitz für neun Jahre hinter Gitter. Das Chemnitzer Landge­richt verur­teilte den Mann am Dienstag wegen Totschlags. Er hatte der sieben Jahre jüngeren Frau Anfang Februar unter anderem drei Mal in die Brust gesto­chen, weil sie sich von ihm trennen wollte.“

    4)
    Urteil nach Familiendrama / Täter schnitt 81-Jähriger Schwiegermutter die Kehle durch
    https://www.radiohochstift.de/nachrichten/paderborn-hoexter/detailansicht/urteil-nach-familiendrama.html
    Im Prozess um das tödliche Familiendrama in Paderborn-Sande muss der Täter für acht Jahre ins Gefängnis. Das Paderborner Landgericht verurteilte den 58-Jährigen am Nachmittag wegen Totschlags.
    Die Richter berücksichtigten beim Verurteilten eine verminderte Schuldfähigkeit – zur Tatzeit habe er eine depressive Phase und damit verbunden eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung gehabt.

    5)
    Vater muss nach Mord an Kindern in Psychiatrie
    https://www.stern.de/panorama/stern-crime/urteil-nach-familiendrama-in-niedersachsen-vater-muss-nach-mord-an-kindern-in-psychiatrie-3572454.html
    „Andreas S. hatte am Nachmittag des 14. Juni von seiner Ehefrau Tanja, die sich im Urlaub in Dänemark befand, telefonisch erfahren, dass sie sich endgültig von ihm scheiden lassen wolle. Wenige Stunden später tötete er mit einem Teppichmesser die drei Söhne Lio, Lean und Noah im Schlaf und danach die zwölfjährige Pia, die wach geworden war und sich wehrte. “
    15 Jahre, jedoch in der Psychatrie: Gutachter bescheinigen Depression mit Alkohol und Persönlichkeitsstörung.

    6)
    Hier nun ein Inder als Verurteilter:
    https://www.sr.de/sr/home/nachrichten/urteil_messerstecherei_dudweiler100.html
    Der 38-jährige Inder, der im Sommer seine Lebensgefährtin in Dudweiler erstochen hat, ist wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt worden.
    „..Er soll die Tat zuvor mehrfach angekündigt haben.“ – und ist doch nicht als Mörder, sondern als Totschläger verurteilt worden.

    Was sagt das jetzt in Bezug auf das Urteil gegen den Täter von Kandel?
    Mir sagt es, dass die Strafe nicht unüblich niedrig ist, Jugendstrafrecht hin oder her. Die o.g. Täter waren durchweg im vorgerückten Alter und wurden teilweise niedriger bestraft-

    Auch denke ich, dass der Mann – genau wie ähnliche in den Beispielen – hätte wegen Totschlags verurteilt werden können, nicht wegen Mord.
    Und wer weiß, ob in diesem Fall genaus engagierte Gutachter zu gange waren – es fällt doch sehr auf, dass den Tätern vielfach verschiedene Formen der Bewusstseinsstörung bescheinigt wurden – aber Kantel soll gänzlich klar im Kopf gewesen sein, als er seine Ex erstach?

    Ja, es ist eine schreckliche Tat. Aber mit kommt es doch so vor, alls sei das allgemeine „Racheverlangen“ hier doch deutlich größer als bei „ganz normalen Familiendramen“.

  2. Hi Horst,
    danke für die umfangreiche Antwort!

    Über eine womöglich „kritische“ Reaktion meinerseits musst du dir keine Gedanken machen: es ist doch völlig normal, dass man nicht ständig einer Meinung ist, Dinge im Lauf der Zeit anders bewertet und und und. So lange man darüber debattieren kann – und das kann man gerade mit Dir ja sehr gut! – ist doch alles ok. Die Pest unserer Tage ist ja, dass mehr und mehr die Debatte verweigert und nurmehr in „Freund“ und „Feind“ gedacht wird und viele nur noch Bestätigung in der eigenen Blase suchen.

    Ich hab nochmal geschaut: zumindest in den Fällen 1 und 6 hat auch hier der Täter die Tat vorher mehrfach angekündigt. Da die Urteilsbegründung gegen Kantel wg. Jugendstrafrecht unter Verschluss bleibt, sind hier der Analyse aber leider Grenzen gesetzt. Ich wette aber mal, die Richter sind der Überzeugung, dass sie „die Gesetze strikt angewendet“ haben – eben auch unabhängig von der politischen Stimmung.

    Dass man den Täter als Mörder verurteilt hat, kommt m.E. den von Dir intendierten schärferen Urteilen bereits entgegen – jedenfalls scheint sich für mich die Tat an sich nicht grundsätzlich von einigen oben erwähnten zu unterscheiden.

    „Seit Silvester in Köln ist klar, dass unser Staat ein Problem damit hat, sein Gewaltmonopol zu behaupten. Es ist nicht möglich, BürgerInnen vor jeder Form von Gewalttätigkeit zu schützen. Solche Fälle werden immer passieren. Aber dass Richter sich von gesellschaftlichen Entwicklungen so völlig unbeeindruckt zeigen und grausamste Taten mit lascher Hand aburteilen, darf es nicht sein. “

    Wie du selbst sagst: noch nie konnte der Staat alle Bürger jederzeit vor Gewalt schützen. Über den „Verlust des Gewaltmonopols“ spricht man doch eigentlich erst dann, wenn irgendwelche Gruppen damit beginnen, „das Recht in die eigenen Hände zu nehmen“ – Bürgerwehren, Lynchmobs etc.

    Da ich mal Jura studiert habe, muss ich auch einwenden: In einem Laden die Ex-Freundin zu erstechen ist brutal, aber keine „grausamste Tat“. Siehe zu „grausam“ (=Mordmerkmal) die Erläuterungen hier:
    https://strafrecht-online.org/problemfelder/bt/211/auslegung-grausam/
    „Unstrittig ist, dass eine brutale Tatausführung allein nicht genügt (Rengier Strafrecht BT II, 17. Aufl. 2016, § 4 Rn. 44). Auch die Verursachung von Schmerzen, die mit der Tötung typisch verbunden sind, kann eine Strafbarkeit gemäß § 211 nicht begründen. “
    (Ich nehme an, in dem Fall haben die Richter das Mordmerkmal „aus niedrigen Beweggründen“ genutzt.)

    Das mit der schwierigen Ausweisung von Straftätern aufgrund internationaler Regelungen halte ich auch für problematisch. Dass man nicht dorthin ausweist, wo dem Täter, der seine Strafe ja abgesessen hat, Tod oder Folter droht, ist für mich ok. Aber die anderen Fälle…?

    Ich habe mal geschaut:

    -> Als anerkannter Asylbewerber kann jemand nur abgewiesen werden, wenn Gefahr für die öffentl. Sicherheit vorliegt (deshalb „Gefährder“).
    -> Ein Asylbewerber kann nur abgeschoben werden, wenn der Antrag letztentlich abschlägig beschieden wird und keine andere Schutzvorschrift greift. Aber auch, wenn er -wie oben- die öffentl. Sicherheit gefährdet.
    https://www.anwalt.org/asylrecht-migrationsrecht/abschiebung/

    Ausländer, die nicht wegen Asyl im Land sind, können bei Straftaten ausgewiesen werden: http://www.rechtsanwalt-ausländerrecht.de/ausweisung/

    Übrigens sind neue internationale Regelungen für Migration und Flucht in Arbeit bzw. schon vereinbart. Siehe dazu

    UN-Staaten einigen sich auf Migrationspakt
    https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-07/vereinte-nationen-globaler-migrationspakt-usa

    und zum Flüchtlingspakt:
    https://www.sueddeutsche.de/politik/un-wenn-fluechtlingskrisen-zur-normalitaet-werden-1.3931561

    zu beidem gibt es eine kleine Anfrage der Grünen
    https://www.bundestag.de/presse/hib/2018_06/-/558918
    ob die schon beantwortet ist, weiß ich nicht.

    Es wird also alles nicht einfacher – immerhin wollen diese „Pakte“ die Situation der Aufnahmeländer verbessern.

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