Reue zeigen aber Alter und Herkunft verschweigen

HS230625

Horst Schulte

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Wie passt es eigent­lich zusam­men, dass Mias Mör­der in der Gerichts­ver­hand­lung zwar angeb­lich Reue gezeigt hat, sein Alter und sei­ne Her­kunft jedoch nicht ver­ra­ten wollte? 

Das Alter hät­te ver­mut­lich wohl gra­vie­ren­de Wir­kung auf das Straf­maß gehabt. Es wäre ggf. nicht mehr das Jugend­recht zur Anwen­dung gekommen.

Die Staats­an­walt­schaft in Land­au Revi­si­on hat gegen das Urteil ein­ge­legt. Der mut­maß­li­che Afgha­ne wird, falls die Revi­si­on erfolg­reich ist, statt 8 1/​2 10 Jah­re ins Gefäng­nis gehen. Danach droht die sofor­ti­ge Abschie­bung. Die Prü­fun­gen dazu lau­fen dem Ver­neh­men nach.

Urteils­schel­te ist uner­wünscht. Man wür­de sich nur mit den Rech­ten gemein machen, so ein Grund. 

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Ist es nicht ein bered­tes Bei­spiel für die Art von Urtei­len, über die wir seit Lan­gem stän­dig strei­ten? Ob man nun der popu­lis­ti­schen Urteils­schel­te zustim­men mag oder nicht, zufrie­den stel­len sol­che Gerichts­ent­schei­dun­gen vie­le Leu­te nicht. Es geht bei der lau­ter wer­den­de Kri­tik nicht um Urtei­le gegen straf­fäl­lig gewor­de­ne Geflüchtete. 

Die Inten­ti­on des Jugend­straf­rechts ist mir schon bekannt. Es domi­niert der erzie­he­ri­sche Aspekt. Aber hät­te der Täter von Kan­del, der bru­tal und rück­sichts­los gemor­det hat und der im Pro­zess nicht bereit war, sich zu pri­va­ten Fra­gen (Alter, Her­kunft) zu äußern, nicht anders ange­fasst wer­den müssen? 

Ich hof­fe, das Gericht hat alles ver­sucht, die Grund­la­gen für den Pro­zess zu klä­ren. Mir bleibt ein schlech­tes Gefühl. War das gerecht und der Tat wirk­lich ange­mes­sen? Das treibt vie­le Leu­te um. Ob das alles Rech­te sind?

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

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4 Gedanken zu „Reue zeigen aber Alter und Herkunft verschweigen“

  1. Hi Horst,
    um mal Ver­glei­che zu haben, hab ich gera­de nach ähn­li­chen Straf­ta­ten gesucht – hier­zu­lan­de als „Fami­li­en­dra­ma“ bezeichnet.
    Da ist z.B. das

    1)
    Urteil im Lau­ben­hei­mer Familiendrama
    https://​mer​ku​rist​.de/​m​a​i​n​z​/​p​r​o​z​e​s​s​-​u​r​t​e​i​l​-​i​m​-​l​a​u​b​e​n​h​e​i​m​e​r​-​f​a​m​i​l​i​e​n​d​r​a​m​a​_9X
    „Nach drei Ver­hand­lungs­ta­gen hat das Schwur­ge­richt einen Lau­ben­hei­mer Fami­li­en­va­ter zu einer Frei­heits­stra­fe von sie­ben Jah­ren ver­ur­teilt. Der 51-Jäh­ri­ge, der sei­ne Ehe­frau mit zehn Mes­ser­sti­chen in den Ober­kör­per und acht wei­te­ren Sti­chen getö­tet haben soll, gestand die Tat bereits am ers­ten Verhandlungstag.“
    -> psy­cho­lo­gi­scher Sach­ver­stän­di­ge beschei­nig­te dem Fami­li­en­va­ter eine affekt­be­ding­te Stö­rung der Bewusstseinskontrolle

    2)
    Oder hier:
    http://​www​.kn​-online​.de/​N​a​c​h​r​i​c​h​t​e​n​/​S​c​h​l​e​s​w​i​g​-​H​o​l​s​t​e​i​n​/​P​r​o​z​e​s​s​-​u​m​-​F​a​m​i​l​i​e​n​d​r​a​m​a​-​F​r​e​i​s​p​r​u​c​h​-​D​u​r​c​h​-​D​r​o​g​e​n​-​s​c​h​u​l​d​u​n​f​a​e​hig
    „Im Dro­gen­rausch ersticht ein 30-Jäh­ri­ger sei­ne Mut­ter, ver­letzt sei­ne Oma schwer. Doch statt ins Gefäng­nis wie von der Staats­an­walt­schaft gefor­dert schickt das Gericht ihn in eine Entzugsklinik. “
    Anmer­kung: die Dro­gen waren 1 Joint und 1 Fie­ber­me­di­ka­ment – Gut­ach­ten führ­ten zur Aner­ken­nung als „schuld­un­fä­hig“.

    3)
    Urteil im Pro­zess um Fami­li­en­dra­ma in Niederwürschnitz
    https://​www​.radio​lau​sitz​.de/​b​e​i​t​r​a​g​/​u​r​t​e​i​l​-​i​m​-​p​r​o​z​e​s​s​-​u​m​-​f​a​m​i​l​i​e​n​d​r​a​m​a​-​i​n​-​n​i​e​d​e​r​w​u​e​r​s​c​h​n​i​t​z​-​4​0​5​7​09/
    „Weil er sei­ne Lebens­ge­fährtin mit einem Mes­ser getö­tet hat, muss ein 41-jäh­ri­ger aus Nieder­wür­schnitz für neun Jah­re hin­ter Git­ter. Das Chem­nit­zer Landge­richt verur­teilte den Mann am Diens­tag wegen Tot­schlags. Er hat­te der sie­ben Jah­re jün­ge­ren Frau Anfang Febru­ar unter ande­rem drei Mal in die Brust gesto­chen, weil sie sich von ihm tren­nen wollte.“

    4)
    Urteil nach Fami­li­en­dra­ma /​Täter schnitt 81-Jäh­ri­ger Schwie­ger­mut­ter die Keh­le durch
    https://​www​.radio​hoch​stift​.de/​n​a​c​h​r​i​c​h​t​e​n​/​p​a​d​e​r​b​o​r​n​-​h​o​e​x​t​e​r​/​d​e​t​a​i​l​a​n​s​i​c​h​t​/​u​r​t​e​i​l​-​n​a​c​h​-​f​a​m​i​l​i​e​n​d​r​a​m​a​.​h​tml
    Im Pro­zess um das töd­li­che Fami­li­en­dra­ma in Pader­born-San­de muss der Täter für acht Jah­re ins Gefäng­nis. Das Pader­bor­ner Land­ge­richt ver­ur­teil­te den 58-Jäh­ri­gen am Nach­mit­tag wegen Totschlags.
    Die Rich­ter berück­sich­tig­ten beim Ver­ur­teil­ten eine ver­min­der­te Schuld­fä­hig­keit – zur Tat­zeit habe er eine depres­si­ve Pha­se und damit ver­bun­den eine tief­grei­fen­de Bewusst­seins­stö­rung gehabt. 

    5)
    Vater muss nach Mord an Kin­dern in Psychiatrie
    https://​www​.stern​.de/​p​a​n​o​r​a​m​a​/​s​t​e​r​n​-​c​r​i​m​e​/​u​r​t​e​i​l​-​n​a​c​h​-​f​a​m​i​l​i​e​n​d​r​a​m​a​-​i​n​-​n​i​e​d​e​r​s​a​c​h​s​e​n​-​v​a​t​e​r​-​m​u​s​s​-​n​a​c​h​-​m​o​r​d​-​a​n​-​k​i​n​d​e​r​n​-​i​n​-​p​s​y​c​h​i​a​t​r​i​e​-​3​5​7​2​4​5​4​.​h​tml
    „Andre­as S. hat­te am Nach­mit­tag des 14. Juni von sei­ner Ehe­frau Tan­ja, die sich im Urlaub in Däne­mark befand, tele­fo­nisch erfah­ren, dass sie sich end­gül­tig von ihm schei­den las­sen wol­le. Weni­ge Stun­den spä­ter töte­te er mit einem Tep­pich­mes­ser die drei Söh­ne Lio, Lean und Noah im Schlaf und danach die zwölf­jäh­ri­ge Pia, die wach gewor­den war und sich wehrte. “
    15 Jah­re, jedoch in der Psy­cha­trie: Gut­ach­ter beschei­ni­gen Depres­si­on mit Alko­hol und Persönlichkeitsstörung.

    6)
    Hier nun ein Inder als Verurteilter:
    https://​www​.sr​.de/​s​r​/​h​o​m​e​/​n​a​c​h​r​i​c​h​t​e​n​/​u​r​t​e​i​l​_​m​e​s​s​e​r​s​t​e​c​h​e​r​e​i​_​d​u​d​w​e​i​l​e​r​1​0​0​.​h​tml
    Der 38-jäh­ri­ge Inder, der im Som­mer sei­ne Lebens­ge­fähr­tin in Dud­wei­ler ersto­chen hat, ist wegen Tot­schlags zu einer Frei­heits­stra­fe von elf Jah­ren ver­ur­teilt worden.
    „..Er soll die Tat zuvor mehr­fach ange­kün­digt haben.“ – und ist doch nicht als Mör­der, son­dern als Tot­schlä­ger ver­ur­teilt worden.

    Was sagt das jetzt in Bezug auf das Urteil gegen den Täter von Kandel?
    Mir sagt es, dass die Stra­fe nicht unüb­lich nied­rig ist, Jugend­straf­recht hin oder her. Die o.g. Täter waren durch­weg im vor­ge­rück­ten Alter und wur­den teil­wei­se nied­ri­ger bestraft-

    Auch den­ke ich, dass der Mann – genau wie ähn­li­che in den Bei­spie­len – hät­te wegen Tot­schlags ver­ur­teilt wer­den kön­nen, nicht wegen Mord.
    Und wer weiß, ob in die­sem Fall gen­aus enga­gier­te Gut­ach­ter zu gan­ge waren – es fällt doch sehr auf, dass den Tätern viel­fach ver­schie­de­ne For­men der Bewusst­seins­stö­rung beschei­nigt wur­den – aber Kan­tel soll gänz­lich klar im Kopf gewe­sen sein, als er sei­ne Ex erstach?

    Ja, es ist eine schreck­li­che Tat. Aber mit kommt es doch so vor, alls sei das all­ge­mei­ne „Rache­ver­lan­gen“ hier doch deut­lich grö­ßer als bei „ganz nor­ma­len Familiendramen“.

  2. ClaudiaBerlin 131 7. September 2018 um 09:11

    Hi Horst,
    dan­ke für die umfang­rei­che Antwort! 

    Über eine womög­lich „kri­ti­sche“ Reak­ti­on mei­ner­seits musst du dir kei­ne Gedan­ken machen: es ist doch völ­lig nor­mal, dass man nicht stän­dig einer Mei­nung ist, Din­ge im Lauf der Zeit anders bewer­tet und und und. So lan­ge man dar­über debat­tie­ren kann – und das kann man gera­de mit Dir ja sehr gut! – ist doch alles ok. Die Pest unse­rer Tage ist ja, dass mehr und mehr die Debat­te ver­wei­gert und nur­mehr in „Freund“ und „Feind“ gedacht wird und vie­le nur noch Bestä­ti­gung in der eige­nen Bla­se suchen. 

    Ich hab noch­mal geschaut: zumin­dest in den Fäl­len 1 und 6 hat auch hier der Täter die Tat vor­her mehr­fach ange­kün­digt. Da die Urteils­be­grün­dung gegen Kan­tel wg. Jugend­straf­recht unter Ver­schluss bleibt, sind hier der Ana­ly­se aber lei­der Gren­zen gesetzt. Ich wet­te aber mal, die Rich­ter sind der Über­zeu­gung, dass sie „die Geset­ze strikt ange­wen­det“ haben – eben auch unab­hän­gig von der poli­ti­schen Stimmung.

    Dass man den Täter als Mör­der ver­ur­teilt hat, kommt m.E. den von Dir inten­dier­ten schär­fe­ren Urtei­len bereits ent­ge­gen – jeden­falls scheint sich für mich die Tat an sich nicht grund­sätz­lich von eini­gen oben erwähn­ten zu unterscheiden. 

    „Seit Sil­ves­ter in Köln ist klar, dass unser Staat ein Pro­blem damit hat, sein Gewalt­mo­no­pol zu behaup­ten. Es ist nicht mög­lich, Bür­ge­rIn­nen vor jeder Form von Gewalt­tä­tig­keit zu schüt­zen. Sol­che Fäl­le wer­den immer pas­sie­ren. Aber dass Rich­ter sich von gesell­schaft­li­chen Ent­wick­lun­gen so völ­lig unbe­ein­druckt zei­gen und grau­sams­te Taten mit lascher Hand abur­tei­len, darf es nicht sein. “

    Wie du selbst sagst: noch nie konn­te der Staat alle Bür­ger jeder­zeit vor Gewalt schüt­zen. Über den „Ver­lust des Gewalt­mo­no­pols“ spricht man doch eigent­lich erst dann, wenn irgend­wel­che Grup­pen damit begin­nen, „das Recht in die eige­nen Hän­de zu neh­men“ – Bür­ger­weh­ren, Lynch­mobs etc. 

    Da ich mal Jura stu­diert habe, muss ich auch ein­wen­den: In einem Laden die Ex-Freun­din zu erste­chen ist bru­tal, aber kei­ne „grau­sams­te Tat“. Sie­he zu „grau­sam“ (=Mord­merk­mal) die Erläu­te­run­gen hier:
    https://​straf​recht​-online​.org/​p​r​o​b​l​e​m​f​e​l​d​e​r​/​b​t​/​2​1​1​/​a​u​s​l​e​g​u​n​g​-​g​r​a​u​s​am/
    „Unstrit­tig ist, dass eine bru­ta­le Tat­aus­füh­rung allein nicht genügt (Ren­gier Straf­recht BT II, 17. Aufl. 2016, § 4 Rn. 44). Auch die Ver­ur­sa­chung von Schmer­zen, die mit der Tötung typisch ver­bun­den sind, kann eine Straf­bar­keit gemäß § 211 nicht begründen. “
    (Ich neh­me an, in dem Fall haben die Rich­ter das Mord­merk­mal „aus nied­ri­gen Beweg­grün­den“ genutzt.)

    Das mit der schwie­ri­gen Aus­wei­sung von Straf­tä­tern auf­grund inter­na­tio­na­ler Rege­lun­gen hal­te ich auch für pro­ble­ma­tisch. Dass man nicht dort­hin aus­weist, wo dem Täter, der sei­ne Stra­fe ja abge­ses­sen hat, Tod oder Fol­ter droht, ist für mich ok. Aber die ande­ren Fälle…? 

    Ich habe mal geschaut: 

    -> Als aner­kann­ter Asyl­be­wer­ber kann jemand nur abge­wie­sen wer­den, wenn Gefahr für die öffentl. Sicher­heit vor­liegt (des­halb „Gefähr­der“).
    -> Ein Asyl­be­wer­ber kann nur abge­scho­ben wer­den, wenn der Antrag letzt­ent­lich abschlä­gig beschie­den wird und kei­ne ande­re Schutz­vor­schrift greift. Aber auch, wenn er ‑wie oben- die öffentl. Sicher­heit gefährdet.
    https://​www​.anwalt​.org/​a​s​y​l​r​e​c​h​t​-​m​i​g​r​a​t​i​o​n​s​r​e​c​h​t​/​a​b​s​c​h​i​e​b​u​ng/

    Aus­län­der, die nicht wegen Asyl im Land sind, kön­nen bei Straf­ta­ten aus­ge­wie­sen wer­den: http://www.rechtsanwalt-ausländerrecht.de/ausweisung/

    Übri­gens sind neue inter­na­tio­na­le Rege­lun­gen für Migra­ti­on und Flucht in Arbeit bzw. schon ver­ein­bart. Sie­he dazu

    UN-Staa­ten eini­gen sich auf Migrationspakt
    https://​www​.zeit​.de/​p​o​l​i​t​i​k​/​a​u​s​l​a​n​d​/​2​018 – 07/­ver­ein­te-natio­nen-glo­ba­ler-migra­ti­ons­pakt-usa

    und zum Flüchtlingspakt:
    https://www.sueddeutsche.de/politik/un-wenn-fluechtlingskrisen-zur-normalitaet-werden‑1.3931561

    zu bei­dem gibt es eine klei­ne Anfra­ge der Grünen
    https://​www​.bun​des​tag​.de/​p​r​e​s​s​e​/​h​i​b​/​2​0​1​8​_​0​6​/​-​/​5​5​8​918
    ob die schon beant­wor­tet ist, weiß ich nicht. 

    Es wird also alles nicht ein­fa­cher – immer­hin wol­len die­se „Pak­te“ die Situa­ti­on der Auf­nah­me­län­der verbessern.

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