Industrie am Abgrund: Versprechen und Realität der Ampel-Koalition

Die Bundesregierung steht vor der Herausforderung, die Wirtschaft zu stabilisieren, doch Versprechen und Realität klaffen auseinander. Scholz macht keine gute Figur.

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HORST SCHULTE

Scholz war heute bei Ford. Früher hieß es mal: Fahr‘ Ford und komm nie wieder. Solche Wünsche erfüllen sich meist erst mit der Zeit.

Scholz hat jedenfalls, in alter sozialdemokratischer Tradition, Versprechungen gemacht, von denen alle wissen, dass sie nie eingehalten werden. Nun, der Druck dürfte hoch sein und die Gewerkschaften haben ihre Vorstellungen von staatlichen Hilfen klargemacht.

Dieses „Spiel“ wurde so häufig gespielt, dass die meisten von uns wohl nur ein müdes Lächeln dafür übrig haben werden. Diverse Versuche der letzten Jahrzehnte waren nicht nachhaltig bzw. erfolgreich. Oder trügt mich die Erinnerung?

Keine Knete, keine Liebe

Hat die Regierung noch Geld, um die flehentlich herbeigesehnten Kaufprämien allen Kunden eines E-Autos zu bezahlen? Ich fürchte, das ist nicht die einzige Frage, die Scholz an flotten Zusagen gehindert hat. Dabei hat er zugesagt, um jeden Industriearbeitsplatz kämpfen zu wollen. Papier und Mikrofone sind geduldig! Ansonsten hat Scholz auf die EU verwiesen. War das nicht geschickt?

Fast 1 Billion EUR Steuereinnahmen, und wir stehen (was kaum zu glauben ist) vor dem Problem, zu wenig Geld zu haben? Was tun die Politiker nur mit der ganzen Knete? Gut, nicht nur die Steuereinnahmen sind in den letzten 15 Jahren krass gestiegen. Auch die Ausgaben für unseren ineffizienten Sozialstaat. Dazu der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Da kommen Milliarden zusammen, die halt auch irgendwo herkommen müssen. Und exakt dort liegt jetzt unser Problem.

Die Steuereinnahmen sprudelten

Bisher gab es keinen Anlass zur Klage. Das Geld war da. So sah man offenbar keinen Anlass, einen kritischen Blick auf die gestiegenen Ausgaben zu werfen. Im Gegenteil. Ausgaben in Milliardengrößenordnungen kamen nach und nach hinzu. Es schien keinen Grund dafür zu geben, innezuhalten und nachzudenken. Sparen war unnötig. Wir hatten es doch.

Die Gründe für die drastischen Veränderungen, die auch ein Hauptgrund für das Scheitern der Ampel waren, sind hinlänglich breitgetreten worden. Wie man aus der Misere unserer Wirtschaft jedoch herauskommen will, ist offen.

Autos sind so wichtig, da muss der Klimaschutz hintangestellt werden

Wenn ich die Zeichen richtig deute, würde es, über alle notwendigen Überlegungen hinaus, herzlich wenig nützen, wenn der Staat nun damit beginnen würde, die notleidende Autoindustrie mit Milliarden zu subventionieren. Schließlich gibt es andere Branchen und deutschlandweit viele Kleinunternehmen, die im Moment dabei sind, Stellen in hoher Zahl abzubauen.

Wir werden das an den Zahlen der Bundesagentur für Arbeit schon bald sehen. In ca. drei Monaten, so hörte ich von einer sachverständigen Dame in einer Talkshow, könnten wir in einem anderen Deutschland aufwachen. Huhu, Angst machen gilt nicht. Schon gar nicht, wenn Unternehmensfunktionäre ihr Klagelied anstimmen. Bei mir hat sich durchaus ein ähnlicher Verdacht eingestellt, dem auch der Kanzler aufsaß. Er hatte geätzt, die Klage sei des Kaufmanns Lied. Dafür wurde er einmal mehr ordentlich „verprügelt“. Ob er das in dieser Form wirklich verdient hat? Es sieht jedenfalls danach aus.

Und der rot-grüne Chefökonom Marcel Fratzscher reißt den Weltrekord in Schönfärberei, wenn er allen Ernstes behauptet: „Die Stimmung ist schlechter als die Lage.“ Parallelgesellschaft.

Quelle

Ein anderer Funktionär des Kapitalismus, ein Thorsten Alsleben vom INSM, hat in einem Gastbeitrag für den „Focus“ massiv über Scholz und die SPD gewettert. Über die Grünen natürlich auch. Solche Leute können halt mit der Partizipation des Humankapitals immer noch wenig anfangen. Da das aber alle nur nervt, will ich mich nicht mit ideologischen Scharmützeln aufhalten, obwohl ich genau deshalb im Februar die SPD wähle – trotz Scholz!

Meine Arbeitslosenzeiten

Ich bin während meines Berufslebens auch mehrfach von Umbrüchen getroffen bzw. arbeitslos geworden. Mir hat keiner geholfen. Kein Betriebsrat, keine Gewerkschaft. Und die Öffentlichkeit hat nie etwas von mir erfahren. Keinen interessierte meine Notlage. So – denke ich – wird es den meisten im Land ergangen sein und auch weiter ergehen.

Aus der Gewerkschaft bin ich allerdings auch in den 1980-er Jahren ausgetreten und war danach (so lernte ich das von einem Gewerkschaftssekretär) als Trittbrettfahrer unterwegs. Abgesehen vom Sozialstaat, der half, die Durststrecken finanzieller Natur zu überbrücken, war da nichts. Ich war dankbar, heute sind staatliche Leistungen für meinen Geschmack etwas zu selbstverständlich geworden. Das ist nicht gut. Schließlich haben Sozialleistungen ihrem Wesen und ihrem Ursprung nach eine limitierte Begründung.

Wie gehts weiter?

Ich bin gespannt, ob es zu Autoprämien kommt und wann diese nicht mehr handlungsfähige Regierung diese wichtige Sache überhaupt in Angriff nehmen wird. Merz wird Scholz nicht helfen, habe ich das Gefühl. So dürfte es wohl darauf hinauslaufen, dass nicht nur die Lockerung der Schuldenbremse erst nach dem Regierungswechsel in Angriff genommen wird, sondern auch die Autoprämie. Das wäre ja noch schöner, wenn die Union sich dazu herabließe, der Rest-Ampel unter die Arme zu greifen und so in Kauf zu nehmen, dass diese im Februar 2025 deshalb ein paar Stimmen mehr erhielte.

Horst Schulte

Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

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Autoprämien, Olaf Scholz, Russland, Schuldenbremse

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4 Gedanken zu „Industrie am Abgrund: Versprechen und Realität der Ampel-Koalition“

  1. Das ist jetzt aber etwas undifferenziert!
    Dir hat „keiner geholfen“ bei deiner Arbeitslosigkeit? Wie du selbst sagst, hast du doch Leistungen bekommen (ALG1) bekommen, eine Errungenschaft unseres Sozialstaats! (Ich habe 1995 mit ALG2 das Internet entdeckt, hatte Zeit, mich einzuarbeiten und wurde selbstständig – danke Sozialstaat!)

    „Fast 1 Billion EUR Steuereinnahmen, und wir stehen (was kaum zu glauben ist) vor dem Problem, zu wenig Geld zu haben? Was tun die Politiker nur mit der ganzen Knete? „

    Das sind die GESAMTEINNAHMEN von Bund, Ländern und Gemeinden! (992,9 Milliarden) Bei einem so großen Land mit 84 Millionen Einwohnern erscheint mir das nicht als sprudelnder Überfluss! Was damit geschieht, lässt sich nachlesen, recht einfach zumindest für den Bundeshaushalt von insgesamt 476,8 Milliarden. Das entspricht (nur mal spasseshalber ausgerechnet) grade mal 5,68 Euro pro Bundesbürger.

    Die Ausgaben des nach deiner Ansicht „ineffizienten“ Sozialetats entsprechen 36,84% des Haushalts. Von diesen 175,8 (gerundet) Milliarden entfallen 72,46 % auf Rentenversicherung (Zuschüsse), Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, nur 26,86 % auf Leistungen nach dem 2. und 3. Sozialgesetzbuch (=Bürgergeld, Sozialhilfe etc.).
    Ich finde das nicht „ineffizient“!

    Was die diversen Pleiten angeht: Während der Coronajahre wurden Insolvenzen „gestoppt“, niemand sollte in dieser Zeit Pleite gehen. Dann die Nullzinspolitik: Da konnten sich eine Menge Unternehmen Geld für Null leihen und so weiterleben – Wirtschaftsexperten sprachen von „Zombiefirmen“, die nicht lange so würden weitermachen, wenn wieder Zinsen für die Refinanzierung anfallen.

    Aber natürlich: Mit der ganz billigen Energie dank russischem Gas war es mit Putins Krieg dann vorbei. Es wundert nicht, dass es dann bei jenen knirscht, deren Geschäftsmodell darauf basierte. Den Versuch, Teile der Industrie perspektivisch auf Erneuerbare und Wasserstoff umzustellen, halte ich nach wie vor für eine gute Sache – leider hat die CDU mit ihrer Klage dafür gesorgt, dass das dafür vorgesehene Geld nicht zur Verfügung stand. Ab da ging es mit der Ampel bergab.

    Hinzu kam die Modellpolitik der Autoindustrie, angeblich war und ist es in DE nicht möglich, preiswerte Autos zu konkurrenzfähigen Preisen herzustellen. Wundert nicht, denn wie ich immer wieder hörte, haben die Facharbeiter z.B. bei VW geradezu paradiesische Bedingungen – so im Vergleich zu anderen Angestelltenverhältnissen. Dass das nicht so weiter gehen kann, wenn sich die Rahmenbedingungen ändern (China-Konkurrenz, teurere Energie, verfehlte Modellpolitik, Autos, die nicht mal in China noch gekauft werden), liegt für mich auf der Hand! Die Gewerkschaften mit ihren Maximalforderungen erscheinen mir ziemlich fernab der Realität, mit der man als Unternehmen mittels „gesundschrumpfen“ umzugehen versucht.

    Die Arbeitslosenquote betrug übrigens 2005 11%. Das haben wir auch überlebt.

    Genug, ich ufere aus… sorry! 🙂

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  2. @Horst Schulte:

    „Und was wurde damit gemacht? U.a. wurde der Sozialstaat ohne Sinn und Verstand ausgebaut. Außerdem haben wir für Menschen Leistungen erbracht, die nie ihren Teil geleistet haben.“

    Es ist doch gerade der SINN der Sozialgesetzgebung, auch Menschen, die nie versichert waren oder Steuern bezahlt haben, nicht verhungern zu lassen. Das ist auch richtig so, denn es dient – abgesehen von moralischen, ethischen und christlichen Gründen – auch dem sozialen Frieden. Denn was machen Menschen ganz ohne jede „Stütze“? Sie betteln und/oder werden kriminell. Das kann man sich doch nicht wirklich wünschen!

    Den Blick auf den Haushalt habe ich gerade deshalb so konkret gezeigt, um zu unterstreichen, dass der Aufreger „Bürgergeld“ nicht sooo groß ist mit Blick aufs Ganze. „Aufblähen“ hätte doch bedeutet, dass neue Gesetze gemacht wurden – ist das so geschehen? Skandalisiert wird jedenfalls immer nur das Bürgergeld, nicht irgendwelche anderen zusätzlichen Leistungen der letzten Jahre – typisch, dass ich solche nicht mal kenne!

    Einig sind wir uns vermutlich in dem einen Punkt, dass man den Flüchtlingen aus der Ukraine nicht gleich Bürgergeld hätte zugestehen sollen, sondern Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz wie allen anderen auch.
    Wir hatten auch schon mal deutlich mehr Hartz4-, heute Bürgergeldempfänger, nämlich 7,2 Millionen in 2006, heute 5,5 Millionen (Statista) – und CDU/FDP/AFD tun so, als wären das ganz furchtbar und unverkraftbar viele!
    Übrigens denke ich, dass nach der Wahl und Bildung einer neuen Regierung auch Merz auf dem Boden der Tatsachen und geltenden Gesetze ankommt – all das Gerede, dass sich darauf bezieht, angeblich faule Arbeitsverweigerer quasi zur Arbeit zu zwingen, wird kaum etwas einbringen. Denn das sind nicht wirklich viele und man muss im Rahmen des Rechtsstaats bzw. bestehender Gesetze (BVerfG im besonderen) agieren. Wer sich ein wenig auskennt mit den Verfahren der Jobcenter, kann jedenfalls jetzt schon wissen, dass die markigen Worte letztlich nur Wahlkampfgetöse sind!

    Wir werden es ja sehen, ich bin gespannt. Auch die Schuldenbremse wird gewiss modifiziert werden, darauf würde ich glatt wetten!

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