Wie viele Tags braucht ein guter Beitrag?

Wer mit Tags arbeitet, muss früher oder später aufräumen. Ein Plädoyer für bewusste Ordnung und gegen digitale Streusplitter.

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Ich gebe zu: Das Arbeiten mit Tags, wenn man sie denn überhaupt verwenden möchte, ist für mich eine dieser kleinen Ordnungsfreuden im digitalen Alltag. Sie sind keine Schlagzeilen, keine Hauptkategorien, sondern eher leise Hinweise: „Hier, das gehört auch dazu.“ Ein semantischer Seiteneingang. Ein Fußnotenwegweiser. Ein strukturierter Flüsterton.

Aber wie bei allem, was uns helfen soll, kann auch hier das Gegenteil eintreten: Tags können helfen – oder uns verwirren. Vor allem, wenn man ihnen zu viel Bedeutung zuschreibt. Oder zu viele von ihnen verwendet.

Ich habe lange experimentiert, viel ausprobiert – und bin inzwischen bei einer Regel angekommen, die mir guttut: Nie mehr als drei Tags pro Beitrag. Denn jeder weitere Begriff verliert an Präzision. Es ist wie mit Gewürzen: Man kann Curry, Kreuzkümmel, Pfeffer, Zimt und Nelken in ein Gericht werfen – aber irgendwann schmeckt man gar nichts mehr.

Weniger ist mehr – und das bedeutet Arbeit

Trotz aller Zurückhaltung passiert es dennoch: Mit der Zeit entsteht ein Sammelsurium. Dutzende Begriffe, die ich vielleicht nur einmal verwendet habe. Tags, die mir beim Schreiben wichtig erschienen – aber später nie wieder eine Rolle spielten. Begriffe wie „Digitale Irrtümer“ oder „Demokratiedämmerung“, die poetisch klingen, aber in keiner Struktur auftauchen.

Das ist nicht falsch. Es ist menschlich. Wer schreibt, denkt in Nuancen. Wer archiviert, sucht Muster. Und die treffen sich nicht immer automatisch.

Aber es braucht irgendwann einen Schnitt: Die Entscheidung, ob ein Tag wirklich eine Gruppe bildet – oder nur ein Einzelstück bleibt. Und genau darin liegt die Kunst: den Unterschied zwischen poetischer Etikettierung und systemischer Ordnung zu erkennen.

Tag-Hygiene als Bestandteil der Blogpflege

Ich habe mir angewöhnt, alle paar Monate durch meine Tags zu scrollen. Manche Begriffe schiebe ich zusammen. Andere lösche ich. Und hin und wieder finde ich kleine Perlen, die ich vergessen hatte – aber die sich lohnen, bewusst weiterzuentwickeln.

Manche nennen das „Taxonomiepflege“. Ich nenne es: Respekt vor dem eigenen Archiv.

Denn Tags sind nicht nur für Leserinnen und Leser da. Sie sind auch für mich. Ich entdecke über sie verwandte Beiträge, hole alte Gedanken wieder ans Licht. Sie sind mein Kompass, mein inneres Inhaltsverzeichnis. Ok, ich verwende dafür auch die Suche (im Front- und oft auch im Backend). Will ich sehen, wie häufig ich etwas über »Gaza« geschrieben habe, verlasse ich mich nicht auf Tags.

Wie viele Tags braucht es?

Drei. Vielleicht fünf. Aber nur, wenn sie wirklich tragen.

Und wenn ich merke, dass ein Tag alleine bleibt wie ein Stuhl im leeren Raum, dann frage ich mich:

„Will ich diesen Begriff wirklich weiter pflegen? Oder war er nur ein Satzfragment, das in ein Menü gerutscht ist?“

In digitalen Räumen herrscht oft die Versuchung, alles zu benennen. Aber Ordnung entsteht nicht durch Benennung allein. Sie entsteht durch Beziehungen. Und genau das sollten Tags leisten: Beiträge in Beziehung zueinander setzen.

Was bleibt

Tags sind weder gut noch schlecht. Sie sind Werkzeuge. Wenn wir sie maßvoll, bewusst und mit einem gewissen redaktionellen Instinkt einsetzen, können sie unser Schreiben bereichern – und das Lesen für andere erleichtern. Aber wie bei allen Werkzeugen gilt: Manchmal muss man sie auch nachschärfen, sortieren oder ganz beiseitelegen.

Ich werde das weiterhin regelmäßig tun – nicht aus Pflichtgefühl, sondern aus dem Wunsch heraus, meinem Archiv jene Ordnung zu geben, die es verdient hat. Nicht perfekt. Aber lesbar.

Vielleicht ist das ja auch für dich ein Anlass, mal wieder durch deine Begriffe zu streifen. Du wirst sehen: Zwischen „Digitalisierung“ und „Medienkritik“ verstecken sich manchmal ganz neue Verbindungen.

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Schlagworte: Ordnung Tags Taxonomie

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1 Gedanke zu „Wie viele Tags braucht ein guter Beitrag?“

  1. Wir haben wirklich einige Gemeinsamkeiten. Ich pflege meinen Tags auch regelmäßig und wische dadurch. Bei mir werden diese aber auch als Hashtags für das Fediverse genutzt, daher habe ich recht viele, die wirklich nur einmal vorkommen. Aber mehr als 3-5 setze ich trotzdem selten.

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