Zwischen Algorithmus und Aufmerksamkeit: Der neue Wert der Blogs

Ich fin­de ziem­lich cool, was in unse­rer Blogsphäre der­zeit abgeht. Ja, auch mir fällt auf, dass die bis­her rück­läu­fi­ge Linkliebe wie­der wächst. Das war in mei­nen Augen auch über­fäl­lig. Vielleicht vor allem im deutsch­spra­chi­gen Web.

Die Rückkehr der Linkliebe

Dass nun auch spe­zi­el­le Blogsuchmaschinen kon­zi­piert wer­den, hat wohl vor allem damit zu tun, dass die gro­ßen Suchmaschinen (Google vorn­weg) Blogs ver­nach­läs­si­gen. Das wird zumin­dest immer gesagt. Ob die Umstellungen tat­säch­lich so ver­hee­rend wir­ken, wie es behaup­tet wird? Ich stel­le davon nichts fest. Mein Blog hat sogar zuletzt mehr Besucher durch Google—nicht viel, aber es ist mir aufgefallen.

Rivva, Sichtbarkeit und das Gefühl von Endlosschleifen

Wenn ich jetzt sehe, wie Rivva Artikel anzeigt und jede Verlinkung zu wei­te­ren Nennungen führt, behaup­te ich ganz pro­vo­ka­tiv, dass die­se Art der Präsentation auf mich auch nicht nur posi­tiv wirkt. Ich freue mich, wenn mein Blog gele­gent­lich auf­ge­führt ist. Aber wenn jede Verlinkung ohne jedes zusätz­li­che Kriterium wie­der und wie­der dazu führt, dass sie dort ihren Niederschlag fin­det, dürf­te das schluss­end­lich zu einer Abwertung des Dienstes bei­tra­gen. Ich hof­fe, dass mein Beitrag ange­sichts der all­ge­mei­nen Begeisterung nicht auf all­zu gro­ße Kritik sto­ßen wird. Schließlich bin ich froh dar­über, dass sich in unse­rer Blogsphäre eini­ges tut.

Die Sichtbarmachung von Blogs allein durch pure Linkfreude dürf­te nicht das Erfolg ver­spre­chen­de Modell sein. Da soll­ten ein paar Kriterien hin­zu­ge­nom­men wer­den. Aber wer woll­te sich schon anma­ßen, dies­be­züg­li­che Entscheidungen zu treffen?

Kriterien für eine bessere Blogvernetzung

Trotzdem – oder gera­de des­halb – möch­te ich mal ein paar Gedanken zur Diskussion stel­len. Es gin­ge ja nicht dar­um, das freie Verlinken ein­zu­schrän­ken, son­dern viel­mehr dar­um, den Umgang damit etwas klü­ger zu gestal­ten.

Ein paar Kriterien, die man in Betracht zie­hen könnte:

  1. Kontext statt blo­ßem Link: Wird ein Beitrag zitiert, kom­men­tiert, wei­ter­ge­dacht – oder nur lieb­los hineingeworfen?
  2. Diversität der Quellen: Immer die­sel­ben zehn Blogs zu lis­ten, bringt wenig fri­schen Wind. Vielfalt wäre ein Wert.
  3. Inhaltliche Tiefe: Ein Artikel, der mehr als 400 Zeichen hat und Gedanken ent­wi­ckelt, soll­te höher gewich­tet wer­den als blo­ßes Copy-Paste.
  4. Resonanz statt Reichweite: Vielleicht zählt weni­ger die Klickzahl als die Qualität der Reaktionen, die ein Beitrag auslöst.

Sichtbarkeit mit Verstand

Klar, vie­les davon lässt sich viel­leicht nur schwer tech­nisch abbil­den. Und noch schwe­rer objek­tiv bewer­ten. Aber das soll­te uns nicht dar­an hin­dern, nach bes­se­ren Formen von Sichtbarkeit zu suchen, die der Blogosphäre gerecht wer­den – und ihr nicht bloß einen algo­rith­mi­schen Spiegel vorhalten.

Denn wenn alles sicht­bar wird, wird irgend­wann nichts mehr gesehen.

Wer hat Ideen dazu? 


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11 Gedanken zu „Zwischen Algorithmus und Aufmerksamkeit: Der neue Wert der Blogs“

  1. Vielen Dank für die Verlinkung, Horst.

    Du sprichst einen guten Punkt an. 

    Eine Blog-​Suchmaschine zu bau­en, ist die eine Sache. Die ande­re – und wesent­lich schwie­ri­ge­re Sache – ist die Definition von Relevanz. Wann ist ein Blogeintrag wich­ti­ger als ein ande­rer. Welche Kriterien sol­len dafür hin­zu­ge­zo­gen werden.

    Quantität ja, denn ein län­ge­rer Text mög­li­cher­wei­se (nicht gesi­chert!) mehr ver­wert­ba­ren Inhalt besitzt, als ein Zweizeiler. 

    Qualität ist schwer zu mes­sen. Verlinkung von vie­len Seiten könn­te Relevanz andeu­ten. Aber wie du sagst, die Verlinkungen allei­ne sagen wenig aus. Wenn jemand mit fünf Webseiten auf glei­chen Inhalt feu­ert, wird die­ser dadurch nicht relevanter.

    Ein sehr inter­es­san­tes und schwie­ri­ges Thema.

  2. Du schreibst, was ich schon gedacht habe.

    Rivva ist eine dol­le Sache. Sie hat aber wirk­lich den Haken, dass dort nur Verlinkungen gescannt wer­den. Ein Kontext muss da nicht gege­ben sein. Da ist es mir schon unan­ge­nehm, dass mein Wochenrückblick immer dort auf­taucht. In dem ver­lin­ke ich lesens­wer­te Beiträge aus mei­nem RSS-​Reader. Dabei hat der Wochenbeitrag selbst meist kei­ner­lei Bezug zu dem Thema. Es ist ein­fach nur ein Lesetipp. Das dürf­te dort eigent­lich gar nicht auf­tau­chen. Allerdings ist das bestimmt schwie­rig umzu­set­zen, ohne jeden Link manu­ell zu überprüfen.

  3. Danke für den Hinweis auf Great Blogs. Das Projekt kann­te ich bis­her noch nicht.

    Rivva nut­ze ich erst seit eini­gen Wochen regel­mä­ßig. Es ver­schafft mir tat­säch­lich einen Überblick über die Blogosphäre. Zwei Dinge stö­ren mich aber etwas. Erstens wird der glei­che Artikel oft vier- oder fünf­mal gelis­tet. Zweitens schei­nen Blogartikel, die sich mit Technik oder Bloggen beschäf­ti­gen, bevor­zugt wer­den. Beiträge aus der Kategorie Sport sind dage­gen fast nie zu finden.

  4. I.M.O.: Es gibt eine sehr schö­ne Blogsuchmaschine – die „Small Web”-Abteilung von Kagi. Nachteil: Deutlich eng­lisch­spra­chig dominiert.

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