
Das war eine «tolle» Nacht. Gestern Abend gings schon los. Starker Regen und einige Blitzeinschläge, die für taghelle Umgebung sorgten. Außerdem knallte es. Gewitter waren halt auch unterwegs. Die Internetverbindung war kurzfristig unterbrochen. Aber das alles war nichts gegen den Regen, der in unserer Region niederprasselte. Heute heißt es, dass beispielsweise in Weiler-Hohenholz, einem kleinen Örtchen, das zum Stadtgebiet Bedburg zählt und das keine 4 km von uns entfernt ist, über 140 Liter/qm niedergingen. Die vorausgesagten Niederschläge lagen laut Wetterbericht zwischen 60 und 80 Litern/qm. Es wurde zum Teil sehr viel mehr. Man sollte auf Kachelmann hören – jedenfalls beim Wetter.
Wir gingen erst gegen 2.00 Uhr heute Morgen zu Bett und wurden zwischen drei und vier von unserer Nachbarin geweckt. Unser Keller war vollgelaufen. Nicht übertreiben, lieber Horst! Ich glaube, mehr als zwei bis drei Zentimeter waren es nicht. Dafür verteilten sich Schlick und Regenwasser gleichmäßig in allen Kellerräumen. Der Geruch war immerhin einigermaßen erträglich. Das mag allerdings auch an meinem leichten Schnupfen gelegen haben.
Die Feuerwehr war alarmiert, nur hatte die mit parallel über 100 Einsatzorten ihre liebe Müh›. Wir waren also auf uns angewiesen und das war angesichts der vergleichsweise begrenzten Wassermenge voll OK. Zum Glück besitzt unser Nachbar einen Industriestaubsauger. Der war heute wirklich Gold wert. Trotzdem haben wir so manchen Eimer mit Wasser und Schlick aus dem Keller getragen, das wir etwas mühsam mit handelsüblichen Wasserschiebern quasi von Hand aufsammelten. Nach ungefähr zwei 1/2 Stunden waren sechs Kellerräume, Waschküche und Heizungskeller fast wie neu. Das war eine gute Teamleistung. Auch, wenn man bedenkt, dass die meisten von uns schon über 70 Jahre alt sind. Im Fahrradkeller war merkwürdigerweise kein Wasser eingedrungen.
Andere Bewohner unseres Städtchens hatten weniger Glück. Gleich nebenan wohnt ein Mann, der gesundheitlich sehr angeschlagen ist. Er wohnt in einer Souterrain-Wohnung und war über Nacht zur Dialyse im Krankenhaus. Dieser Prozedur unterzieht er sich alle zwei Tage. Er wurde in der Nacht von seinem Nachbarn telefonisch geweckt, weil – wie bei ihm selbst – die komplette Wohnung unter Wasser stand (50 cm hoch), erzählte er mir. Teile des Wohnungsinventars lagen bereits auf der Wiese vor dem Haus. Man hat eine Idee davon, welche Wunden solche Erfahrungen reißen können. Wenn dann auch noch solche Bedingungen hinzukommen, ist die Erfahrung doppelt schlimm.
In einem Ortsteil wurden ganze Häuser evakuiert, weil ein Bach (Pützer Bach) zu einem reißenden Fluss mutiert ist. In eine Ressourcensiedlung (siehe obiger Link), die erst vor kurzer Zeit fertiggestellt und bezogen wurde, ist das Wasser mit aller Macht eingedrungen. Zum Glück haben die Maßnahmen zu ihrem Schutz wohl das Schlimmste verhindert. Die Aufräumarbeiten werden allerdings intensiv und vielleicht einigermaßen langwierig.
Mich stört an diesem Fall, dass erst vor einer kurzen Zeit eine andere Neubausiedlung im Stadtgebiet ebenfalls von einem Starkregenereignis getroffen wurde. Ein hinter dieser Siedlung liegendes Feld hatte sich quasi verselbständigt. Matsch und Wasser waren nicht aufzuhalten. Das geschah ebenfalls, kurz nachdem die Leute ihre neuen Häuser bezogen hatten. Das ist wirklich schrecklich.
Wir wissen alle, wie teuer heutzutage Häuser sind und auch wie gefragt, neuer Wohnraum ist. Diesbezüglich ist in unserer Stadt viel passiert und ich führe das vor allem auch auf das große Engagement unseres Bürgermeisters zurück. Auf der anderen Seite stelle ich mir die Frage, wie es sein kann, dass bei Neubauten und den damit verbundenen Infrastrukturmaßnahmen die Möglichkeit von Starkregenereignissen womöglich unzureichend berücksichtigt wurde.
Wie kann es sonst sein, dass insbesondere in den erwähnten Neubaugebieten die Folgen des Starkregens besonders krass hervorgetreten sind? Das wird sicher nicht nur mich beschäftigen! Und am kommenden Sonntag sind Kommunalwahlen. Der alte Bürgermeister will (und soll!) auch der neue sein. Jedenfalls werde ich ihn wählen. Das Unglück kommt für ihn sicher zur Unzeit, weil wohl nicht nur die betroffenen Siedlungsbewohner Fragen hinsichtlich der Verantwortung haben dürften. Ich hoffe, dass der Gegenkandidat fair bleibt und auch, dass die AfD, die das nach meinem Gefühl wenige Tage vor dem Wahltag wohl thematisieren wird, dieses Unglück nicht wie üblich ausschlachtet.
Da seid ihr ja noch verhältnismäßig glimpflich davon gekommen. Schlimm, was Deine Nachbarn erleben. Ich mag mir das hier gar nicht vorstellen, wie das ausgehen würde.
@Tommi: Ich fürchte, dass insbesondere die Bewohner der Neubausiedlung (Ressourcenschutz) sich mit der Situation nicht abfinden werden. Im TV von heute Abend klang das so, als wüsste man schon genau, worauf die Katastrophe zurückzuführen ist. Nämlich auf Fehler bei der Planung. Damit wäre die Stadt im Fokus und natürlich der Bauherr.
Sowas wird demnächst öfter passieren. Es ist ja nicht so, als hätte es an Warnungen gefehlt.
Warum Neubauten stärker betroffen sind? Lass mich mal raten. Handelt es sich hier um diese von der hiesigen Leserschaft so gefeierten Fertigwürfel im JVA-Look – mit Schießscharten?
Generell muss es halt billig sein, wenn auch nur selten für den Bauherren. Entsprechend wird produziert und die Stadt geht davon aus, dass alle über eine Elementarschädenversicherung verfügen.
Da werden leider noch viele Tränen fließen.
@Juri Nello: Nein, an Warnungen fehlt es ja nie. Besserwisser sind halt immer schon diejenigen, die – vor allem nachher – darauf pochen, alles schon längst gewusst zu haben. Hier sind vergangene Nacht nach den aktuellen Nachrichten zwischen 180 und 200 Litern/qm heruntergeregnet. Da frage ich dich: Kann man das planen? Ich weiß nicht einmal, ob es solche Regenmengen überhaupt schon gab. Hier jedenfalls noch nicht. Billig? Billig war da gar nichts. Die Leute haben viel Geld für ihre neuen Häuser bezahlt und jetzt das. Ich fühle mit allen, die betroffen sind. Deine Empathie scheint sich ja in engen Grenzen zu bewegen.
Ich finde die Häuser in ihrer Bauhaus-Imitat-Präsenz nun auch nicht so töfte. Aber so schlimm sind sie nicht. Und wie gesagt: Billig sind die ganz gewiss nicht.