Es war einmal ein Auto, das den Traum vom schnellen Fahren verkörperte. Und nicht nur das. Fährt die Marke nun auf den Parkplatz der Geschichte?
Prof. Rieck nennt es in seinem neusten Video beim Namen: Porsche erlebt einen Gewinneinbruch, ein Novum in der Firmengeschichte. Früher warteten Käufer monatelang, heute bleiben die Schlangen aus.
Was folgt, ist das übliche Ritual: selbsternannte Manager erklären, was schiefgelaufen sei – zu viele E-Autos, zu wenige, falsche Modelle, zu viel Politik, zu wenig Instinkt. Rieck hebt das Thema auf eine andere Ebene. Er spricht nicht über Absatz, sondern über Archetypen und Zeitgeister.
Autos, sagt er, sind keine Produkte wie andere. Sie entstehen in Jahrzehnten, tragen das Denken ihrer Epoche in sich. Der Porsche ist Symbol einer Generation, die Geschwindigkeit, Klang und Individualismus liebte. Doch dieser Mythos altert. Wenn ein Produkt zur Erinnerung der Eltern wird, verliert es Magie. Kinder träumen nicht davon, denselben Wagen zu fahren wie ihr Vater. Rieck zieht den Vergleich zu früheren Industrien: Fotografie, Unterhaltungselektronik, Maschinenbau – einst deutsche Glanzstücke, dann fortgespült von neuen Märkten und Moden. Die Autoindustrie ist die letzte Bastion eines kulturellen Selbstbildes, sagt er. Und sie steht nun im gleichen Sturm der Veränderung.

Die Spieltheorie hilft ihm, die Mechanik zu zeigen: Unternehmen reagieren auf gesellschaftliche Anreize. Wenn Politik und Öffentlichkeit nur noch Vernunft predigen, verlieren Marken ihre emotionale Basis. Ein Porsche, der sich über CO₂-Einsparung verkauft, bricht seinen stillen Vertrag mit den Käufern.
„Ein vernünftiger Porsche“, sagt Rieck sinngemäß, „ist ein Widerspruch in sich.“ Er erinnert an Jaguar – eine Marke, die sich selbst entkernt hat, weil sie ihre Fans moralisch bekehren wollte. Das Gleiche drohe, wenn Sportwagenhersteller ihre Seele verraten, um korrekt zu wirken. Denn niemand kauft einen Porsche aus Vernunft. Man kauft das Lebensgefühl, aus einem Auto auszusteigen, das zu tief, zu laut und zu teuer ist – und gerade dadurch Freiheit verspricht.
Doch Mode vergeht. Was gestern Statussymbol war, wirkt heute wie ein Fetisch der Boomer-Ära.
Der Tesla dagegen verkauft keine Motoren, sondern eine Idee: Zukunft, Cyberpunk, Bewegung. Ein Kult, der Ingenieure und Käufer gleichermaßen beflügelt. Rieck erkennt darin das, was Porsche verloren hat – einen mythischen Rahmen, der Emotion und Technik verbindet. Und China? Auch dort ist die Welle der deutschen Premiumträume gebrochen. Die Jugend will keine europäischen Symbole des alten Erfolgs mehr, sondern digitale Artefakte, elektrische Geschwindigkeit, neue Zeichen von Zugehörigkeit.
Riecks Fazit ist so einfach wie schmerzhaft:
Produkte sterben nicht, weil sie schlecht werden, sondern weil damit verbundene Träume veralten. Produkte und die sie umrankenden Geschichten kommen aus der Mode. Es werden neue Träume geträumt. Wenn niemand mehr sagt „Eines Tages will ich einen Porsche fahren“, ist die Legende am Ende.
Zum Schluss wendet er sich an die Jüngeren und bittet sie, ihre Träume in die Kommentare zu schreiben. Was begeistert euch? Was wäre euer Porsche von morgen? Eine fast rührende Geste – als würde ein Professor das Publikum selbst zum Labor machen, um die Zukunft zu vermessen.



Herr Rieck kommt ganz nah an den Punkt kluger Selbsterkenntnis heran – und dann leider doch nicht. Er scheitert dann eben doch an seinem nicht mehr erfüllbaren Traum alter Männer (deren eindimensionaler Begriff von „Freiheit“ selten über das PS-Maß heraus reichte).
Am Ende bleibt ihm vielleicht der Ruf nach staatlicher Alimentierung seiner retardierten Industrie, weil ihr dank Führungspersonal wie ihm (nicht einmal so viel Selbsterkenntnis gibt es) eine Transformation in eine bessere Zukunft nicht gelingt – oder gar nicht gelingen soll.
@Boris: Transformation im Arsch.
Ein Auto war für mich (alten Mann) immer ein Fortbewegungsmittel, nie mehr. Die holzschnittartigen Schablonen passen halt nicht.
Volle Zustimmung zum Video. Der Enke des Gründers von Harley hat das mal genau so für das Motorrad aus Milwaukee auf den Punkt gebracht. „Wer sich für eine Harley-Davidson entscheidet, erwirbt ein Lebensgefühl – das Motorrad gibt es kostenlos dazu“. (Willi G.)
@Peter Lohren: Ich denke, die Beschreibung von Rieck passt sehr gut.
Das Image von Porsche-Fahrer hat sich verändert. Früher waren es Menschen, die sich das Porsche-Fahren leisten konnten, oder an der Technik von Porsche ihre Freude hatten – denke gerade an die vielen Oldtimer-Porsche mit ihren Besitzern. Diese haben einen Porsche aus Liebe zum Auto und zur Technik. Auch kommt hinzu, dass Porsche-Fahrzeuge in den 90ern und vorher eher „selten“ waren.
Heute ist Porsche eine Marke wie jeder andere auch – auch die Käufer. Die meisten Käufer und Besitzer von aktuellen Porsche-Fahrzeugen kaufen einen Porsche nicht aus Liebe zum Auto oder Technik. Es ist eher ein „Robert“ geworden, dass sich fast jeder Leisten kann, weil das Auto in Raten, Leasing oder auf die Firma gibt. Letzteres ist heute wahrscheinlich sehr verbreitet und der eine oder andere Finanzbeamte bekommt täglich das „Kotzen“ habe ich mir in Siegburg erzählen lassen.
Ich hätte gerne einen E-UP auf Firma gehabt. Nein, dem ehemaligen BMW-Chef war das Auto zu billig und machte den gleichen „Peep“ wie bei BMW – dann bei Volkswagen und meint heute noch, nachdem er nicht mehr der Chef ist, wie toll er doch als Manager war.
@Martin / dimido.de: Ja, Martin. So ist das. Ich glaube zwar nicht, dass insbesondere Porsches zur Grundausstattung der Manager in D zählen. Vielleicht dürfen gar kein solches Auto fahren, weil sie z.B. im Einkauf tätig sind und ihnen deshalb womöglich Korruption unterstellt werden könnte 🙂 Im Prinzip hast du aber mit den Modalitäten der „Anschaffung“ ganz recht. Die Leute leisten sich solche Fahrzeuge, weil es überall vermeintlich günstige Finanzierungsmöglichkeiten gibt. Ob die wirklich so günstig sind, sei mal dahingestellt. Aber wer ein solches Ding braucht, der kommt (kam) damit klar. Allerdings, glaube ich, hat sich hinsichtlich des Images solcher Fahrzeuge, schon einiges getan. Zum Besseren würde ich meinen. Autos spielen insgesamt nicht mehr die Rolle als Statussymbol. Ich finde da gut.