Ehrliche Worte, harte Reaktionen
Es stimmt nachdenklich, Kommentare wie diesen ($) zu lesen. Die meisten werden nicken, sie verstehen natürlich, was die Autorin (uns) sagen will. Die Begleiterscheinungen solcher Debatten machen ein schlechtes Gewissen. Hand aufs Herz: Andererseits wussten wir doch alle sofort, welche Reaktionen die klaren Worte des Kanzlers hervorrufen würden.
Merz zu unterstellen, er habe die Wirkung seiner Aussagen über das Stadtbild nicht bedacht, zeugt weniger von Analyse als von purer Empörung darüber, dass ein deutscher Regierungschef es wagt, die Überforderung seines Landes offen anzusprechen – und, wie es seine Aufgabe ist, mögliche Gegenmaßnahmen zu benennen. Die altbekannte Replik aus dem linken Lager, man müsse lediglich die Integrationsbedingungen verbessern, wirkt da wie wohlfeiler Opportunismus: ein beruhigendes Mantra für jene, denen es in diesem Land immer noch nicht bunt genug zugeht.
Erwartbare Empörung
Bei Grünen, Linken und Teilen der SPD waren die Reaktionen vorhersehbar. Das empörte Echo folgt dem gewohnten Muster – es ist ritualisiert und wird zum Glück in unserer Bevölkerung genauso wahrgenommen. Selbstverständlich wusste auch Kanzler Merz das.
Vielleicht wäre es an der Zeit, nicht nur die Töchter zu befragen, sondern auch den schwulen Nachbarn, den pflichtbewussten Polizisten, den engagierten Hauptschullehrer oder die erfahrene Kindergärtnerin. Ein nüchterner Blick in die Kriminalstatistik würde die Debatte zusätzlich erden. Was da debattiert wird, geht nicht gegen Menschen mit migrantischer Herkunft, schon gar nicht gegen die Kinder, sondern gegen diejenigen, die dieses Land nicht bunter, sondern aus unterschiedlichsten Gründen und Motiven unsicher machen.
Wenn Moral das Denken ersetzt
Am schwersten wiegt nicht die Kritik selbst, sondern ihre Einseitigkeit. Viele der scharfen Zuschreibungen gegenüber Merz entspringen weniger Fakten als einer moralischen Pose. Doch Argumente prallen an dieser Haltung ab – zu oft siegt der Reflex über die Vernunft.
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Merz seine Partei haben dieser Entwicklung jahrelang beigetragen und gefördert!
CDU/CSU und SPD waren jahrelang in der Regierung und haben regiert!
@SuMu: Völlig richtig. Aber Merz war nicht dabei. Wir haben das infrastrukturelle und politische Desaster der Ära Merkel zu verdanken. Und glaube mir, es tut mir weh, das zu schreiben. Schließlich habe ich Merkels Politik (2015) voll und ganz unterstützt. Das war ein Fehler wie wir jetzt sehen. Sarrazin und sein Buch (Deutschland schafft sich ab) hatte es auf den Punkt gebracht. Aber niemand wollte es hören.
@Horst Schulte: für mich war der Fehler, die Integration fast nur Ehrenamtlern zu überlassen. Das Land wurde überrollt von Flüchtlingen, damals gab es schon zu wenige günstige Wohnungen (zerbröselnde Schulen, zu wenig Kindergärten etc.), das hat sich dann alles noch verschärft. Zu wenig Gelder und Organisation für Sprachkurse, Ärzte, Psychotherapeuten als Muttersprachler für Kriegsflüchtlinge, die oft Traumata haben.
Behörden/Ämter waren alle überfordert und überlastet. Man hätte ja deutlich nachbessern können, hatte man leider auch kein Interesse dran 🙁
@SuMu: Das mag sein. Ich frage mich nur, woher all die Menschen denn hätten kommen sollten, die sich auf professioneller Ebene hätten kümmern sollen? Wir haben ja nicht mal mehr genug Leute, die im Einzelhandel arbeiten (wollen?). Du beschreibst es aus meiner Sicht völlig richtig. Wir dachten, die Finanzmittel wären ausreichend und immer vorhanden. Linke denken das jetzt immer noch. Leider werden wir alle sehen, wohin uns das führt. Denn das Geld wird künftig vermutlich noch viel knapper als es jetzt bereits ist. Die Demografie lauert wie ein Damoklesschwert.