- Wie weit geht die Meinungsfreiheit?
- Was kann und soll präventiv getan werden, damit die Meinungsfreiheit fortbesteht wie wir sie schätzen?
- Kann oder muss man Hasskommentare aushalten?
- Sollte der Angesprochene den Verfasser eines Hasskommentars bei Facebook, Twitter & Co. melden?
Wir alle werden im Internet ständig mit Kommentaren konfrontiert, die wir als unangemessen, vielleicht als überzogen und aggressiv empfinden. Vor allem gilt das für die, die sich wenigsten ein bisschen für Politik und Gesellschaft interessieren.
Das Internet bietet sich förmlich an, selbst höchst unterschiedliche Meinungen zu verschiedensten Themen auszutauschen. Selbst wenn man merkt, dass einem die Beherrschung langsam aber sicher verloren geht, im Internet ist das nicht tragisch. Der Diskussionspartner sieht nicht, dass man die Farbe wechselt, verlegen oder wütend ist.
Die eigene Meinung – möglichst viel davon – reicht aus, um andere zu verärgern und auf die Palme zu bringen. Manche, wir nennen sie Trolle, betrachten das als Spiel. Heftige Reaktionen spornen sie zu weiteren Höchstleistungen an. Es gibt diese Trolle, deren Namen wir zum Teil sogar kennen und trotzdem verstricken sich viele immer wieder in ziemlich unerquickliche Diskussionen mit ihnen.
Das geschieht vor allem, wenn es sich um Politik handelt. Das Thema wird schließlich bewusst bei Familien- und Freundestreffen nicht grundlos ausgespart. Ich habe es mir schon mit manchen Bekannten und Freunden (temporär) verdorben, weil ich mich aus Gründen nicht daran gehalten habe. Ich bin 62 und habe den Mechanismus immer noch nicht verinnerlicht. Aber zum Glück habe ich meine Frau, die mich einbremst – außerhalb des Internets.
In früheren Jahren sorgten, gemeinhin als Netiquette bekannte Regeln dafür, dass der Meinungsaustausch, wenn nicht in einer sachlichen, so doch moderaten Tonlage geführt wurde. Das klappte nicht immer, aber viele hielten sich an diese Regeln. Früher™ war manches eben doch besser.
Diese “Fesseln” haben wir abgestreift. Sehr zum Leidwesen vieler, vielleicht sogar sehr vieler Internetnutzer. Längst haben sich staatliche Stellen auch in die Debatten darüber eingeschaltet. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) und Bundesfamilienministerin Schwesig (SPD) sind bei diesem Thema federführend. Das wird beiden sehr übel genommen. Ob sie deshalb bei Facebook so wenig Likes haben, wie Stefanolix es vermutet, weiß ich nicht. Bei Twitter machen sie jedenfalls eine bessere Figur. Und im Vergleich mit anderen Kabinettskollegen liegen sie, was die Reichweite anlangt, so schlecht nun auch nicht.
Sicher sind die Politiker des eigenen Lagers und einige Agitprop-Journalisten davon hellauf begeistert. Aber wer vergibt bitte für Frau Schwesig oder Herrn Maas aus privater Überzeugung auf Twitter ein Herzchen?Quelle: Wie eine gemeinsame Aktion gegen Hassrede aussehen müsste | stefanolix | LINK
Wie kommen Politiker nur auf die Idee, andere bevormunden zu wollen? Geht es überhaupt darum? Oder sehen sich besagte Politiker in der Verpflichtung, ihre MitbürgerInnen zu beschützen? Glauben sie womöglich, es sei ihre Mission, dem Wahlvolk das Handeln oder sogar das Denken beibringen zu sollen? Es gibt viele Kommentare im Netz, die genau das unterstellen und dementsprechend fies kommentieren. Der rechte Blog “Tichys Einblick” ist keine Ausnahme. Heute hat sich der Chef noch einmal persönlich dazu zu Wort gemeldet. Ekelhaft!
Ekelhaft finde ich Tichys boshaften Artikel deshalb, weil sein Inhalt einmal mehr so unverhohlen beifallheischend an das geneigte national-konservative Publikum herangetragen wird. Tichy hält Maas vor, die Hate-Speech-Kampagne nur deshalb “ausgelagert” zu haben, weil ihm bewusst sei, dass sie gegen das Grundgesetz verstößt. Wie widerlich!
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Einerseits kann man sehr wohl der Meinung sein, es sei die originäre Aufgabe eines Bundesjustizministers, sich darum zu kümmern, dass auch im Internet kein – wie es immer so schön heißt – rechtsfreier Raum entsteht. Andererseits liegt die Krux eindeutig in der fortschreitenden Zuspitzung der so genannten Polarisierung in Deutschland.
Manche sehen nach den Terroranschlägen oder/und Amokläufen die Stimmung umschlagen. Ich finde, dass dies längst passiert ist! Die Autoren des Blogs “Tichys Einblick” haben in meinen Augen nach Kräften hierzu beigetragen. Gleichzeitig wird nach wie vor behauptet, es herrsche ein links-grünen Meinungskartell und man dürfe seine Meinung zu diesem Thema nicht sagen. Was passiert denn seit Monaten in unseren sozialen Medien?
Heiko Maas repräsentiert im Engagement gegen “Hate Speech” eine von mehr als nur zwei politischen Positionen. Vergessen wir die Nuancen und schauen uns die gegeneinander stehenden Lager an. Bei den Diskussionen über die Meinungsfreiheit verlaufen die Frontlinien ganz anders als beispielsweise bei den Themen, die sich um die Flüchtlinge drehen.
Beim Thema Meinungsfreiheit stehen liberal-, konservativ- und linksdenkende Menschen auf einer Seite. Die Diskussion hat zum Teil ein besseres Niveau als die über die Flüchtlingskrise. Trotzdem wird hart gestritten. Und die Themen werden oft vermischt. Tichys ist dafür ein Beispiel. Die Anhänger der flüchtlingsfreundlichen Merkel-Politik werden mithilfe rechter Verbalschlägertrupps in eine Ecke gedrängt. Dort stehen – längst angezählt – die Gutmenschen, die, die immer noch nicht verstanden haben, dass die Aufnahme dieser vielen Flüchtlinge den Ruin des Landes bedeuten werden. Schaut auf Facebook, Twitter, Google+ oder Youtube. Ich habe nicht gezählt. Aber gefühlt haben die rechten Verbalschlägertrupps die Lufthoheit in den Kommentarspalten schon längst errungen. Vermutlich auch deshalb, weil sich die vernünftigen Leute mit ihrer Meinung zurückhalten. Sie mögen sich so nicht auseinandersetzen, und ich kann es ihnen nicht verdenken.
Ich denke nicht, dass ich hier Beispiele für diese Unsäglichkeiten zeigen muss. Das haben schon andere vor mir getan. Ohne, dass sich irgendwas zum Besseren verändert hätte. Über einen Hang zur Einsicht verfügen die wenigsten. Ich kann mich davon auch nicht freisprechen.
Wer, wenn nicht der Bundesjustizminister – egal von welchem Geschlecht oder welcher Partei sie/er gerade ist – sollte sich darum kümmern, den Schutz der Bürgerinnen und Bürger auch innerhalb eines Raumes zu gewährleisten, der bislang als vielleicht letzte “Bastion der Freiheit” und zwar ausdrücklich auch der Äußerungen schlimmsten und menschenverachtensten Kalibers empfunden wurde?
In der Politik ist Neutralität ziemlich selten. Wenn Politiker gefragt werden, weshalb sie in die Politik gegangen wären, kommt oft die Antwort: “Weil ich gestalten möchte”. Wenn ein Minister das versucht, erhält er – jedenfalls in diesen Zeiten – die Quittung. Ob es politische Institutionen sind oder Menschen, die mit politischen Ämtern ausgestattet sind, wir sind dagegen! Das ist Trend.
Wem hätte man dieses Thema anvertrauen können? Die Polizei hat zu wenig Ressourcen, um diesen Straftaten im virtuellen Raum nachgehen zu können. Zudem ist die Ausstattung dafür nicht gut genug – personell wie technisch. Hätte man das Thema zur Chefsache machen können? Wäre das der Sache angemessener? Der Bundespräsident hatte sich vor ein paar Jahren zu den Gefahren des Internets geäußert. Das hat ihn zum Beginn seiner Amtszeit viele Sympathien gekostet. Sag bloß nichts gegen diese heilige Kuh, das Internet. Sind die Fehlentwicklungen auch noch so offenkundig. Und wenn dann noch die Rechten auf den Plan treten. Die weiter darauf bestehen, nach Kräften klagen und hetzten, hetzten und klagen, dann haste als linker Politiker so etwas von verloren. So sieht es im Deutschland dieser Tage wirklich aus. Diesen Leuten wird keiner den Mund verbieten.
Es sei denn… es melden sich endlich all die vielen Leute zu Wort, die die Entwicklung ähnlich kritisch betrachten wie ich. Gesetze müssen auch im Internet eingehalten werden. Wer gegen diese verstößt soll bestraft werden.
Bundesjustizminister Heiko Maas hätte sich für eine ganz unabhängige Stelle zur Behandlung der Thematik stark machen und diese mit weitreichenden Vollmachten ausstatten können. Er bildete stattdessen eine Taskforce mit dem Namen “Umgang mit rechtswidrigen Hassbotschaften im Internet”. Ein Mitglied dieser Taskforce ist eine Stiftung, bei der er offenbar die notwendige Sachkompetenz sah, die Entwicklung entsprechender Strategien zum Erfolg zu führen. Dass dort Menschen Verantwortung tragen, die offensichtlich von vielen als zu weit linksstehend angesehen werden, brachte nicht nur Maas, sondern vor allem auch dem Führungspersonal der Stiftung mit der deutschen Rechten viel Ärger ein. Und das ist ziemlich freundlich formuliert. Dass in dieser Stiftung viele andere Persönlichkeiten engagiert sind, die politisch neutral zu verorten wären, interessiert die Kritiker nicht.
Welche Mitglieder der Bundesregierung sind überhaupt bei Facebook oder Twitter vertreten und wie viele Follower haben sie?Heftige Reaktionen brandeten auf, als die Stiftung nach dem vorläufigen Ende der von Rechten geführten Hasskampagne vor allem gegen die Chefin der Stiftung, Anetta Kahane, mit dem Projekt “No Hate Speech” an die Öffentlichkeit ging. Die Stiftung arbeitet seit 1998 gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus. Ich unterstelle, dass sie für die Kampagne gegen Hetze im Internet (egal ob von rechts oder links) über das erforderliche Know-how verfügt.
Die Chefin der Stiftung, Frau Kahane, war acht Jahre lang IM der Stasi. 1982, mit 26 oder 27 Jahren, hat sie die Zusammenarbeit beendet und stellte 1986 einen Ausreiseantrag.
Ihre Stasi-Vergangenheit jedoch bleibt das zentrale Argument ihrer politischen Feinde. Manche gehen weiter. Frau Kahane ist Jüdin und wurde deshalb mit antisemitischen Schmähungen bedacht.
Nach meinen Beobachtungen wählen die Gegner der Kampagne offen oder mit “subtilen Anspielungen” Kahanes Stasi-Vergangenheit, um das Projekt selbst zu diffamieren. Und Heiko Maas natürlich.
Leider wird das auch von Bloggern übernommen, die die Thematik differenzierter bewerten. Wohl deshalb, weil es so leicht ist, auf diese Art und Weise Menschen zu diskreditieren. Man muss nur die richtigen Knöpfe drücken. Dies ist gewiss auch kein neues Phänomen.
Sie wäre auch grundgesetzlich verboten. Vermutlich deshalb hat sie Heiko Maas privatisiert und in Stiftungen wie die Amadeu-Antonio-Stiftung ausgelagert. Sie wird wiederum aus dem Etat von Frauen- und Familienministerin Manuela Schwesig finanziert – neben Geldern aus den Stiftungen des Softwarekonzern SAP und des Freudenberg-Konzerns, der Gewinne von Vileda, vileda, O-Cedar, Wettex, Gala, Marigold und SWASH® in das Maas-Projekt umleitet.
Mittlerweile informieren uns Leser, das sie solche Produkte nicht mehr kaufen werden.
Quelle: Heiko Maas hetzt gegen freie Meinung: DDR 2.0? – Tichys Einblick | LINK
Dass Bundesministerien Vereine wie die “Amadeu Antonio Stiftung” mit finanziellen Mitteln (Seite 19) unterstützen, geht manchen entschieden zu weit. Tichy beispielsweise. Er hat seine Gründe, die er in seinem heutigen Artikel für gewisse Leute 100%ig nachvollziehbar formuliert hat. Er setzt sich halt noch für die Meinungsfreiheit ein. Und die ist in Gefahr, sagt nicht nur Tichy.
Tichy weiß genau, für wen er und seine Autoren schreiben. Die Kommentare lassen keinen Zweifel übrig.
Der Bundesministerin Schwesig wurde zuletzt vorgehalten, Islamisten finanziell zu fördern. Obwohl die Förderung nach Prüfung Mitte letzten Monats eingestellt wurde, hallen diese Vorwürfe im Internet nach. Die Öffentlichkeit wird nie erfahren, ob die Streichung berechtigt war oder ob die Maßnahme nur aus dem Grund erfolgte, weil es diese Form von Protesten gab. Dafür interessiert sich letztlich außer den direkt Betroffenen keiner.
Der Streit um die finanzielle Förderung der Antifa läuft schon seit Jahren. Rechte nutzen jede Gelegenheit, diese Klamotten aus der Kiste zu holen. Schwesig und Maas wären meines Erachtens gut beraten, diesen ständigen Anwürfen konstruktiver zu begegnen, als sie dies tun.
Wie wäre es zum Beispiel, wenn sie jede auch nur mögliche Verstrickung politischer Parteien in die Präventionsarbeit gegen Links und Rechts vermeiden würden? Wie könnte unter diesen Voraussetzungen die Finanzierung der Vereine trotzdem sichergestellt werden? Nur durch privates Geld oder private Initiativen? Das Thema ist jedenfalls eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Aber wer ist schon bereit, sich heutzutage für sowas zu engagieren? Schimpfen ist viel einfacher. Und da kann man auch schnell mal überziehen. Nicht wahr?