Warum wird alles, was zwi­schen Frauen und Männern pas­siert, auf das Sexuelle reduziert?

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von Horst Schulte

Lesezeit: 2 Min.

Es exis­tie­ren Formen von Schönheit, die nicht besitz­ergrei­fen­de, nie­de­re Instinkte in uns wecken, son­dern die Gefühle aus­lö­sen, die ich mit Begriffen wie bewun­dern, ver­eh­ren oder anrüh­ren beschrei­ben wür­de. Ich weiß nicht, ob das kon­stru­iert erscheint oder ob es dafür Belege gibt. Mir pas­siert sowas jeden­falls nicht so selten.

Das gibt es im Konzertsaal, auf einer Urlaubsreise, im Museum, im Kino oder im gan­zen nor­ma­len Leben. Solche geschmack­li­chen Fragen wer­den indi­vi­du­ell ver­schie­den beant­wor­tet. Zum Glück haben wir ganz unter­schied­li­che Vorstellungen von Schönheit.

Für mich kann es sich um eine wun­der­schö­ne Landschaft han­deln, um außer­ge­wöhn­lich schö­ne Musik, ein Foto und – jetzt wird es brenz­lig – um eine schö­ne Frau. Nicht, dass beim Anblick einer außer­ge­wöhn­lich schö­nen Frau Sex kei­ne Rolle spiel­te, es wäre unehr­lich das zu behaupten.

Es gibt aber nicht weni­ge Erinnerungen (von denen ich hier kei­ne nen­nen wer­de), die mich eini­ger­ma­ßen über­wäl­tigt haben. Ganz ein­fach in dem Sinne, dass ich in die­sem Moment von der Schönheit die­ser Frau wahr­haft über­wäl­tigt war.

Wenn es im rea­len Leben je dazu gekom­men ist (also außer­halb des Kinos), hät­te ich mich nicht getraut, die­se Frau anzu­spre­chen und noch viel weni­ger, ihr ein höchst­wahr­schein­lich unge­len­kes Kompliment zuzu­mu­ten. Außerdem kann sowas ziem­lich ins Auge gehen. Mit nega­ti­ven Folgen für Leumund und Selbstvertrauen.

Dies hier mögen vie­le als ober­fläch­lich betrach­ten, weil mein Sinn auf Äußerlichkeit aus­ge­rich­tet war. Insofern könn­te sie auch die­sen Text miss­ver­ste­hen. Leider bin ich sicher, das genau das auch pas­sie­ren wird.

Heute den­ke ich, dass ein sol­ches Eingeständnis für Männer (zumal, wenn sie über 60 sind) gefähr­lich sein kann. Ob sie so über mich denkt: «Was glaubt der alte Sack eigent­lich? Als ob ihm das einer abnimmt.» Wenn sol­che Denke nicht egal wäre, hät­te ich die­sen kur­zen Text gar nicht geschrieben.

Mir ist wich­tig, dass ange­sichts der vie­len Diskussionen und Erfahrungsberichte über sexu­el­le Übergriffe ver­sucht wird, Männer nicht immer nur als trieb­ge­steu­er­te Idioten zu betrach­ten. Auch wenn die ver­öf­fent­lich­ten Quoten von angeb­li­chen Opfern von Sexismus oder von sexu­el­ler Gewalt eine bedrü­ckend kla­re Sprache sprechen. 


Horst Schulte

Herausgeber, Blogger, Amateurfotograf

Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe auf dem Land.

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Artikelinformationen

Bereits 306 Mal gelesen1 heute

10 Gedanken zu „Warum wird alles, was zwi­schen Frauen und Männern pas­siert, auf das Sexuelle reduziert?“

  1. Servus Horst !

    Danke für dei­nen ehr­li­chen Beitrag! Gerade im Zusammenhang mit der #metoo Geschichte hat man als Mann ja bald schon Angst, eine Frau auch nur sym­pa­thisch zu fin­den, ohne gleich als poten­ti­el­ler Fremdgeher oder Sexist zu gel­ten. Insbesondere dann, wenn die Frau eine Augenweide und sehr viel jün­ger ist. 

    Es dann auch noch wagen, ein Kompliment zu machen – na dann «ist ja alles klar». Schade irgendwie…

    Have fun
    Horst

  2. Hallo Horst,
    mich spricht z.B. das Bild dei­nes Beitrags auch als Frau durch­aus an. Es gibt eine Erotik im Tanz, im Sport und war­um soll man einen schö­nen Körper, egal ob Mann oder Frau nicht auch bewun­dern oder bestau­nen. Ich glau­be nicht, dass da Frauen so anders ticken als Männer. Schönheit darf man genie­ßen, ganz unab­hän­gig vom Alter.

    Was die Diskussion von #metoo betrifft, ist wohl eher die Frage, ob nicht fast jede Frau in ihrem Leben unan­ge­neh­me Situationen erleb­te, wie Antatschen, in die Enge trei­ben und mehr.
    Liebe Grüße
    Renate

  3. Kürzlich sah ich einen Comedian (Name lei­der ver­ges­sen), der das Thema ganz ver­nüf­tig behan­del­te – lus­tig natür­lich auch. Er mein­te: ist nicht so schwer, der Unterschied: Wenn du für das Kompliment dei­ne Hände brauchst, DANN.… !
    Ich fin­de nichts Schlimmes dabei, wenn Männer Frauen schön fin­den – und auch nicht, wenn sie Komplimente machen. ABER: es kommt dabei auf den Kontext an. Im Arbeitszusammenhang passt es ein­fach nicht – und schon gar nicht bei offi­zi­el­len Terminen.
    Dass ein Kompliment auch mal nicht geschätzt wird, wenns «vom Falschen» kommt – tja, das ist das Risiko, dass Mann halt ein­ge­hen muss. Frauen erfah­ren auch Ablehnungen… 

    Warum es haupt­säch­lich in die­sen #metoo und ande­ren Kampagnen geht, ist jedoch der Machtmissbrauch. Wann immer die Frau beruf­lich vom Wohlwollen des Mannes abhängt, ist das Anbaggern sei­ner­seits, womög­lich noch mit Nötigung, Handgreiflichkeiten, Erpressung, gar Vergewaltigung etwas, das end­lich mal auf­hö­ren muss. Und solan­ge es nicht auf­hört, kocht das Thema immer wie­der hoch.

    Natürlich lei­den auch Männer unter Machtmissbrauch, meist aber anders (ich hab dazu auch mal ’ne klei­ne pri­va­te Umfrage gemacht). Das spricht ihnen ein #MeToo aber auch nicht ab.

  4. Tja, die Schönheit einer Frau…sie kann wir­ken und wirk­sam sein in jedem Alter der Frau.
    Mit Komplimenten tue ich mich nicht so schwer. Auch eine simp­le Reaktion wie kur­zes Innehalten oder Irritiertsein blo­cke ich nicht beflis­sen ab.
    Es geht mir immer auch um die Frau, um ihr zu spie­geln, daß ich sie apart fin­de. Und ich freue mich natür­lich «über mei­ne Sensorien», die intakt sind.

  5. Als jun­ger und gebil­de­ter Mann brau­che ich mir die­se Zustände nicht mehr antun. Ich stu­dier­te in Prag und habe seit­dem kein Interesse mehr an den Frauen hier­zu­lan­de. Die rest­li­chen Umstände haben zusätz­lich noch dazu bei­getra­gen das Land zu ver­las­sen und mei­nen Arbeitseinsatz sowie mei­ne Höflichkeit woan­ders fruch­ten zu lassen. 

    Euch noch viel Glück!

  6. Für mich – die alters­mä­ßig ja jetzt zu den Unsichtbaren gehört, hur­ra! – geht es bei all die­sen Aktionen dar­um, deut­lich zu machen, dass vie­le Frauen Grenzüberschreitungen durch Männer erle­ben. Dazu gehört für mich auch, dass Männer Dinge kom­men­tie­ren, wer­ten usw., die sie über­haupt nichts ange­hen, weil sie in die Privatsphäre des Gegenübers gehö­ren. Was habe ich da als jun­ge Frau alles abbe­kom­men! Und immer ging es dar­um, dass das männ­li­che gegen­über sei­ne Überlegenheit, Macht, Kraft zei­gen muss­te, um der Frau den ihr zuste­hen­den Platz zu zei­gen: Der Mensch und sein Weib…
    Dass Frauen die ande­re Hälfte des Himmels sind, wer­den wohl auch mei­ne Enkelinnen nicht erle­ben, wenn ich so mit­be­kom­me, was zur Zeit wie­der mal ans Tageslicht kommt.
    Schönheit bewun­dern – egal ob bei Frau oder Mann – ist für mich kei­ne Überschreitung der unsicht­ba­ren Grenze, die jeder Mensch um sich hat. Oft geht es aber auch gar nicht um die Schönheit, son­dern die Sexualisierung weib­li­cher Körper in teil­wei­se nicht nach­voll­zieh­ba­ren Zusammenhängen.
    Bon week-end!

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