Justin Trudeau hätte fast sein Amt als kanadischer Premier verloren. Als ich hörte, wie harsch er für eine bei uns jederzeit als karnevalistisch durchgehende Kostümierung kritisiert wurde, genauer gesagt, für ein schwarz geschminkten Gesicht, war ich einigermaßen platt.
Danach las ich, dass es in Amerika (nicht nur den USA) als in hohem Maße rassistisch gilt, wenn „man“ sich als Weißer schwarz anmalt oder rot, etwa um Indianer zu spielen. Schwer zu glauben, scheint aber so zu sein.
Bei uns ist die Empörungsmaschine Internet voll drauf eingestiegen.
Nun verstand ich endlich, weshalb ich schon als Rassist (wahlweise als Antisemit) beschimpft wurde. Schließlich war ich lieber Indianer als Cowboy und viel später hab ich Xavier Naidoo verteidigt. Xavier darf nicht mehr Antisemit genannt werden, um mich hat sich wieder keiner gekümmert.
Derlei Scharmützel dienen allen, die sich an einer angeblich grassierenden political correctness reiben. Manchmal denke ich auch, dass sie einen unheilvollen Einfluss auf unsere Diskussionskultur hat. Dann wieder…
Man muss schon besonders sein, um geschminkte Gesichter zu Karneval oder Halloween als rassistisch zu verurteilen? Ich habe davon gehört, dass der US-Film „Vom Winde verweht“ in manchen US-Kinos nicht mehr gezeigt wird, weil er rassistische Element enthält. Was soll man von einem Land erwarten, in dem ein Schauspieler wie Kevin Spacey aus einem Film herausgeschnitten wurde, weil er sich angeblich jungen Männern unsittlich genähert hätte. Andere Länder, andere Sitten. Amis halt.
Der kanadische Premierminister Justin Trudeau wurde mit 18 Jahren Verspätung dabei erwischt, dass er während seiner Studentenzeit einmal mit Turban und dunkler Schminke als Aladdin verkleidet bei einem Kostümfest aufgetaucht war. Er hat sich jetzt tausendmal entschuldigt, trotzdem hätte ihn der Vorgang fast die Wiederwahl gekostet.
Die neuen Puritaner von links: Wenn selbst der Barkeeper zum Feind wird – FOCUS Online
Jan Fleischhauer grämt sich sehr über das Thema deutsche politische Korrektheit und schreibt die Urheberschaft dieser sinnlosen Übertreibung allein „den“ Linken zu. Blöd nur, dass er bedeutendere Gründe für Trudeaus Beinahescheitern wohl aus Gründen übersehen hatte. Das kann im Gefecht über die einzig wahre Wahrheit schon mal passieren, nicht wahr?
Das passt ganz zu dem, was wir in Qualitätsmedien wie Twitter und Facebook ständig darüber lesen können – bevorzugt von AfD-Fans oder den Parteifunktionären selbst.
Jeder muss selbst entscheiden, ob er ganz ohne den Mühlstein der politischen Korrektheit besser dran wäre.
Bei Alice Weidel beispielsweise könnten sich inzwischen Zweifel eingestellt haben. Auch für Bernd Höcke ist die politische Korrektheit eher so was wie eine Fata Morgana, jedenfalls wenn es um die Art und Weise geht, wie er sich über diejenigen äußert, die er und die seinen zum politischen Establishment zählt.
Inzwischen werden viele eingesehen haben, dass die Etablierung der politischen Korrektheit doch etwas dazu beitragen kann, dass die zivilisatorische Firnis nicht noch schneller reißt, als es ohnehin schon der Fall ist.
Mit seiner unzutreffenden Beschreibung zum Beinahe – Fall Trudeaus hat Fleischhauer ein schönes Beispiel dafür geliefert, wie weit Rechte gehen, um Recht zu haben.
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