Es wirkte im Kampf gegen das Virus längere Zeit hindurch wie ein gelungenes Ablenkungsmanöver, wenn die deutschen Medien oder Virologen und Politiker davon sprachen, wie gut wir Deutsche durch die Corona-Pandemie gekommen wären. Dabei hatten sie ihre Vergleiche parat. Wie es sich gehört.
Maßstäbe verruschten
Die „Südländer“ erhielten weniger Kritik. Vermutlich aber nur, weil die Bilder so schockierend waren. Bei den Schweden war das schon ganz anders. Die hatten unsere Medien von Beginn an auf dem Kieker. Von den USA braucht man da nicht mehr zu sprechen.
Inzwischen wissen wir es besser. Den Frust und die großen Probleme teilen wir uns mit allen anderen. Dass es nicht alle zu jeder Zeit in gleichem Maße trifft, kann kein Trost sein. Es infizieren sich zu viele Menschen. Die Folgen sind volle Intensivstationen und danach hohe Todeszahlen. Auch am deutschen Gesundheitswesen will die Welt nicht so recht genesen.
Das Virus entlarvt die Dummen
Ich bin längst so verunsichert, dass ich mich frage, ob Corona-Verweigerer/Leugner, Quertreiber und die AfD nebst braunem Anhang einen relevanten Beitrag zur schaurigen Entwicklung der Infektionen geleistet haben oder es nicht das nachlässige Verhalten der Vielen ist, die einfach keinen Bock mehr auf Vorsicht und Rücksicht haben.
Heute las ich bei Telepolis den Artikel eines Prof. Dr. Christian Kreiß. Auch so ein Vogel, der sich unter die Quertreiber gemischt hat. Gleich, als ich den Namen dieses Autors las, dachte ich: Den kenn ich doch! Und tatsächlich, er ist bekennender Querdenker. Einer von denen, von denen man meinen möchte, dass er aufgrund seines Bildungsstandes mehr drauf haben sollte. Aber er beweist auch mit diesem Artikel (neben anderen, die er für „alternative Medien“ wie den schweizerischen Rubikon raushaut), dass er es mit Fakten nicht so hat.
Schweden und die Schweiz – die ganze Pracht
Er sagt in seinem Artikel, wie toll die Schweden Corona bisher gemanagt hätten. Er führt Sterblichkeitsraten in Schweden in seine Argumentation ein. Außerdem schwärmt er davon, dass die Schweden wirtschaftlich viel besser durch diese schwere Krise kämen als Deutschland. Allein, dass Kreiß solche Rechnungen aufmacht, bevor diese Pandemie auch nur halbwegs im Griff ist, zeigt, wes Geistes Kind dieser Mann ist.
Im Vergleich der Sterblichkeitsrate hat der Mann einen kleinen Ausschnitt der letzten 3 Jahre ausgewählt. Er kommt zu merkwürdigen Schlussfolgerungen, die anhand einer etwas längerfristigen Betrachtung der Sterblichkeitsraten in Schweden in einem anderen Licht erscheinen. Unter den Lesern von „Telepolis“ gibt es einige, die Kreiß Aussagen in Zweifel ziehen bzw. die Daten liefern, die seine Schwärmerei über den schwedischen Sonderweg speziell erscheinen lassen.
Zusätzlich habe ich eine Ausgleichsgerade mit Fehlerbalken eingezeichnet, seine Schlüsse kann glaube ich jeder selbst daraus ziehen. Die Abwärtsneigung erkläre ich mir daraus, daß Schwedens Bevölkerung zum großen Teil durch Einwanderung gewachsen ist, und Einwanderer sind meistens jung.
Meine Auswertung der Sterbezahlen | Forum – heise online
Abgesehen davon, dass solche Vergleiche nicht helfen und wir besser – vor allem auch innerhalb der EU – zusammenarbeiten sollten, geht mir die Berichterstattung der deutschen Medien auf die Nerven. Es geht nicht darum, welches Land die Corona-Krise am besten bewältigt (mit möglichst wenig Auswirkung auf die Wirtschaftsleistung).
Besser schützen oder besser laufen lassen?
Es geht doch darum, ob und wie wir all die Menschen besser schützen können, die vor allem durch dieses Virus bedroht sind. Aber diese Unterstellung trägt für meine Begriffe schon gar nicht mehr. Es wird immer klarer, dass eine große Zahl von jungen und jüngeren Leuten ihre Ansprüche in immer rücksichtsloserer Weise ausleben. Abgesehen davon, dass wir dafür mitverantwortlich sind (unsere Erziehung!), das Gerede von den Schulden, die die nachfolgenden Generationen zu tragen hätten, kommt mir an den Ohren heraus. Was würde bitte passieren, wenn wir nicht so reagieren würden, wie es unsere Regierung versucht, sondern stattdessen, alles so laufen ließen?
Könnten die „nachfolgenden Generationen“ das nötige Wiederaufbauprogramm meistern? Wie sähen beispielsweise die Folgen für Wirtschaft, Arbeitslosenzahlen oder Infrastruktur aus, wenn die Neuverschuldung ausbliebe?
Es ist unfair, die Jugend über einen Kamm zu scheren. Was man allerdings manchmal von jungen Leuten zu hören und zu lesen bekommt, wird nicht nur mich erschauern lassen.
Nur Widerspruch – egal, was gesagt wird
All die Widersprüche, mit denen wir während der Pandemie schon konfrontiert wurden, vergrößern nur die Unsicherheit, die ohnehin groß genug ist. Da sagen, welche Masken bringen nichts (die Schweden tragen auch keine!), andere versuchen zu belegen, dass die Lockdowns (auch die ganz harten) eigentlich keine Wirkung gezeigt hätten. Dass es umgekehrt auch diejenigen gibt, die das exakte Gegenteil behaupten, erwähne ich nur der Vollständigkeit halber.
Wenn es nach mir ginge, sollte ein harter Lockdown mit sofortiger Wirkung verhängt werden. Je früher wir damit beginnen, desto schneller können dann die, die gern auf Lockerungen drängen, diese durchsetzen und wir kommen auf diese Art und Weise viel schneller zum Ziel. Also zum nächsten Lockdown.
Hoffentlich klappt das mit den Impfungen.
Och, guck ma: Link: Korrektur zum Telepolis-Artikel „Der schwedische Corona-Weg: Erfolg oder Misserfolg?“ | Telepolis
Heute fiel mir ein Vergleich ein:
Die ältesten Söhne mütterlicherseits und väterlicherseits mussten in den Krieg.
Zunächst, SO DENKE ICH MIR, hörte man nichts von Opfern. KEINER kannte eine Familie, deren Sohn gefallen war. Keiner.
Also war da nichts.
Plötzlich aber kamen Plaketten zurück – von manchen nicht einmal das. Nur die schnöde Nachricht.
Inzwischen sollten alle kapiert haben, was läuft und wie schlimm es ist.