Obdachlos
Obdachlos

Obdachlose Frauen

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„Der Wert einer Gesellschaft zeigt sich dar­an, wie sie mit den Schwächsten ihrer Glieder umgeht.” Der Satz wird unse­rem ehe­ma­li­gen Bundespräsidenten Gustav Heinemann zuge­schrie­ben. Welches sind die schwächs­ten Glieder unse­rer Gesellschaft? Sind es die Jüngsten, die Alten, die Kranken, die Obdachlosen, die Geflüchteten oder die Arbeitslosen?

Betroffenheit hilft nicht weiter

Wahrscheinlich geht es mir wie vie­len ande­ren. Ich bin von der schie­ren Menge schlim­mer Schicksale sicher schon abge­stumpft. Die Medien lie­fern die Bilder und Geschichten. Es wer­den jähr­lich Pressefotografen für ihre Fotos aus­ge­zeich­net. Meist sind es natür­lich sehr ein­drucks­vol­le aber oft auch beklem­men­de Bilder, die wir auch nach Jahrzehnten wie­der­erken­nen, sobald sie am Bildschirm erscheinen. 

Link: Archive | World Press Photo

Es ist leicht nach­zu­voll­zie­hen, war­um Bilder mehr als tau­send Worte sagen. Dass in die­ser Welt, in der die meis­ten Menschen das längst wis­sen, Abwehrreaktionen ent­stan­den sind und zu die­sem Zweck mit Unterstellungen und gewis­ser­ma­ßen „Gegenpropaganda” gear­bei­tet wird, ist eine trau­ri­ge Tatsache. Nicht der betrof­fe­ne Mensch ist wich­tig, son­dern die Absicht, die mit dem Foto ver­bun­den wird. Ob es zutrifft oder nicht. Der Wert eines Bildes steht längst infrage. 

Wir erin­nern uns noch, als über­all auf der Welt das Foto des im Mittelmeer ertrun­ke­nen Flüchtlingskindes Aylan Kurdi gezeigt wur­de und wel­che Reaktionen dadurch aus­ge­löst wurden. 

Obdachlosigkeit

Ich habe hier schon erzählt, dass mir am Beispiel der Stadt Köln auf­ge­fal­len ist, wie die Zahl der Obdachlosen sicht­bar zuge­nom­men hat­te. Wir hat­ten eini­ge Jahre hin­durch ein Abo des „Theaters am Dom” und fuh­ren des­halb zu ver­schie­de­nen Jahreszeiten am spä­ten Abend durch Teile der Stadt. Weil wir uns mit dem Fahren abge­wech­selt haben, ent­ging es mir nicht, wie sich das Stadtbild im Lauf der Jahre ver­än­dert hat. Es waren – so schien es mir – deut­lich mehr Obdachlose zu sehen. Ich fand das bedrü­ckend. Ich neh­me an, dass sich allein auf­grund der Wohnungsnot in Großstädten die­se Situation auch an vie­len ande­ren Orten findet.

Im WDR – Fernsehen habe ich in die­ser Woche den Beitrag „Weiblich, obdach­los, unsicht­bar: Frauen zwi­schen Straße und Notunterkunft” gese­hen. Die Zahl obdach­lo­ser Frauen ist in Köln fast eben­so hoch wie die der Männer. 45 % der Obdachlosen sind Frauen. Schlimm ist die Verschärfung, die mit Corona ein­ge­tre­ten ist. Die von den Städten bereit gestell­ten Quartiere kön­nen auf­grund der Infektionsgefahr nicht in dem Maße genutzt wer­den, wie das nor­ma­ler­wei­se der Fall wäre. 

Link zum Video in der WDR Mediathek:
Weiblich, obdach­los, unsicht­bar: Frauen zwi­schen Straße und Notunterkunft

Deutschland geht es gut ??

Mir fällt zu sol­chen Berichten immer gleich der Spruch der CDU ein: „Deutschland geht es gut”. Beim Land trifft das zu. Es kann sich momen­tan spott­bil­lig refi­nan­zie­ren und ein Ende die­ser EZB-​Politik ist nicht in Sicht. Dass es aber Menschen in Deutschland gibt, denen so ein Spruch wie Hohn klingt, kön­nen wahr­schein­lich vie­le Bürger:innen nach­voll­zie­hen. Im euro­päi­schen Vergleich steht der „gemei­ne Deutsche” nicht gut da. Sowohl beim Renteneintrittsalter als auch bei der Rentenhöhe lie­gen wir weit hin­ten. Ebenso beim Wohneigentum oder bei Aktienkapital. Dazu passt es (sic?), dass Deutschland bei Steuern und Abgaben gleich hin­ter Belgien auf dem 2. Platz liegt. 

Dass ange­sichts die­ser Ausgangslage so wenig gegen Obdachlosigkeit unter­nom­men wird, ist ein Skandal. Schließlich könn­te der Staat, wie er in der Corona-​Krise beweist, viel mehr tun, wenn es poli­tisch gewollt wäre. Stattdessen lässt er es zu, dass Menschen wie die im Film beschrie­be­nen, in unwür­digs­ten Verhältnissen leben müssen. 

Da kom­me ich wie­der zu den Bildern, über die ich ein­gangs sprach. Das Elend der Obdachlosen lässt sich nicht gut ein­fan­gen. Da schei­tern wahr­schein­lich sogar die bes­ten Fotografen. Oder sie betrach­ten die Menschen als Element von Streetart Projekten. Das ist ein biss­chen heftig. 

Obdachlosigkeit ist bru­tal und unwür­dig. Wie schlimm Obdachlosigkeit ist und wie sich die Betroffenen füh­len, zei­gen die drei im Film gezeig­ten Geschichten. Und zwar selbst dann, wenn sie, was hof­fent­lich nicht nur aus­nahms­wei­se der Fall ist, den Weg zu ein ande­res, bes­se­res Leben schaffen.


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