Opfer des Nationalsozialismus – ein Gedenktag

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Heu­te ist der „Tag des Geden­kens an die Opfer des Natio­nal­so­zia­lis­mus“. Die offi­zi­el­len Stel­len geden­ken. Aber wie ver­fängt das seit 1996 prak­ti­zier­te Geden­ken in unse­rer Gesell­schaft? Erreicht es die Deutschen? 

Der Tag des Geden­kens an die Opfer des Natio­nal­so­zia­lis­mus erin­nert an alle Opfer eines bei­spiel­lo­sen tota­li­tä­ren Regimes wäh­rend der Zeit des Natio­nal­so­zia­lis­mus: „Wir geden­ken der Ent­rech­te­ten, Gequäl­ten und Ermor­de­ten: der euro­päi­schen Juden, der Sin­ti und Roma, der Zeu­gen Jeho­vas, der Mil­lio­nen ver­schlepp­ter Sla­wen, der … Zwangs­ar­bei­ter, der Homo­se­xu­el­len, der poli­ti­schen Gefan­ge­nen, der Kran­ken und Behin­der­ten, all derer, die die natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Ideo­lo­gie zu Fein­den erklärt und ver­folgt hat­te. Wir erin­nern … auch an die­je­ni­gen, die mutig Wider­stand leis­te­ten oder ande­ren Schutz und Hil­fe gewährten.“

Quel­le: Wikipedia

In den letz­ten Tagen gab es bei ARD und ZDF viel Stoff zum Nach­den­ken. Die Zeit habe ich mir genom­men. Der 30. Janu­ar 1933 war der Monat der Ernen­nung Hit­lers zum Reichs­kanz­ler. Die wei­te­ren Schrit­te der Natio­nal­so­zia­lis­ten folg­ten in einer atem­be­rau­ben­den Schnel­lig­keit, Prä­zi­si­on und Brutalität.

Viele Dokumentationen, viel Wissen 

Nicht immer war mir klar wie erschre­ckend hoch die akti­ve Betei­li­gung der Deut­schen in jener Zeit an der Errich­tung des tota­li­tä­ren Unrechts­staa­tes war, das wie vie­les damals – pathe­tisch über­höht – als „Drit­tes Reich“ bezeich­net wurde. 

Ich kann mir noch so oft vor Augen füh­ren, wie groß die Not gewe­sen sein muss, die der 1. Welt­krieg und die fol­gen­den Wirt­schafts­kri­sen durch Arbeits­lo­sig­keit, Hun­ger und Gewalt auf den Stra­ßen mit sich brach­ten, ein Ver­ständ­nis für die men­schen­ver­ach­ten­de Aus­gren­zungs­po­li­tik der Natio­nal­so­zia­lis­ten stellt sich nicht ein. 

Anfällig für Ausgrenzung

Eine ehr­li­che Betrach­tung des eige­nen Ver­hal­tens wird bei den meis­ten erge­ben, dass wir Men­schen anfäl­lig dafür sind, ande­ren die Schuld für unser eige­nes Unglück zu geben. Ich fürch­te, es ist eine mensch­li­che Eigen­schaft, die in uns steckt und der wir nur mit unse­rem Ver­stand wirk­sam begeg­nen kön­nen. Dazu ist es hilf­reich, die Din­ge beim Namen zu nen­nen und nicht so zu tun, als hät­te es damals nicht die­se Unmen­gen von Mit­läu­fern und Mit­tä­tern gegeben. 

Es gibt wei­te­re Grün­de, wes­halb sich Grup­pen von Men­schen gegen ande­re auf­brin­gen las­sen. Dazu zählt feh­len­de Bil­dung eben­so wie sozia­le Ungleich­heit (in die­ser Zeit Armut und Hun­ger). Sol­che Fak­to­ren tru­gen mut­maß­lich eben­falls dazu bei, dass vie­le Men­schen vor allem nach Hit­lers Macht­er­grei­fung zu Mil­lio­nen Mit­glied der NSDAP wer­den woll­ten. Die Rat­ten­fän­ger hat­ten so gese­hen leich­tes Spiel.

Wie mit all den Men­schen umge­gan­gen wur­de, die nicht den „Prin­zi­pi­en“ der neu­en Macht­ha­ber ent­spra­chen, war ent­setz­lich und beschäf­tigt berech­tig­ter­wei­se die His­to­ri­ker bis heute. 

Mar­got Friedländer

Ich gehö­re nicht zu den­je­ni­gen, die mit dem Kapi­tel Natio­nal­so­zia­lis­mus abschlie­ßen oder weni­ger mit Gedenk­ta­gen oder Doku­men­ta­tio­nen kon­fron­tiert wer­den möchten. 

Ohne­hin ist es so, dass die Zeit­zeu­gen nach und nach ver­stum­men. Nichts wird sie erset­zen kön­nen. Es ist des­halb nötig, sich even­tu­ell feh­len­de Infor­ma­tio­nen pro­ak­tiv zu beschaf­fen. Die Quel­len sind so zahl­reich, dass Aus­re­den nicht ver­fan­gen. Das Inter­es­se an der Geschich­te muss wach­ge­hal­ten werden. 

Quellen

Wir wer­den dar­auf ange­wie­sen sein, uns die Gefüh­le, das Wis­sen um die Unmensch­lich­keit unse­rer Vor­fah­ren aus Geschichts­un­ter­richt, Büchern, Doku­men­ta­tio­nen und Fil­me gewis­ser­ma­ßen zu erarbeiten. 

Wer auto­bio­gra­fi­sche Wer­ke die­ser Zeit gele­sen (und sei­en es nur Gedich­te oder Frag­men­te) oder Fil­me über die grau­en­haf­te Pha­se unse­rer Geschich­te gese­hen hat, die die Schreie nach Mensch­lich­keit in die­ser furcht­ba­ren Zeit hör- und viel­leicht sicht­bar machen, wird – vor­aus­ge­setzt die­se Töne fin­den ein indiv­du­el­les, emo­tio­na­les Echo -, anders mit dem heu­te Unvor­stell­ba­ren umge­hen und (hof­fent­lich) die gebo­te­nen Leh­ren ziehen.

Kriege und zivilisatorische Brüche auch im 21. Jahrhundert

Wahr­schein­lich wer­de ich wenig Wider­spruch ern­ten, wenn ich behaup­te, dass sich die wenigs­ten von uns hät­ten vor­stel­len kön­nen, dass wir in Euro­pa je wie­der einen gro­ßen Krieg erle­ben wer­den. Ja, es gab die Bal­kan­krie­ge. Aber die Dimen­sio­nen sind unvergleichbar. 

Eben­so hal­te ich es für denk­bar, dass wie­der gan­ze Men­schen­grup­pen an den Rand unse­rer Gesell­schaf­ten gedrängt wer­den. Soll­ten rechts­extre­me poli­ti­sche Par­tei­en durch demo­kra­ti­sche Wah­len an die Macht kom­men (Frank­reich) und die poli­ti­schen Akteu­re ihre Dro­hun­gen gegen gro­ße Bevöl­ke­rungs­grup­pen auch nur in Ansät­zen rea­li­sie­ren, könn­te das woan­ders Schu­le machen. Wie weit wäre ein sol­ches Sze­na­ri­um ggf. noch von dem Grau­en der NS-Zeit entfernt? 

Es gibt die­sen immer wie­der bemüh­ten Satz, dass die Fir­nis unse­rer Zivi­li­sa­ti­on dünn sei. Dage­gen stellt der Mensch die Hoff­nung, dass sei­ne Spe­zi­es lern­be­reit und ‑fähig sei. Schau­en wir heu­te in die Ukrai­ne und in die vie­len ande­ren Kri­sen­ge­bie­te auf unse­rer Erde, in denen Men­schen gequält und getö­tet wer­den, sind Zwei­fel dar­an sehr nachvollziehbar.

Es ist gut, wenn wir Gedenk­ta­ge wie den heu­ti­gen begehen. 

Info: Opfer des Natio­nal­so­zia­lis­mus, BPB

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

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