Ich fand das Lieferkettengesetz eine echt gute Sache. Dass sich die EU dieser Idee nun auch „bemächtigte“ umso mehr, als die Idee damit erst die richtige Durchschlagskraft erhält. Jedenfalls, wenn es nicht die FDP in dieser fulminanten Fortschrittskoalition gäbe.
Die positiven Aspekte hinter dem Lieferkettengesetz werden mir auch diejenigen nicht ins Negative verkehren, die jetzt mit dem fadenscheinigen Argument operieren, unseren Unternehmen nicht noch mehr bürokratischen Aufwand zumuten zu wollen.
Ein wesentlicher Unterschied zwischen der deutschen und der vermutlich scheiternden europäischen Version ist, dass die Auflage erst für Unternehmen mit mehr als 3000 Mitarbeitenden gilt, die europäische Version jedoch bereits für Firmen ab 1000 Mitarbeitenden. Allerdings liegt der Teufel wieder mal im Detail. Dazu empfehle ich, sich den Beitrag der Unternehmerin, Frau Martina Nighswonger, bei „Markus Lanz“ von gestern anzuschauen.
Ein Lieferkettengesetz soll einen rechtlichen Rahmen schaffen, um den Schutz der Umwelt, Menschen- und Kinderrechte entlang globaler Lieferketten zu verbessern. Unternehmen, die im Ausland Vorleistungsgüter oder Fertigerzeugnisse beschaffen, müssen Verantwortung übernehmen für Produktionsverfahren und Arbeitsbedingungen bei ihren Zulieferern, Missstände zurückverfolgen und diese von vornherein oder ab Kenntniserlangung vermeiden oder abstellen. Quelle: Wikipedia
Weil ich ja inzwischen nichts mehr mit derartigen staatlichen Auflagen zu tun habe (das war noch vor 8 Jahren etwas anders – Stichwort: Rente), lehne ich mich zurück und warte ab, was geschieht. Ich hoffe im Interesse von Menschen, die nicht in vergleichsweise privilegierten Regionen der Erde leben, dass die Grundlagen des Gesetzes auch auf EU-Ebene auf eine vernünftige Art und Weise erhalten bleiben und schlussendlich noch die Zustimmung der deutschen Regierung erhalten.
Für die FDP bleibt ein solcher Schabernack eine Möglichkeit, sich in dieser äußerst schwachen Regierung zu profilieren. Wo auch immer. Mit dem Argument, Bürokratie abbauen zu wollen, kann man viel Unheil anrichten. Davon bin ich überzeugt. Und weil der Deutsche gemeinhin immer sehr gründlich, dafür allerdings wenig nachhaltig mit den gewonnenen Erkenntnissen umgeht, fürchte ich mehr solcher Beispiele.
Da fällt mir übrigens ein Beispiel ein, was solche allgemeinen Bestrebungen nach weniger Bürokratie für ein Unheil anrichten können. Ich muss aufpassen, denn ich bin natürlich nicht gegen weniger Bürokratie. Im Gegenteil. Aber – wie gesagt – der Deutsche neigt zu Übertreibungen, sofern er irgendwann einmal Ernst macht.
Sehen wir uns die türkischen Regionen an, in denen vor einem Jahr das verheerende Erdbeben stattgefunden hat, mit tausenden von Toten. Dort, so wird kolportiert, sind Bauvorschriften in großer Anzahl nicht eingehalten worden. Der Staat hat zwar keinen Bürokratieabbau betrieben, aber ich sehe doch Zusammenhänge. Wären die Bauauflagen (sie entsprechen dem, was wir unter Bürokratie verstehen, glaube ich) mit Druck in diesen Gebieten berücksichtigt worden, wäre die Lage dort nicht so schrecklich, wie sie auch ein Jahr nach dem Unglück immer noch ist.
Erdoğans Regierung scheint sich, wenn man den Berichten glauben darf, nicht um die Menschen dort zu scheren. Manche werden jetzt schulterzuckend anmerken, dass es ja auch im Ahrtal und in anderen von der Flutkatastrophe betroffenen Regionen einfach alles viel zu lange gedauert hätte und so weiter. Ja, das stimmt. Aber wie viel schlimmer ist es in der Region, die in der Türkei und Syrien vom Erdbeben betroffen war?
Keine falschen Vergleiche. Ok! Mein Punkt ist hoffentlich deutlich geworden. Bürokratieabbau ja bitte. Aber bitte, schütten wir nicht das Kind mit dem Bad aus. Auch diese Diskussion hat sicher ein hohes Streitpotenzial.
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