Bloggen

Gedanken über Gesellschaft, Blogging und Verantwortung

Persönliches zu aktuellen politischen, gesellschaftlichen und blogging-bezogenen Themen, von Klimaschutz bis Lebenssinn.

Avatar von Horst Schulte

von Horst Schulte

4 Kommentare

5 Min. Lesezeit

a modern and minimalist design with a re GrgZ3SCATCuX1rVZq4HJDQ lbgCqjcnSayW6qHnnCK34w

In irgendeinem Newsletter von heute wurde die Frage aufgeworfen, weshalb Habeck sich im Wahlkampf überwiegend mit sozialer Gerechtigkeit statt mit „seinem Thema“, dem Klimaschutz, befasst. Die Schwerpunktsetzung sei eigenartig, hieß es.

Beim WDR lief wieder so ein NUHR – Clip. Gelegentlich höre ich mir die an und muss etwas verwundert feststellen, dass ich offenbar dabei bin, meinen Humor zu verlieren.

Das hätte ich nie für möglich gehalten und ich hoffe immer noch, dass dieser Eindruck nur mit der Qualität der Darbietung unserer sogenannten Comedians zu tun hat und nichts mit mir. Wirklich schwach, Herr Nuhr.

background removed image rdSspCgvRweo3w fXHSAKQ
background removed image rdSspCgvRweo3w fXHSAKQ

Sascha Lobo meinte diese Woche bei „Markus Lanz“, die Grünen schafften es, sich in wichtigen Phasen so einen Veggie Day vor die Füße zu werfen. Das fand ich witzig, aber es hat auch einen wahren Kern. Habeck war auf einem guten Weg. Die positive Entwicklung der Umfragen könnte damit dahin sein. Dabei ist die Frage der Abgaben für Kapitalerträge eine, die seit Jahren nicht fair geregelt ist. Aber ich will nicht schon wieder damit anfangen.

Ich blogge in letzter Zeit ziemlich viel. Im letzten Jahr habe ich über 350 Artikel gepostet, in 2023 waren es 300 und davor deutlich weniger. Die Breite der von mir behandelten Themen ist überschaubar. Politik, Medien und Gesellschaft geben viel mehr her. Ich brauche Anlässe, die mich zum Schreiben animieren. Natürlich sind es in erster Linie solche, über die ich mich aufregen kann. Mein Verhalten entspricht dem eines durchschnittlichen X-Users. Mit anderen Worten: Randale ist erwünscht und wird als Antrieb gebraucht?!

Wenn ich wenigstens in der Lage wäre, die jeweilige Handlungsweise unserer Regierung oder Medienschaffenden nachzuvollziehen, halbwegs zu verstehen und wünschenswerter Weise daraus abzuleiten, wie es anders, besser gemacht werden könnte. Das wäre schon beinahe das Optimum, das ich mir als Blogger von meinen Artikeln wünschte. Stattdessen bleibe ich in irgendwelchen verdrucksten, beleidigten Attitüden stecken. Mein einziger Trost? Ich bin nicht verantwortlich. Aber das stimmt auch nicht ganz, denn wenn ich im Blog ein, zwei oder drei Fotos gepostet habe und dafür abgemahnt wurde, habe ich die Strafe ja bezahlt.

Ich habe häufiger darüber nachgedacht, ob ich hier Schluss machen und meine URL’s sowie den allinkl – Account kündigen sollte. Ich könnte ja kostenlos bei WordPress oder einer anderen Plattform weitermachen, wieder ganz von vorn beginnen. Das mit dem „Vonvornanfangen“ habe ich ja nun schon einigermaßen oft durch. Ein halbes Dutzend Neuanfänge könnten es seit 2004 schon gewesen sein.

Immer hatte ich die Themen am Wickel, die aktuell, brisant oder beides waren. Einen Antrieb aus mir heraus gab es selten. Ich könnte übers Fotografieren schreiben und meine mittelmäßigen Ergebnisse in dieser Disziplin ausstellen. Zum Thema Blogdesign, für das ich mich sehr interessiere, hätte ich etwas mehr posten können. Aber ehrlich, dafür sind meine Fähigkeiten zu überschaubar. In beiden Fällen fühle ich mich besser, wenn ich diese Dinge den Könnern überlasse oder denen, die sich dafür halten.

Reisen ist nicht unser Ding. Überhaupt, als Rentner fühlen wir uns in unseren vier Wänden ausgesprochen wohl. Wir leben unser Leben und sind ehrlich dankbar dafür, dass wir uns haben. Wir verstehen uns prächtig und steuern geradewegs auf unseren 50. Hochzeitstag zu. Eine glückliche Ehe? Absolut. Wir sind gesund und wünschen uns, dass das vorläufig so bleiben wird. Für die Jüngeren: Mit 70/71 kann man das Leben genießen, obwohl man realisiert, dass der Begriff Endlichkeit eine immer konkretere Bedeutung erlangt.

Ich verstehe die Beweggründe von Hennig, Claudia und gewiss vielen anderen Bloggerinnen und Bloggern, die ein wenig die Bremse reingehauen haben. Die Lage unserer Gesellschaften ist unübersichtlich und ungewiss. Das macht den Menschen Sorgen. Mein Eindruck ist: In Deutschland grassiert die Angst. Andere Völker scheinen über bessere Bewältigungsstrategien zu verfügen als wir. Vielleicht besteht diese auch „nur“ in einer optimistischen Grundeinstellung. Das war „unser“ Ding, glaube ich, noch nie. Wir lassen uns schnell hängen. Was einerseits mit unserer Demografie zu tun haben könnte, andererseits auch mit unserer Wohlstandsverwahrlosung. So würde die FDP sagen. Dabei dürfte es für Menschen schon immer schwierig gewesen sein, erworbenen relativen Wohlstand auch perspektivisch zu verlieren.

Wir wissen, dass Menschen dazu neigen, Verantwortung zu delegieren. Man sucht sich Schuldige, auf die man schimpfen kann und die man für das eigene Ungemach lautstark zur Verantwortung ziehen möchte. Die Unglücke im Ahrtal, in Valencia oder Los Angeles verdeutlichen, was ich meine. Eine kollektive Verantwortung spielt eine untergeordnete Rolle, wenn überhaupt. Im Gegenteil: Die Sorge um die deutsche Wirtschaft führt dazu, dass viele Menschen sich – jedenfalls beobachte ich es so – die Klimapolitik der letzten Jahre am liebsten rückabgewickelt sehen möchten. Dass es direkte Verbindungen zu den Ereignissen gibt, die die meisten von uns (nur) am Fernsehen mitbekommen haben, wird ausgeblendet.

Es gibt Menschen, die in hoher Frequenz bloggen. Dass es darauf nicht ankommt – geschenkt. Ich mag jedenfalls, wenn ich sehe, dass unter uns Bloggern auch viele ältere Menschen sind. Wenn die allerdings, was leider vorkommt, extremistische Politik propagieren, bin ich enttäuscht. Ich frage mich dann schon mal, wie viel schlechter es diesen Leuten im Vergleich zu mir gehen muss und wie sie auf die Idee kommen, dass für all die besorgniserregenden Entwicklungen, die wir erleben, Robert Habeck, die Grünen und die Linken verantwortlich sind.

In den USA stellen für viele Konservative die liberalen Demokraten (nicht bloß die Demokraten als Partei) ein Feindbild dar, das mit Feuer und Schwert bekämpft werden muss. Das ist unheimlich und man weiß nicht so recht, wohin das noch führen kann. Ab Dienstag kommender Woche werden wir es wohl genauer erfahren.

IMG 2084

Horst Schulte

Herausgeber, Blogger, Amateurfotograf

alleiniger Autor dieses Blogs

Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Ich kann die Leute nicht ändern, aber meinen Blick auf sie.

Artikelinformationen:

Bloggen

Blogging-Reflexion, Gesellschaftskritik, Klimapolitik

Quelle Featured-Image: a modern and minimalist design with a re GrgZ3SCAT...

Letztes Update:

159 Views
Anzahl Worte im Beitrag: 988

4 Gedanken zu „Gedanken über Gesellschaft, Blogging und Verantwortung“

  1. Ein super Blogpost! Und ja, ich hab mir sogar ein Stück weit Nuhr angetan: Verdammt, was soll daran witzig sein? Ganz allgemein scheint es für Publizisten auf vielen Ebenen die beliebteste Aufgabe zu sein, alles herunter zu schreiben, nur das Negative zu sehen, selbst wenn es sich nur aus böswilligen Interpretationen herleiten lässt. Habeck, diese ehrliche Haut, sieht müde aus – kein Wunder! Ich hoffe, er gönnt sich nach der Wahl mal einen richtigen Erholungsurlaub.

    Ich denke auch öfter darüber nach, wie es den Leuten, die so absolut miesmacherisch und/oder extremistisch drauf sind, wohl persönlich so geht. Bei den Berufspublizisten ist das oft Masche, es bringt halt Klicks und Aufmerksamkeit – aber die Privatblogger und vor allem die Hater auf Social-Media, was die wohl bewegt? Echte Sorge um unseren Staat kann es jedenfalls nicht sein, sonst wären sie auch mal konstruktiv.

    Was das Blogdesign angeht, bist du übrigens ohne Frage EIN KÖNNER!!! So vielen Themes hast du schon spezifische Optiken verpasst – und vieles davon gefällt mir gut, ist besser les- und nutzbar als z.B. das altertümliche Digital Diary-Theme. Ich halte nur dran fest mit der Idee, dass es Dinge geben muss, die sich NICHT ändern… so wie das Tatort-Intro. Mehr fällt mir schon gar nicht mehr ein!

    Graturliere übrigens zur glücklichen Langzeit-Ehe! Ich bin nun auch schon im 20.Jahr mit dem (15 Jahre jüngeren) Liebsten zusammen, zwar nicht wohnend, aber zusammen gärtnernd. 🙂

    Antworten
  2. @Claudia: Dankeschön ❣️

    Der Umgang mit Personen des öffentlichen Lebens aber auch die Einstellung vieler Bürger zu unseren Institutionen ist mangelhaft. Maulen und Kritisieren ist gut. Aber die Art und Weise, in der das geschieht, ist es nicht. Wenn das dann als Meinungsfreiheit gebrandet wird, erkennen manche sicher, wohin das führen wird. Andererseits werden wir alle immer kleinlicher und wehren andere Meinungen mit fragwürdigen Mitteln ab.

    Die Umgestaltung oder Entwicklung von Themes ist für mich etwas ganz besonderes. Zwar habe ich das nie gelernt, sondern mir den Umgang damit angelesen, das hat leider aber auch seine Grenzen. Trotzdem, schön, dass du meine kleinen Erfolge erwähnst. Ich sage dir dafür vielen Dank.

    20 Jahre sind schon toll. Als ich gestern meiner Frau zum 70. gratuliert habe, haben wir über unsere ersten gemeinsamen Geburtstag gesprochen. Sie wurde 18 und ich einen Monat davor 19. Gott, waren wir jung.

    Antworten
  3. Lieber Horst,

    das ist ein sehr lesenswerter, nachdenklicher Artikel. Aber nein, du wirst bestimmt nicht aufhören mit dem Bloggen.
    Vielen Dank übrigens, dass du mich erwähnt hast. Allerdings geht mir das Bloggen momentan richtig gut von der Hand. Ich bin halt nicht mehr gelähmt durch die Facebooks und Twitters unserer Zeit.
    Ich schreibe eigentlich nur noch über das, was ich erwähnenswert finde. Das macht der Tommi Jansen bei sich jetzt auch. Vorbei all das Social Media- und suchmaschinenfreundliche Geblogge.
    Ich glaube, dass dadurch mehr in den Blogs wieder passieren wird. Und bei all den Katastrophen und all den Verrückten müssen wir da schon so etwas wie ein Gegengewicht bilden, was zwar nicht gleichwertig, aber dann vielleicht doch eher vernunftgeprägt ist.

    Antworten
  4. @Henning Uhle: Hallo Henning, schön, dass der Artikel dir gefallen hat. Danke.

    Diese Zeiten sind schwer – auch für uns Blogger. Einerseits können wir mit unseren Blogs keine gesellschaftlichen Veränderungen auslösen und andererseits kann die Behandlung der kritischen Themen die Leute sogar nerven. Nun, ich bin irgendwie mittendrin und kann mich meiner Kommentare über das Geschehen nicht einfach enthalten. Was ist schon erwähnenswert? Dass jeder die Dinge aufnimmt, für die er sich aus Gründen interessiert, ist voll ok. Aber mein Leben ist nicht so aufregend, dass ich überhaupt noch Themen finden könnte, worüber es sich vlt. zu bloggen lohnen würde. Da muss ich schon auf das zurückgreifen, was an Themen durch Politik, Medien und Gesellschaft aufgerufen wird.

    Ob eine wie auch immer geartete Rückbesinnung aufs Bloggen dabei hilft, dass wieder mehr gebloggt wird, vermag ich nicht zu beurteilen. Ich glaube eher, der Zug ist abgefahren und das liegt – wie schon immer – an den asozialen Medien. Dort passiert das Leben. Solange es uns Bloggern also nicht um Klicks und Besucher geht, ist alles ok und wir haben im Grunde alle Freiheiten, die wir nutzen können.

    Antworten

Hier kommentieren


Hier im Blog werden bei Abgabe von Kommentaren keine IP-Adressen gespeichert! Deine E-Mail-Adresse wird NIE veröffentlicht! Du kannst anonym kommentieren. Dein Name und Deine E-Mail-Adresse müssen nicht eingegeben werden.


Auto
Your Mastodon Instance
Share to...