Aufstocken statt Ausufern – Discounter zeigen, wie moderner Wohnungsbau gehen kann

Aldi und Lidl machen es vor: Wie durch Auf­sto­ckung von Super­märk­ten drin­gend benö­tig­ter Wohn­raum ent­ste­hen kann – ein Modell gegen Woh­nungs­not und Flächenfraß.

4 Minute/n


Merken

3

In unse­rem Städt­chen wur­de kürz­lich ein neu­er Lidl-Markt eröff­net. Nicht ein­fach ein Laden, son­dern ein kapi­ta­lis­ti­sches Beu­te­re­gal mit Glas­fas­sa­de – Geschmacks­sa­che, gewiss. Doch was mir beim Anblick der Bau­stel­le (und spä­ter des fer­ti­gen Baus) durch den Kopf ging, war weni­ger der archi­tek­to­ni­sche Anspruch als die ver­ta­ne Chan­ce: War­um steht die­ses Gebäu­de eigent­lich allein da? War­um nicht gleich mit Woh­nun­gen obendrauf?

TL;DR

Wäh­rend sich in unse­rer Stadt ein Lidl-Markt im neu­en Glanz zeigt und die benach­bar­te Aldi-Filia­le zur Bau­stel­le wird, offen­bart sich im Hin­ter­grund ein viel grö­ße­res The­ma: der Wohn­raum­man­gel. Dis­coun­ter wie Aldi und Lidl ent­de­cken zuneh­mend die Dächer ihrer Filia­len als wert­vol­le Flä­chen für den Woh­nungs­bau – effi­zi­ent, nach­hal­tig, über­ra­schend fort­schritt­lich. In Zei­ten, in denen der Staat sei­ne selbst gesteck­ten Zie­le regel­mä­ßig ver­fehlt, zeigt aus­ge­rech­net der Han­del, wie es anders geht. Ein Blick auf Bag­ger, Bau­plä­ne und begrün­te Dächer zwi­schen Super­markt­ein­gang und gesell­schaft­li­cher Verantwortung.

6990C503 B2EC 481E AF6C 92C16F50D100
6990C503 B2EC 481E AF6C 92C16F50D100

Kaum war der neue Lidl fer­tig, rück­ten die Bag­ger bei Aldi an – kei­ne 500 Meter ent­fernt. Auch hier: Abriss, Neu­bau, ver­mut­lich modern und effi­zi­ent. Aber auch dies­mal sieht es nicht danach aus, als wür­den Woh­nun­gen inte­griert. Dabei wäre genau das not­wen­dig: mehr Wohn­raum, weni­ger Flä­chen­ver­brauch. War­um nut­zen wir nicht kon­se­quent die Dächer sol­cher Flachbauten?

Dass es anders geht, zei­gen Aldi und Lidl längst selbst – aller­dings lei­der nicht bei uns.

Nach­hal­ti­ger Woh­nungs­bau mit Aldi Süd – Bauwende-Blog

War­um Aldi Woh­nun­gen baut – Capi​tal​.de

Bei­spiel­haf­te Pro­jek­te zei­gen, was mög­lich ist:

  • In Wes­se­ling bei Köln ent­stan­den über einer Ross­mann-Filia­le zehn Woh­nun­gen – Bau­zeit: nur 14 Monate.
  • Pforz­heim: Filia­le, Park­deck, Kita und Woh­nun­gen – in 20 Mona­ten nutzbar.
  • Wald­bronn bei Karls­ru­he: 115 Woh­nun­gen auf einem Nah­ver­sor­gungs­zen­trum – 2,5 Jah­re Bauzeit.

Lidl wie­der­um errich­tet in Ber­lin-Mahls­dorf mit Max Bögl eine Filia­le mit 26 Woh­nun­gen in Modul­bau­wei­se – in weni­ger als einem Jahr. In Mün­chen ent­ste­hen mit der Gewo­f­ag rund 100 Woh­nun­gen über einem neu­en Markt, in Frank­furt am Main sind es 40 über einer Tiefgarage.

War­um das so wich­tig ist:

Woh­nungs­not ist in Deutsch­land ein Dau­er­bren­ner – und trotz­dem schei­nen Lösun­gen wie die­se in der gro­ßen Poli­tik kaum eine Rol­le zu spie­len. Statt­des­sen wird gestrit­ten über Miet­preis­brem­sen, Ent­eig­nun­gen und Kapi­ta­lis­mus­kri­tik. Doch viel­leicht zeigt gera­de die­ses Bei­spiel, dass der Markt durch­aus Lösun­gen anbie­ten kann – wenn man ihn lässt.

Aldi und Lidl zei­gen, wie’s geht:

  • Ziel­grup­pen­ori­en­tiert, etwa für Studierende.
  • Nach­hal­tig gebaut, oft in Holz­bau­wei­se, mit Solar­an­la­gen und begrün­ten Dächern.
  • Schnell rea­li­siert, mit kla­ren Zeit­plä­nen und ver­läss­li­chen Partnern.

Dass dabei wirt­schaft­li­che Inter­es­sen eine Rol­le spie­len, ist selbst­ver­ständ­lich. Doch ange­sichts eines täg­li­chen Flä­chen­ver­brauchs von 54 Hekt­ar (Stand 2020) ist es drin­gend gebo­ten, ver­ti­kal statt hori­zon­tal zu den­ken. Die Bun­des­re­gie­rung will den Flä­chen­ver­brauch bis 2030 auf 30 Hekt­ar redu­zie­ren, bis 2050 auf net­to null. Das ist ambi­tio­niert – und notwendig.

Gera­de der klu­ge Umgang mit bereits ver­sie­gel­ten Flä­chen – etwa durch Auf­sto­ckun­gen – kann dabei hel­fen, der unheil­vol­len Ent­wick­lung einer immer wei­ter fort­schrei­ten­den Flä­chen­ver­sie­ge­lung Ein­halt zu gebie­ten. Jeder Qua­drat­me­ter Dach­flä­che, der nicht unge­nutzt bleibt, son­dern Wohn­raum bie­tet, ist ein Gewinn – für die Umwelt, für die Städ­te, für die Menschen.

Denn obwohl sich der Woh­nungs­be­stand seit 1950 ver­drei­facht hat, fehlt es wei­ter­hin an bezahl­ba­rem Wohn­raum. Die Grün­de dafür sind viel­fäl­tig: demo­gra­fi­scher Wan­del, mehr Sin­gle-Haus­hal­te, poli­ti­sche Ver­säum­nis­se. Dass das Ziel von 400.000 neu­en Woh­nun­gen pro Jahr regel­mä­ßig ver­fehlt wird, zeigt die Dringlichkeit.

Auf­sto­cken statt Aus­ufern – das wäre ech­te Bau­wen­de. Scha­de, zum Woh­nungs­bau hat Merz in sei­ner Rede kaum etwas gesagt. Außer Plat­ti­tü­den und Allgemeinplätzen.

Diesen Beitrag teilen:
0CDD5CFF 182F 485A 82C6 412F91E492D0
Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Discounter Flächenversiegelung Wohnungsbau

Quelle Featured-Image: Illustration im Ghibli-Stil: Ein LIDL-Supermarkt m...

Letztes Update:

Anzahl Wörter im Beitrag: 599
Aufgerufen gesamt: 507 mal
Aufgerufen letzte 7 Tage: 27 mal
Aufgerufen heute: 2 mal

3 Gedanken zu „Aufstocken statt Ausufern – Discounter zeigen, wie moderner Wohnungsbau gehen kann“

  1. Frau Schremp 21. Mai 2025 um 17:22

    Das wird für die brei­te Mas­se uner­reich­ba­rer u unbe­zahl­ba­rer Wohn­raum sein: pro m/​2 20 Euro, wird mit Brut­to­mie­te ver­mie­tet: knapp 1200 € für rund 48 m/​2 (+ 5 m/​2 Bal­kon), Rest Ener­gie­kos­ten und Rei­ni­gung, kein Kel­ler, Wirt­schafts­raum ca 5 m/​2 (ent­fällt also als Wohnfläche)
    Behin­der­ten­ge­recht, Ein­bau­kü­che, Fuß­bo­den­hei­zung, Wär­me­pum­pe, Solarkollektoren

  2. Frau Schremp 21. Mai 2025 um 20:51

    @Horst Schul­te Dann gibt es wohl unter­schied­li­che Model­le. Mei­ne genann­ten Zah­len wur­den mir bei einer Besich­ti­gung so auf­ge­zeigt. Neu­bau mit hier offen­sicht­lich nicht geför­der­tem Wohnraum.

Lass deinen Gedanken freien Lauf


Hier im Blog werden bei Abgabe von Kommentaren keine IP-Adressen gespeichert! Deine E-Mail-Adresse wird NIE veröffentlicht! Du kannst anonym kommentieren. Dein Name und Deine E-Mail-Adresse müssen nicht eingegeben werden.


✅ Beitrag gemerkt! Favoriten anzeigen
0
Share to...
Your Mastodon Instance