Aufstocken statt Ausufern – Discounter zeigen, wie moderner Wohnungsbau gehen kann

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In unse­rem Städtchen wur­de kürz­lich ein neu­er Lidl-​Markt eröff­net. Nicht ein­fach ein Laden, son­dern ein kapi­ta­lis­ti­sches Beuteregal mit Glasfassade – Geschmackssache, gewiss. Doch was mir beim Anblick der Baustelle (und spä­ter des fer­ti­gen Baus) durch den Kopf ging, war weni­ger der archi­tek­to­ni­sche Anspruch als die ver­ta­ne Chance: Warum steht die­ses Gebäude eigent­lich allein da? Warum nicht gleich mit Wohnungen obendrauf?

TL;DR

Während sich in unse­rer Stadt ein Lidl-​Markt im neu­en Glanz zeigt und die benach­bar­te Aldi-​Filiale zur Baustelle wird, offen­bart sich im Hintergrund ein viel grö­ße­res Thema: der Wohnraummangel. Discounter wie Aldi und Lidl ent­de­cken zuneh­mend die Dächer ihrer Filialen als wert­vol­le Flächen für den Wohnungsbau – effi­zi­ent, nach­hal­tig, über­ra­schend fort­schritt­lich. In Zeiten, in denen der Staat sei­ne selbst gesteck­ten Ziele regel­mä­ßig ver­fehlt, zeigt aus­ge­rech­net der Handel, wie es anders geht. Ein Blick auf Bagger, Baupläne und begrün­te Dächer zwi­schen Supermarkteingang und gesell­schaft­li­cher Verantwortung.

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Kaum war der neue Lidl fer­tig, rück­ten die Bagger bei Aldi an – kei­ne 500 Meter ent­fernt. Auch hier: Abriss, Neubau, ver­mut­lich modern und effi­zi­ent. Aber auch dies­mal sieht es nicht danach aus, als wür­den Wohnungen inte­griert. Dabei wäre genau das not­wen­dig: mehr Wohnraum, weni­ger Flächenverbrauch. Warum nut­zen wir nicht kon­se­quent die Dächer sol­cher Flachbauten?

Dass es anders geht, zei­gen Aldi und Lidl längst selbst – aller­dings lei­der nicht bei uns.

Nachhaltiger Wohnungsbau mit Aldi Süd – Bauwende-Blog

Warum Aldi Wohnungen baut – Capital​.de

Beispielhafte Projekte zei­gen, was mög­lich ist:

  • In Wesseling bei Köln ent­stan­den über einer Rossmann-​Filiale zehn Wohnungen – Bauzeit: nur 14 Monate.
  • Pforzheim: Filiale, Parkdeck, Kita und Wohnungen – in 20 Monaten nutzbar.
  • Waldbronn bei Karlsruhe: 115 Wohnungen auf einem Nahversorgungszentrum – 2,5 Jahre Bauzeit.

Lidl wie­der­um errich­tet in Berlin-​Mahlsdorf mit Max Bögl eine Filiale mit 26 Wohnungen in Modulbauweise – in weni­ger als einem Jahr. In München ent­ste­hen mit der Gewofag rund 100 Wohnungen über einem neu­en Markt, in Frankfurt am Main sind es 40 über einer Tiefgarage.

Warum das so wich­tig ist:

Wohnungsnot ist in Deutschland ein Dauerbrenner – und trotz­dem schei­nen Lösungen wie die­se in der gro­ßen Politik kaum eine Rolle zu spie­len. Stattdessen wird gestrit­ten über Mietpreisbremsen, Enteignungen und Kapitalismuskritik. Doch viel­leicht zeigt gera­de die­ses Beispiel, dass der Markt durch­aus Lösungen anbie­ten kann – wenn man ihn lässt.

Aldi und Lidl zei­gen, wie’s geht:

  • Zielgruppenorientiert, etwa für Studierende.
  • Nachhaltig gebaut, oft in Holzbauweise, mit Solaranlagen und begrün­ten Dächern.
  • Schnell rea­li­siert, mit kla­ren Zeitplänen und ver­läss­li­chen Partnern.

Dass dabei wirt­schaft­li­che Interessen eine Rolle spie­len, ist selbst­ver­ständ­lich. Doch ange­sichts eines täg­li­chen Flächenverbrauchs von 54 Hektar (Stand 2020) ist es drin­gend gebo­ten, ver­ti­kal statt hori­zon­tal zu den­ken. Die Bundesregierung will den Flächenverbrauch bis 2030 auf 30 Hektar redu­zie­ren, bis 2050 auf net­to null. Das ist ambi­tio­niert – und notwendig.

Gerade der klu­ge Umgang mit bereits ver­sie­gel­ten Flächen – etwa durch Aufstockungen – kann dabei hel­fen, der unheil­vol­len Entwicklung einer immer wei­ter fort­schrei­ten­den Flächenversiegelung Einhalt zu gebie­ten. Jeder Quadratmeter Dachfläche, der nicht unge­nutzt bleibt, son­dern Wohnraum bie­tet, ist ein Gewinn – für die Umwelt, für die Städte, für die Menschen.

Denn obwohl sich der Wohnungsbestand seit 1950 ver­drei­facht hat, fehlt es wei­ter­hin an bezahl­ba­rem Wohnraum. Die Gründe dafür sind viel­fäl­tig: demo­gra­fi­scher Wandel, mehr Single-​Haushalte, poli­ti­sche Versäumnisse. Dass das Ziel von 400.000 neu­en Wohnungen pro Jahr regel­mä­ßig ver­fehlt wird, zeigt die Dringlichkeit.

Aufstocken statt Ausufern – das wäre ech­te Bauwende. Schade, zum Wohnungsbau hat Merz in sei­ner Rede kaum etwas gesagt. Außer Plattitüden und Allgemeinplätzen.


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3 Gedanken zu „Aufstocken statt Ausufern – Discounter zeigen, wie moderner Wohnungsbau gehen kann“

  1. Das wird für die brei­te Masse uner­reich­ba­rer u unbe­zahl­ba­rer Wohnraum sein: pro m/​2 20 Euro, wird mit Bruttomiete ver­mie­tet: knapp 1200 € für rund 48 m/​2 (+ 5 m/​2 Balkon), Rest Energiekosten und Reinigung, kein Keller, Wirtschaftsraum ca 5 m/​2 (ent­fällt also als Wohnfläche)
    Behindertengerecht, Einbauküche, Fußbodenheizung, Wärmepumpe, Solarkollektoren

  2. @Horst Schulte Dann gibt es wohl unter­schied­li­che Modelle. Meine genann­ten Zahlen wur­den mir bei einer Besichtigung so auf­ge­zeigt. Neubau mit hier offen­sicht­lich nicht geför­der­tem Wohnraum.

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