Der Trump-Effekt – oder: Warum wir nicht aufhören können, über den Orangenen zu reden

War­um Donald Trump trotz geo­gra­fi­scher Distanz und poli­ti­scher Absur­di­tät unse­re Früh­stücks­ge­sprä­che beherrscht – eine Glos­se über media­le Fas­zi­na­ti­on und kol­lek­ti­ve Empörung.

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Es ist einer die­ser Mor­gen. Der Kaf­fee ist stark, die Nach­richt auch. Da ist er wie­der. Donald J. Trump. Wie ein schlecht abge­dreh­ter Wer­be­spot, der sich in unse­re Medi­en­land­schaft ein­ge­brannt hat – laut, über­dreht, absurd. Nur dass die­ses Mal nicht ein Müs­li bewor­ben wird, son­dern der Unter­gang. Jeden­falls der der Demokratie.

Kaum ein ande­rer Poli­ti­ker schafft es, so zuver­läs­sig und so pene­trant die Welt­öf­fent­lich­keit zu beschäf­ti­gen – und das ganz ohne Sinn und Ver­stand. Jeden­falls glau­ben das sei­ne Geg­ner. Mitt­ler­wei­le gibts es die „Ver­schwö­rungs­theo­rie“, Trumps Geba­ren sei Teil eines Plans. Man liest immer wie­der dar­über. Ob man das Fak­tum noch als Ver­schwö­rungs­theo­rie ein­ord­nen darf? Wie dem auch sei: Es wirkt so, als hät­te man einem puber­tä­ren Klas­sen­clown den Pau­sen­hof gesperrt und ihm die Laut­spre­cher­an­la­ge überlassen.

Doch war­um reden wir – also wir Deut­schen, das Land der Gar­ten­zwerg­men­ta­li­tät und TÜV-zer­ti­fi­zier­ten Empö­rung – eigent­lich so viel über ihn?

Ers­tens: Trump ist das per­fek­te Schreck­ge­spenst. Eine Art poli­ti­scher Hal­lo­ween-Kür­bis mit oran­ge­far­be­ner Haut und gel­ben Haa­ren, der täg­lich wie­der her­aus­ge­holt wird. Er ist die Ver­kör­pe­rung all des­sen, was uns Angst macht und gleich­zei­tig fas­zi­niert: feh­len­de Bil­dung mit Selbst­be­wusst­sein, Lüge mit Sen­dungs­be­wusst­sein, Macht ohne Maß.

Das lässt sich so schön ableh­nen. So mora­lisch und intel­lek­tu­ell über­le­gen empört es sich doch gleich viel bes­ser. Wir füh­len uns auf­ge­klärt, wenn wir uns über ihn auf­re­gen. Trump ist unser täg­li­cher Ablass­han­del – eine Sün­de, die wir nicht began­gen haben, aber ger­ne verteufeln.

Zwei­tens: Er lie­fert. Stän­dig. Wäh­rend ande­re Poli­ti­ker sich müh­sam um Wor­te win­den, haut er raus, was der Algo­rith­mus ver­trägt. Und weil unse­re Medi­en­welt wie ein schlecht gelaun­ter Teen­ager funk­tio­niert – stän­dig hung­rig, leicht zu trig­gern und nie satt –, wird jeder noch so absur­de Trump-Moment zum Brenn­stoff für den nächs­ten Empörungscocktail.

Drit­tens: Er wirkt glo­bal. Trump ist längst kei­ne ame­ri­ka­ni­sche Pro­vinz­pos­se mehr. Sei­ne poli­ti­schen Nach­ah­mer tum­meln sich wie schlecht kopier­te PDFs auf dem gesam­ten Glo­bus. Von Bol­so­n­a­ro bis Orbán, von John­son bis Wei­del. Man kann ihn nicht igno­rie­ren, weil sein Schat­ten bis in unse­re Bier­gär­ten reicht.

Und, ja viel­leicht, gibt es da noch einen tie­fe­ren Grund. Einen unaus­ge­spro­che­nen: Trump ist wie ein Auto­un­fall auf der Auto­bahn. Man möch­te nicht hin­se­hen. Man soll­te nicht hin­se­hen. Aber man kann nicht anders. Die Medi­en wis­sen das. Wir wis­sen das. Und er weiß es am allerbesten.

Trump ist die Kar­da­shi­an der Welt­po­li­tik: Man ver­steht nicht, war­um er da ist. Aber da ist er. Mit gol­de­ner Kra­wat­te, auf­ge­ris­se­nen Augen und einem Truth-/X‑­Ac­count. Möge er an sei­ner Wahr­heit ersticken!

Kurz­um:

Er ist da, weil DIE (oder wir?) ihn da haben wol­len. Als Reiz­fi­gur, als Spie­gel, als täg­li­che Dosis Wahn­sinn im Info­tain­ment-Kreis­lauf. Viel­leicht redet man also gar nicht nur über Trump. Viel­leicht redet man – auf eine etwas tra­gi­sche, komi­sche Art – über sich selbst.

In der gest­ri­gen Aus­ga­be von Maisch­ber­ger (20. Mai 2025) teil­te Peer Stein­brück eine per­sön­li­che Anek­do­te über sei­ne mor­gend­li­chen Gesprä­che mit sei­ner Frau bezüg­lich Donald Trump. Er berich­te­te, dass sei­ne Frau ihn fast jeden Mor­gen mit den neu­es­ten „Ver­rückt­hei­ten von Trump“ kon­fron­tie­re. Stein­brück äußer­te dabei sei­ne Genervt­heit über die stän­di­ge Prä­senz Trumps in ihren Frühstücksgesprächen. 

Die­se Bemer­kung unter­streicht, wie sehr Trumps Ver­hal­ten nicht nur die poli­ti­sche Büh­ne, son­dern auch den pri­va­ten All­tag beein­flusst. Stein­brücks Kom­men­tar spie­gelt eine weit ver­brei­te­te Frus­tra­ti­on über die anhal­ten­de Domi­nanz Trumps in den Medi­en und öffent­li­chen Dis­kus­sio­nen wider.

Für wei­te­re Ein­bli­cke in die Sen­dung und Stein­brücks Aus­sa­gen kön­nen Sie die voll­stän­di­ge Epi­so­de in der ARD-Media­thek ansehen. 

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Empörungskultur Medienlogik Trump

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3 Gedanken zu „Der Trump-Effekt – oder: Warum wir nicht aufhören können, über den Orangenen zu reden“

  1. „Trump ist die Kar­da­shi­an der Welt­po­li­tik“ fin­de ich gut. 😊

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