Eine zarte, kleine Frau mit einem großen Herzen hat uns für immer verlassen

„Gibt kein christ­li­ches, mus­li­mi­sches, jüdi­sches Blut. Nur Menschliches“

HS230625

Horst Schulte

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Am 9. Mai 2025 ist Mar­got Fried­län­der in Ber­lin gestor­ben – im hohen, fast unwirk­lich anmu­ten­den Alter von 103 Jah­ren. Die­se Frau, die mehr gese­hen und erlit­ten hat, als ein Men­schen­le­ben tra­gen soll­te, hat uns nun ver­las­sen. Und den­noch bleibt so vie­les von ihr: ihre Stim­me, ihr Lächeln, ihre Güte – und ihr uner­müd­li­cher Appell, den sie Gene­ra­tio­nen mit auf den Weg gab: „Seid Men­schen.“

Gebo­ren wur­de sie 1921 in Ber­lin-Kreuz­berg als Anni Mar­got Bend­heim. Ihre Kind­heit wur­de von der Bar­ba­rei des Natio­nal­so­zia­lis­mus zer­ris­sen. Ihre Mut­ter und ihr Bru­der wur­den in Ausch­witz ermor­det. Mar­got selbst leb­te eine Zeit lang im Unter­grund, wur­de 1944 ver­haf­tet und ins Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger The­re­si­en­stadt depor­tiert. Sie über­leb­te. Als ein­zi­ge ihrer Fami­lie. Das „Ver­su­che, dein Leben zu machen“, das ihre Mut­ter ihr vor der Depor­ta­ti­on mit­gab, wur­de zu einem inne­ren Auf­trag. Und zu einem Buch, das ihre Geschich­te erzählt – ein­dring­lich, schmerz­voll, hoffnungsvoll.

Nach dem Krieg ging sie mit ihrem Mann in die USA. Und kehr­te 2008, mit 88 Jah­ren, zurück nach Ber­lin. Nicht aus Heim­weh. Son­dern aus Hal­tung. Sie woll­te Zeug­nis able­gen, auf­klä­ren, mah­nen. Und vor allem: Jugend­li­chen Mut machen, sich für Mit­mensch­lich­keit und gegen Hass zu ent­schei­den. Unzäh­li­ge Male stand sie in Klas­sen­zim­mern, sprach mit jun­gen Men­schen, immer ohne Bit­ter­keit, ohne Zynis­mus. Und mit einer Wär­me, die mehr bewirk­te als jedes Lehrbuch.

Sie sag­te: „Es gibt kein christ­li­ches, mus­li­mi­sches, jüdi­sches Blut“. Nur Mensch­li­ches“. Ein Satz, der einem in Mark und Bein fährt. So schlicht, so wahr – und so not­wen­dig, gera­de heute.

Mar­got Fried­län­der wur­de viel­fach geehrt: mit dem Bun­des­ver­dienst­kreuz, mit der Ehren­bür­ger­schaft Ber­lins. Doch kei­ne die­ser Aus­zeich­nun­gen kann fas­sen, was sie wirk­lich war: ein Licht in dunk­ler Zeit, eine Ver­söh­ne­rin in einem zer­ris­se­nen Land, ein Gesicht der Mensch­lich­keit, das uns nun fehlt.

Der Pia­nist Igor Levit wür­dig­te Mar­got Fried­län­der bei der Ver­lei­hung des Deut­schen Film­prei­ses, tief bewegt von ihrem Tod: Sie sei »ein Wun­der von Mensch« gewesen.

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Sie ist gegan­gen. Doch sie hat uns etwas hin­ter­las­sen. Nicht nur Erin­ne­run­gen. Son­dern Hoff­nung. Und einen Auf­trag: Mensch zu sein.

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Oft bekla­ge ich mich dar­über, dass es heu­te kaum noch Men­schen gibt, die uns als Vor­bil­der die­nen könn­ten. Doch das ist nicht wahr. Mar­got Fried­län­der war so ein Mensch. Ein Mensch, wie es ihn nur sel­ten gibt – ein Leucht­feu­er in fins­te­ren Zei­ten. An ihr kön­nen sich Gene­ra­tio­nen ori­en­tie­ren. Nicht wegen gro­ßer Wor­te, son­dern wegen einer noch grö­ße­ren Hal­tung. Wegen ihrer uner­schüt­ter­li­chen Menschlichkeit.

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Menschsein Nachruf Nationalsozialismus

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4 Gedanken zu „Eine zarte, kleine Frau mit einem großen Herzen hat uns für immer verlassen“

  1. Dan­ke für den Text! Gera­de in die­sen Zei­ten ist sie Vor­bild und Inspiration.

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