Künstliche Intelligenz und die Kunst des Staunens

Künst­li­che Intel­li­genz ver­än­dert die Kunst­welt – nicht zer­stö­re­risch, son­dern schöp­fe­risch, wie Künst­le­rin­nen wie Inge Schus­ter ein­drucks­voll zeigen.

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Es gibt die­se Momen­te, in denen man inne­hält. In denen ein Bild nicht nur das Auge fes­selt, son­dern die Gedan­ken wei­ter­schickt, auf Rei­sen durch Erin­ne­rung, Fan­ta­sie, Zukunft. Ein sol­ches Erleb­nis hat­te ich, als ich zum ers­ten Mal ein Werk von Inge Schus­ter sah.

TL;DR


Wäh­rend vie­le noch strei­ten, ob KI wirk­lich Kunst erzeu­gen kann, erschaf­fen Künst­le­rin­nen wie Inge Schus­ter längst Wer­ke von atem­be­rau­ben­der Tie­fe und Schön­heit – zwi­schen Traum, Tech­no­lo­gie und mensch­li­cher Hand­schrift. In die­sem Bei­trag erkun­de ich, wie KI nicht das Ende der Krea­ti­vi­tät bedeu­tet, son­dern ihren Hori­zont erweitert.

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Die däni­sche Künst­le­rin arbei­tet mit KI – und sie tut es nicht halb­her­zig oder wider­wil­lig, son­dern mit einer Lei­den­schaft, die mich tief beein­druckt hat. Ihre Wer­ke wir­ken wie Still­le­ben aus ande­ren Rea­li­tä­ten. Foto­rea­lis­tisch, melan­cho­lisch, erzäh­le­risch. Sie erzeugt ihre Moti­ve mit Mid­jour­ney, kura­tiert sie mit siche­rem Gespür, und ver­edelt sie anschlie­ßend in Ligh­t­room und Pho­to­shop. Was dabei ent­steht, ist kei­ne Maschi­nen­kunst. Es ist auch kei­ne Simu­la­ti­on von Krea­ti­vi­tät. Es ist ech­te Kunst – nur eben mit einem neu­en Werkzeug.

Und genau hier beginnt die Dis­kus­si­on, der ich in die­sem Bei­trag begeg­nen möch­te: Kann das Kunst sein?

Vie­le sagen: Nein. Sie fürch­ten den Ver­lust des Hand­werks, der Authen­ti­zi­tät, des Mensch­li­chen. Aber ist das nicht die­sel­be Angst, die es schon gab, als Foto­gra­fie die Male­rei bedroh­te? Als digi­ta­le Musik die Stu­di­os revo­lu­tio­nier­te? Als die Kame­ra zum ers­ten Mal ein Gesicht fest­hielt, schnel­ler als es ein Pin­sel je konnte?

Kunst war nie nur das Medi­um. Kunst war immer das, was wir dar­aus machten.

Inge Schus­ter macht dar­aus Magie. Und sie steht nicht allein.

Die fran­zö­si­sche Künst­le­rin Clai­re Sil­ver etwa nutzt KI, um poe­tisch-sur­rea­le Bil­der zu schaf­fen, die zugleich modern und mythisch wir­ken. Ihre Wer­ke wur­den nicht nur in digi­ta­len Gale­rien, son­dern auch in New Yorks ech­ten, stau­bi­gen White Cubes ausgestellt.

Auch der tür­kisch-ame­ri­ka­ni­sche Künst­ler Refik Ana­dol trans­for­miert mit Machi­ne Lear­ning Daten­strö­me in beweg­te Wand­bil­der – leben­di­ge Kunst, die sich wan­delt, atmet, träumt.

Ein wei­te­res span­nen­des Bei­spiel ist Mario Klin­ge­mann, ein deut­scher Medi­en­künst­ler, der KI seit Jah­ren als Pin­sel und Part­ner zugleich begreift. Sei­ne Arbei­ten ent­ste­hen im Span­nungs­feld von Code, Zufall und kul­tu­rel­lem Gedächtnis.

All das sind Aus­drucks­for­men einer neu­en künst­le­ri­schen Spra­che. Und ja, es braucht Zeit, sich dar­an zu gewöh­nen. Aber es ist kei­ne feind­li­che Über­nah­me. Es ist ein Dialog.

Der Mensch sagt der Maschi­ne nicht nur, was sie tun soll. Er lauscht auch, was zurück­kommt. Inspi­ra­ti­on ver­läuft heu­te nicht mehr line­ar. Sie fla­ckert, wächst, ver­zweigt sich. Die KI ist dabei nicht das Ora­kel – son­dern der Spie­gel. Sie zeigt uns Mög­lich­kei­ten, auf die wir allein viel­leicht nicht gekom­men wären. Und genau das macht sie wertvoll.

Ich glau­be nicht, dass KI den Men­schen aus der Kunst drän­gen wird. Ich glau­be, sie wird uns for­dern – und viel­leicht sogar befrei­en. Sie wird das krea­ti­ve Feld erwei­tern, nicht ein­engen. Und sie wird neue Wege eröff­nen, über Schön­heit, Erin­ne­rung und Wahr­heit nachzudenken.

Inge Schus­ter tut das schon heu­te. Ihre Wer­ke sind kei­ne kal­ten Daten­pro­duk­te, son­dern emo­tio­na­le Erzäh­lun­gen. Sie inspi­riert mich. Und viel­leicht auch dich.

Viel­leicht ist es Zeit, uns nicht län­ger zu fra­gen, ob KI Kunst kann – son­dern, was wir damit gestal­ten wollen.

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

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7 Gedanken zu „Künstliche Intelligenz und die Kunst des Staunens“

  1. Ich erzeu­ge mit ver­schie­de­nen Sta­ble Dif­fu­si­on-Model­len Bil­der, die mir gefal­len (und offen­bar auch eini­gen ande­ren auf der Rie­sen-Platt­form, auf der ich das tue). Ob ich in der Lage bin, Kunst zu schaf­fen, fra­ge ich mich nicht. Das ist für mich kein Kri­te­ri­um. Ich war bis­her im Leben künst­le­risch weit­ge­hend unbegabt.

    Dass es die­se Dis­kus­si­on gibt, ist für mich aber klar. Es muss sie geben, da es eben nun ein­mal eine neue Werk­zeug­grup­pe gibt, mit der Bild­wer­ke geschaf­fen wer­den können.

    Bil­der­zeu­gen­de KIs sind neue Werk­zeu­ge, mit denen eini­ge Leu­te offen­sicht­lich sehr krea­tiv umge­hen kön­nen. Oft mögen die­se eine künst­le­risch schaf­fen­de Vor­ge­schich­te haben. Dann ist es für mich nicht son­der­bar, dass sie ein sol­ches Werk­zeug aus­pro­bie­ren. Anders aus­ge­drückt: Künst­le­ri­scher Aus­druck schafft sich sei­nen Weg.

    Ich hat­te in mei­nem Arti­kel zu Sta­ble Dif­fu­si­on den Punkt genannt, dass ich eine Art Kom­pli­zen­schaft zwi­schen mir und SD sehe beim Erzeu­gen von Bildern:

    Ich ver­su­che, per Prompt eine Vor­stel­lung zu for­mu­lie­ren, was ich ins Bild gesetzt sehen will, muss (und will) aber gleich­zei­tig dem Sys­tem Frei­heit las­sen, auf sei­ner Daten­ba­sis beru­hend mei­ne Anwei­sun­gen zu „inter­pre­tie­ren“. Im Grun­de ist das eine Art Pro­zess, den ich nicht voll­stän­dig bestim­men und kon­trol­lie­ren kann. Es gibt eine mehr oder weni­ger vage Vor­stel­lung eines Bil­des in mei­nem Kopf, mei­ne Ver­su­che, die­se Modell-gerecht in einem Prompt zu fas­sen, und dem, was das Modell dar­aus erzeugt. Das ist auch ein Lernprozess.

    Ich fän­de es inter­es­sant, genau dar­über ein­mal mit einem künst­le­risch schaf­fen­den Men­schen zu diskutieren.

  2. Dan­ke für die tol­len Bei­spie­le. Ganz beson­ders hat es mir dabei Refik Ana­dol ange­tan, was für unglaub­lich tol­le Arbei­ten, ohne die Wer­ke der ande­ren schmä­lern zu wollen.

  3. Inter­es­sant ist der Arbeits­pro­zess, wie ihn Inge Schus­ter beschreibt (/​about me/​my pro­cess). Auch da steckt zu Beginn die­ses Moment drin, zu erfor­schen, was die „AI“ aus dem Prompt macht, machen kann. Und der dar­auf fol­gen­de Aus­wahl­pro­zess und auf die­ser Basis schließ­lich die Fein­ar­beit. Span­nend – und sicher auf viel höhe­rem Niveau als das, zu dem ich in der Lage bin.

  4. Anonym 19. Mai 2025 um 09:51

    @Boris

    Ich ver­su­che, per Prompt eine Vor­stel­lung zu for­mu­lie­ren, was ich ins Bild gesetzt sehen will, muss (und will) aber gleich­zei­tig dem Sys­tem Frei­heit las­sen, auf sei­ner Daten­ba­sis beru­hend mei­ne Anwei­sun­gen zu „inter­pre­tie­ren“.

    Ich mag an KI-Kunst, dass ich nicht zwin­gend jeden „Hirn­furz“ bei irgend­ei­nem Online­künst­ler in Auf­trag geben muss, denn ich hab schon so man­che Hor­ror­sto­ry über „com­mis­si­ons“ gele­sen, bei denen der Künst­ler dann Ewig­kei­ten brauch­te und mit immer neu­en Ent­schul­di­gun­gen kam. Aber ich hät­te gar nicht die Geduld, auf ein auf einem blo­ßen Hirn­furz basie­ren­den Meme-Bild­chen (jemand hat mal in einer Dis­kus­si­on zu dem The­ma „Wal­lace und Gro­mit“ als Peter und Bri­an Grif­fin aus „Fami­ly Guy“ als Bei­spiel ver­wen­det, was ich sehr anschau­lich fin­de) über Mona­te zu warten.

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