(Voreilige) Bilanz der Ernüchterung: Merz zwischen Anspruch und Realität

Merz’ Kanz­ler­schaft star­tet mit viel Pathos, doch wirt­schaft­li­che Schwä­che und außen­po­li­ti­sche Flau­te las­sen den Glanz schnell verblassen.

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Fried­rich Merz, der frisch gekür­te Kanz­ler, trat sein Amt mit einem ambi­tio­nier­ten Ver­spre­chen an: Deutsch­land sol­le wie­der auf­blü­hen, wirt­schaft­lich erstar­ken und sicher­heits­po­li­tisch glän­zen. Kaum im Amt, zeigt sich der Lack des Auf­bruchs bereits ris­sig. Sind wir zu vor­ei­lig? Natür­lich sind wir das. Aller­dings muss ich sagen, dass die weni­gen Maß­nah­men, für die Merz aus­drück­lich in der Pres­se gelobt wur­de, kei­ner­lei posi­ti­ve Aus­wir­kun­gen zei­gen. Hof­fent­lich ändert sich das schnell.

Die Versprechen – und was daraus wurde

1. Wirtschaftlicher Aufschwung:

Merz ver­sprach, die Wirt­schaft zu bele­ben und Unter­neh­men zu ent­las­ten. Die Rea­li­tät zeigt aktu­ell ein düs­te­res Bild: Die Zahl der Unter­neh­mens­in­sol­ven­zen erreich­te 2024 mit 196.100 einen Höchst­stand seit 2011, ein Anstieg um 16 Pro­zent im Ver­gleich zum Vor­jahr. Beson­ders Indus­trie­be­trie­be lei­den unter hohen Ener­gie­kos­ten und inter­na­tio­na­lem Wett­be­werbs­druck. Es besteht drin­gen­der Handlungsbedarf.

2. Steuerliche Entlastungen:

Ange­kün­digt wur­den zügi­ge steu­er­li­che Ent­las­tun­gen für Unter­neh­men, etwa durch erwei­ter­te Abschrei­bungs­mög­lich­kei­ten und eine schritt­wei­se Sen­kung der Kör­per­schafts­steu­er ab 2028. Doch kon­kre­te Maß­nah­men blei­ben bis­lang aus, wäh­rend die Wirt­schaft wei­ter schwä­chelt. Und wie.

3. Migration und Asylpolitik:

Merz beton­te die Not­wen­dig­keit, irre­gu­lä­re Migra­ti­on zu bekämp­fen und Asyl­ver­fah­ren außer­halb der EU zu prü­fen. Trotz juris­ti­scher Hin­der­nis­se in Ita­li­en und Kri­tik aus Polen und der Schweiz wur­den ver­stärk­te Grenz­kon­trol­len ein­ge­führt. Die Erfol­ge sind nicht nur dürf­tig, sie sind lächerlich. 

Laut Thors­ten Frei (Kanz­ler­amts­mi­nis­ter) wur­den in einem nicht näher spe­zi­fi­zier­ten Zeit­raum 739 Per­so­nen an den deut­schen Gren­zen zurück­ge­wie­sen. Dar­un­ter befan­den sich 51 Asyl­su­chen­de, von denen 32 abge­wie­sen wur­den. Die­se Zah­len wur­den im Kon­text der ver­stärk­ten Grenz­kon­trol­len prä­sen­tiert, bei denen die Prä­senz der Bun­des­po­li­zei von 11.000 auf 14.000 Beam­te erhöht wur­de. Mode­ra­tor Mar­kus Lanz stell­te die­se Zah­len infra­ge und wies dar­auf hin, dass trotz der erhöh­ten Grenz­schutz­maß­nah­men wei­ter­hin eine erheb­li­che Anzahl von Men­schen nach Deutsch­land ein­rei­se. Er zitier­te: „Wir wei­sen 32 zurück und 1.500 kom­men.“ Dies deu­tet dar­auf hin, dass vie­le Migran­ten die Grenz­kon­trol­len umge­hen und ihre Asyl­an­trä­ge im Lan­des­in­ne­ren stellen. 

Außenpolitische Initiativen – viel Lärm um wenig

1. Ukraine-Konflikt:

Merz ver­sprach, die Unter­stüt­zung für die Ukrai­ne zu ver­stär­ken. Doch kon­kre­te Maß­nah­men blei­ben vage, wäh­rend Euro­pa wei­ter­hin auf einen Waf­fen­still­stand hofft. Beson­ders bit­ter: Als eine initi­ier­te „Koali­ti­on der Wil­li­gen“ kon­kret über einen Waf­fen­still­stand zur Unter­stüt­zung der Ukrai­ne ans Lau­fen zu brin­gen schien, tram­pel­te Trump in sei­ner erra­ti­schen Art das nieder.

2. NATO und Verteidigung:

Deutsch­land plant, zusätz­lich 1,5 % des BIP in Infra­struk­tur mit poten­zi­el­ler mili­tä­ri­scher Nut­zung zu inves­tie­ren, um die Ver­tei­di­gungs­fä­hig­keit zu stär­ken. Wol­len wir tat­säch­lich ins­ge­samt fünf Pro­zent unse­res BIP ins Mili­tär pum­pen – so, wie es der blon­de Idi­ot in Washing­ton wünscht? Es kann nicht wahr sein!

3. Transatlantische Eiszeit:

Wäh­rend Ex-Prä­si­dent Trump offen mit Putin sym­pa­thi­siert und Euro­pas Sicher­heits­ar­chi­tek­tur infra­ge stellt, gelingt es Kanz­ler Merz nicht, Deutsch­lands Rol­le als Brü­cken­bau­er zwi­schen Washing­ton und Brüs­sel zu behaup­ten. Die Trump-Putin-Offen­si­ve – jüngst in einem demons­tra­ti­ven Tref­fen ohne west­li­che Betei­li­gung – stellt das Ver­trau­en in die Sta­bi­li­tät der NATO auf eine har­te Pro­be. Und Merz? Zeigt sich nach sei­nem Vor­stoß, den er gemein­sam mit Macron, Tusk und Stamer gemacht hat, eher wie ein Zaun­gast der Geschich­te als ein Gestalter.

Fried­rich Merz star­te­te mit gro­ßen Ver­spre­chen, zuletzt sogar sei­tens der Pres­se mit Vor­schuss­lor­bee­ren, doch die Umset­zung bleibt bis­lang hin­ter den Erwar­tun­gen zurück. Die Wirt­schaft schwä­chelt, außen­po­li­ti­sche Initia­ti­ven ver­lau­fen im San­de, und das Ver­trau­en der Bevöl­ke­rung war bereits erschüt­tert. Es bleibt abzu­war­ten, ob Merz die Wen­de gelingt oder ob sei­ne Kanz­ler­schaft als ver­pass­te Chan­ce in die Geschich­te ein­ge­hen wird. Ob er die 100 Tage über­haupt hat? Eigent­lich wäre es ihm und unse­rem Land zu wün­schen. Aber die Zei­chen ste­hen nicht gut. Er hat­te schon vor sei­ner Wahl viel Ver­trau­en ver­lo­ren. Viel­leicht zu viel?

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: CDU Führungsanspruch Merz Startprobleme

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2 Gedanken zu „(Voreilige) Bilanz der Ernüchterung: Merz zwischen Anspruch und Realität“

  1. Mei­ne Erwar­tun­gen kön­nen Merz und sei­ne Regie­rung nicht ent­täu­schen – ich hat­te und habe kei­ne Erwar­tun­gen. Das gesam­te Per­so­nal die­ser Regie­rung ver­fügt für mich über kei­ner­lei posi­ti­ve Eigen­schaf­ten, die geeig­net wären, irgend­wel­che posi­ti­ven Erwar­tun­gen in mir zu wecken.
    Mit Merz als Bun­des­kanz­ler kann ein Land nicht mehr viel wei­ter absteigen.

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