Wenn einer von uns geht – Erinnerungen

Ein alter Freund stirbt, Erinnerungen erwachen. Gedanken über Verlust, Kameradschaft und das Leben.


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Die Nachrichten sind düster und deprimierend, und das alles bei herrlichem Sonnenschein. Sofort fällt mir ein Lied des niederländischen Liedermachers, Robert Long ein. Er behauptete: „In der Sonne sieht die Welt viel schöner aus“ und kommt nur einen Halbsatz später mit der brutalen Erkenntnis heraus, sie (die Erde) sei genau genommen nur ein Punkt im All.

Aktuelle, dafür aber ganz schön alte Politiker, allesamt eben unbelehrbare Männer, sind besessen von Krieg und lassen ihrer Aggression freien Lauf. Sie töten und quälen unschuldige Menschen und WIR sehen atem- und hilflos zu. Es könnte anders sein, aber wer soll mit diesem Mist seelisch noch klarkommen?

Treffen 1 Kopie
Treffen 1 Kopie (erstellt mit KI)

Heute erfuhr ich, dass ein alter Schulfreund gestorben ist. Die Beerdigung hat schon stattgefunden. Diese Nachricht hat mich tief getroffen, obwohl ich ihn schon sieben Jahre nicht mehr gesehen habe. Dabei wohnte er im Nachbarort. Bei mir macht sich auch schlechtes Gewissen breit. Wir waren doch gute Freunde und haben nicht nur während unserer gesamten Schulzeit, sondern auch viele Jahre in der örtlichen Jugendfeuerwehr und in unserer gemeinsamen Freizeit zusammen Spaß gehabt. Wir haben gemeinsam Reisen unternommen und hätten schon dadurch immer genügend Gesprächsstoff für unsere seltenen Treffen gehabt.

2018 haben wir uns aus Anlass des 50. Jahrestages der Gründung der Jugendfeuerwehr zuletzt getroffen. Aus unserer Gruppe sind schon einige verstorben. Das macht mich traurig, obwohl ich wie jeder von uns weiß, dass unsere Zeit endlich ist. Es wirkt nach, dass ein paar von uns sich bei diesem Treffen in die Hand versprochen haben, dass wir uns etwas regelmäßiger sehen wollten. Und – was ich daraus geworden? Ja, natürlich haben wir es selbst in der Hand.

Ich bin 1982 nach vielen Jahren aus der Feuerwehr ausgetreten und trotzdem gibt es diese alte Verbundenheit zu den Kameraden, wie das auch heute immer noch heißt. Wenn ich darüber nachdenke, wie viele Jahre seitdem vergangen sind, ist das etwas Besonderes – jedenfalls für mich. Sicher liegt das daran, dass man sich in einem so kleinen Städtchen immer wieder einmal über den Weg läuft. Hinter dieser gefühlten Verbundenheit steckt aber wohl mehr.

Vielleicht ist es das leise Wissen darum, dass bestimmte Bande niemals ganz reißen. Auch wenn der Alltag sich dazwischenschiebt wie ein dichter Nebel, bleibt unter der Oberfläche etwas bestehen – ein gemeinsamer Takt, der mit der Jugend begann. Wenn jemand stirbt, mit dem man Erinnerungen teilt, stirbt auch ein Stück dieser Zeit. Und auf einmal wird einem bewusst, wie flüchtig sie war, wie schnell wir alt geworden sind.

Ich sehe ihn noch vor mir – wie er damals, mit manchmal verschwitzten Gesicht und diesem jungenhaften Lachen. Wir, die wir C- und B-Längen aus- und eingerollt haben und unserer freitäglichen Übung im Sommerregen herumalberten. Oft haben wir außerhalb des „Dienstes“ Fußball gespielt und dank dieses dabei gezeigten Ehrgeizes sogar ein Turnier auf Kreisebene gegen alle anderen Jugendfeuerwehren gewonnen.

Damals schien die Welt noch heil. Und nun? Jetzt steht man da, stumm, mit nassen Augen, während draußen die Sonne scheint, als wolle sie trotzig mitteilen, dass das Leben einfach weitergeht.

Aber jetzt ist wieder einer von uns gegangen. Und auch wenn die Welt sich weiterdreht, bleibt sie für einen Moment stehen. Zumindest in mir. Es gibt diesen dummen Spruch: „Die Einschläge kommen näher“. So martialisch, so zutreffend, denke ich. Es scheint jedenfalls in diese Zeit zu passen. RIP, Uli.

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Freundschaftserinnerung Jugendfeuerwehr Trauerarbeit

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2 Gedanken zu „Wenn einer von uns geht – Erinnerungen“

  1. Treffende Worte zu einem traurigen Anlass.

    Mein Beileid.

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