Worte, die verbinden – Gedanken gegen die gesellschaftliche Spaltung, unter der IMHO viele Menschen leiden

Kön­nen Wor­te heu­te noch Brü­cken bauen?

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Es heißt, alles sei schon gesagt wor­den. Alle Sät­ze, alle Gedan­ken, alle Mah­nun­gen. Ich erwähn­te das in den letz­ten Tagen und bezog mich auf die Eska­la­ti­ons­be­reit­schaft, die wir in man­chen Län­dern der­zeit erleben. 

Als hät­te die Mensch­heit das Voka­bu­lar ihrer Ver­nunft bereits erschöpft. Viel­leicht ist es genau die­ses Gefühl – der Ein­druck, im Lärm der Wie­der­ho­lun­gen nichts Neu­es mehr sagen zu kön­nen – das unse­re Diplo­ma­tie ent­wer­tet hat. Wor­te wir­ken schal, wenn nie­mand mehr zuhö­ren mag.

Und wäh­rend die Welt kom­ple­xer wird, wird der Ton rau­er. Die Schär­fe in den Dis­kus­sio­nen ist kein Neben­ge­räusch mehr – sie ist zum Mar­ken­kern unse­rer Aus­ein­an­der­set­zun­gen gewor­den. Wo frü­her Streit ein Mit­tel zur Klä­rung war, ist heu­te oft das Ziel: Spal­tung. Nicht das gemein­sa­me Rin­gen, son­dern das gegen­sei­ti­ge Über­bie­ten im Mora­li­sie­ren, Abwer­ten, Bloßstellen.

Wie konn­te es so weit kom­men, dass selbst Fami­li­en an poli­ti­schen Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten zer­bre­chen? Dass Freund­schaf­ten enden, weil die Wahl der Wor­te die Wahl des Men­schen in Fra­ge stellt? Viel­leicht, weil wir Spra­che nur noch als Waf­fe benut­zen – nicht mehr als Brücke.

Doch Wor­te sind bei­des. Sie kön­nen ver­let­zen – und hei­len. Sie kön­nen Mau­ern bau­en – und Wege bah­nen. Sie sind nicht schuld an der Spal­tung. Aber sie sind ihr Werkzeug.

Was wir tun können – ohne laut zu werden

Wie also gegen­steu­ern, ohne gleich wie­der eine neue Laut­stär­ke zu erzeu­gen? Ein paar Ideen, lei­se, aber nicht machtlos:

1. Sprache entgiften

Was wäre, wenn wir unse­re Streit­kul­tur mit einem Kor­rek­tiv ver­sä­hen – nicht durch Ver­bo­te, son­dern durch Hal­tung? Wenn wir uns dar­in übten, Kri­tik zu üben, ohne zu ent­wer­ten? Wenn wir „Ich sehe das anders“ sagen, statt „Wie kann man nur so denken?“?

2. Zuhören üben

Zuhö­ren ist viel­leicht die meist­un­ter­schätz­te Kul­tur­tech­nik unse­rer Zeit. Wer zuhört, gewinnt. Nicht die Ober­hand, son­dern Ver­ständ­nis. Viel­leicht sogar einen Gedan­ken, den man so nicht kann­te. Zuhö­ren ist kein Rück­zug, son­dern ein muti­ger Akt der Zuwendung.

3. Medienverantwortung

Jour­na­lis­mus ist kein Box­kampf. Die Sucht nach Zuspit­zung und Skan­da­li­sie­rung ver­gif­tet das Kli­ma, das wir atmen. Wir brau­chen Medi­en, die Brü­cken bau­en, nicht nur Klicks. Nar­ra­ti­ve, die Kom­ple­xi­tät nicht für Quo­te opfern.

4. Räume schaffen

Dis­kurs braucht Orte. Ana­lo­ge wie digi­ta­le. Platt­for­men, auf denen Men­schen nicht nur recht haben, son­dern auch wach­sen dür­fen. In denen Feh­ler erlaubt sind. Wo Reue nicht Schwä­che, son­dern Rei­fe ist. Die Demo­kra­tie lebt nicht vom per­fek­ten Argu­ment, son­dern vom Geduldsspiel.

5. Die Schulen des Herzens

Wenn wir von Bil­dung spre­chen, mei­nen wir oft nur Wis­sen. Was wir aber brau­chen, ist auch: Wär­me. Respekt. Die Kunst, sich in ande­re hin­ein­zu­ver­set­zen. Schu­len soll­ten Orte sein, in denen Streit­kul­tur genau­so gelehrt wird wie Algebra.

Ein Plädoyer für die zweite Stimme

Es ist nicht schlimm, sich zu strei­ten. Es ist schlimm, es nicht mehr zu kön­nen. Oder nicht mehr zu wol­len. Wir soll­ten ler­nen, unse­re ers­te Stim­me – die des Refle­xes – von der zwei­ten zu unter­schei­den: der Stim­me der Reflexion.

Denn wer nur mit dem ers­ten Impuls spricht, spricht sel­ten in gan­zen Sät­zen. Aber wir brau­chen gan­ze Sät­ze. Wir brau­chen das Hal­ten von Pau­sen. Das Inne­hal­ten. Den Mut, nicht immer das letz­te Wort zu haben.

Die Welt ist nicht fer­tig erzählt. Und auch wenn schon vie­les gesagt wur­de – viel­leicht ist noch nicht alles ver­stan­den. In die­sem Sin­ne: Lasst uns wei­ter­spre­chen. Mit Ach­tung. Und mit Hoffnung.

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Gesellschaftsdebatte Polarisierung Sprachkultur

Quelle Featured-Image: Verbindet Sprache oder trennt sie...
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