Viele Blogger schreiben zwar öffentlich, aber primär für sich selbst; das hilft, Gedanken zu ordnen, sich vor Überforderung zu schützen und die eigene Persönlichkeit zu stärken. Zugleich entsteht eine Community, in der sich Blogger gegenseitig inspirieren und austauschen. Philosophisch betrachtet wird das Bloggen zu einer Form der Selbstreflexion und Kommunikation, die das Innen und Außen sowie das Individuum und die Gemeinschaft verbindet.
Für mich ist Bloggen eine kommunikative Tätigkeit, die in einem kleinen und geschützten Raum stattfindet. Ich blogge vielleicht auch deshalb immer an meinem kleinen Schreibtisch in der Ecke meines Arbeitszimmers. Am Desktop-Rechner, kaum nutze ich ein Notebook oder gar ein Handy. Der Platz, an dem ich meine Gedanken sortieren kann – räumlich fern von den täglichen Schlagzeilen (auch vom TV-Gerät!) und all dem, was uns sonst so überrollt. Viele von uns schreiben zwar in der Öffentlichkeit, aber nicht für die Öffentlichkeit. Es könnte schon sein, dass der Gedanke, den ich kürzlich so ähnlich bei Felix Schwenzel las, durchaus Allgemeingültigkeit besitzt.
Schreiben als Schutz und Selbstvergewisserung
Manchmal behaupten Blogger: „Ich schreibe in erster Linie für mich.“ Ich habe das auch schon geschrieben und glaube, es stimmt in vielen Fällen – und doch steckt mehr dahinter. Es ist auch eine Art Schutz. Wer so argumentiert, behält ein Stück weit die Kontrolle über das, was er verzapft. „War ja nur so’n flüchtiger Gedanke …“ Das macht klar: Ich zeige meine Gedanken, vielleicht versuche ich mit diesem „Trick“, einer verletzenden Kritik vorzubeugen oder auszuweichen. Dabei gilt, glaube ich, Persönlichkeit und Authentizität beim Bloggen mehr als perfekte Formulierungen, Argumente oder wissenschaftliche Belege. Schreiben macht Spaß. Das ist ein Faktor, der oft genannt wird und doch nicht immer so stark im Vordergrund steht, wie das bei diesem Hobby eigentlich vielleicht sein könnte. Habt ihr mal versucht herauszufinden, ob die Leute aus eurer Familie euren Blog wenigstens gelegentlich lesen? Oder — habt ihr mal eure Freunde gefragt? Ich glaube, die tun das nur selten. So ist das jedenfalls in meinem Fall.
Das Schreiben ist wie ein Balanceakt zwischen unserem Verstand und der Inspiration, die aus verschiedenen, oft geheimnisvollen Quellen sprudelt. Wenn wir uns als Blogger bemühen, besser zu werden, erkennen wir hoffentlich, wie wichtig es ist, unsere Leidenschaft mit unserem eigenen Stil zu verbinden.
Quelle
Als ich noch berufstätig war, haben meine Kollegen große Augen gemacht, wenn ich davon erzählte. Interessiert hat sich für mein Geschreibsel keiner von denen. Es muss wie eine exotische Idee auf viele wirken, wenn man sich als Blogger outet. Vermutlich geht das auch anderen Bloggern so. Das erklärt IMHO, weshalb man unter den Kommentaren überproportional viele Blogger findet. Die wissen nämlich, dass Kommentare für uns quasi das „Brot des Künstlers“ sind. Dass es Blogger gibt, die Kommentare gar nicht erst zulassen, könnte in der Enttäuschung begründet sein, früher mal zu wenig Kommentare für ihre Inhalte erhalten zu haben, und deshalb lieber ganz darauf zu verzichten. Ich kenne die Frustration darüber aus eigenem Erleben und die Gedanken, sich für so viel Ignoranz zu revanchieren.
Kommunikationsfreudigkeit geht nun einmal häufig mit Meinung einher. Wer keine Meinung zu den ganzen Vorgängen und Zumutungen dieser Zeit hat oder sehr harmoniebedürftig ist, wird sich mit vielen Themen unwohl fühlen.
Dialoge statt Monologe
Wenn ich zurückblicke, dann habe ich meinen Blog immer als eine Mischung gesehen: Tagebuch, Austauschort, Versuchslabor. Texte helfen mir, mein inneres Chaos zu ordnen. Gleichzeitig entstehen Verbindungen zu anderen Bloggerinnen und Bloggern, die sich häufig nicht nur in ähnlichen Themenbereichen bewegen. Es ist also doch mehr als nur die Debatte über aktuelle Themen, die uns Blogger verbindet. Das könnte man denken. In Wahrheit geht die Verbundenheit wohl klar darüber hinaus.
Für wen bloggen wir eigentlich?
Am Ende bleibt die Frage: Für wen bloggen wir eigentlich?
- Für uns selbst – um Ideen festzuhalten, die sonst verloren gingen.
- Die Gedanken zu ordnen und später im Zweifel noch einmal prüfen zu können, wie bestimmte Denkweisen sich entwickelt haben
- Für andere Blogger – die verstehen, wie wichtig Austausch auf dieser persönlichen, aber eben virtuellen Ebene sein kann
- Für Leserinnen und Leser, die sich wiederfinden wollen in unseren Geschichten.
Und vielleicht auch, um uns selbst daran zu erinnern: Wir müssen nicht jeden Tag die ganze Welt retten oder im Blog wenigstens die zahllosen Missstände attackieren. Manchmal wäre es besser, statt sich zu empören, dieses oder jenes Skandälchen in der üblichen Geschwindigkeit vorbeiziehen zu lassen und auf eine neue und vor allem bessere Geschichte zu warten. Ein Appell! Auch an mich.
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