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EU und Sommerzeit: Das Versagen der Regulierungsfreunde

Seit 2018 will die EU die Zeitumstellung abschaffen – passiert ist nichts. Trotz klarer Mehrheit, millionenfacher Bürgermeinung und Parlamentsbeschluss scheitert das Projekt an nationalem Eigensinn und politischer Schlafmützigkeit.

bahnhofsuhr zeitumstellung eu....

Es ist eine dieser Geschichten, die man keinem erzählen kann, ohne dass einem die Gesichtszüge entgleisen. 84 Prozent der Menschen in der EU sagen: Bitte weg mit der Uhrumstellerei! Das Europäische Parlament stimmt 2019 sogar mehrheitlich für die Abschaffung. Und was macht die EU-Kommission seither? Sie wartet. Auf „die Mitgliedsstaaten“. Auf „Koordination“. Auf die richtige Sternenkonstellation. Nur eines passiert nicht: die Abschaffung.

Man stelle sich das vor – ein riesiges politisches Gebilde, das an der Frage scheitert, ob es morgens länger dunkel oder abends länger hell sein soll. Seit 2001 regelt eine Richtlinie die halbjährliche Verschiebung. Seit 2018 wird offiziell über ihre Abschaffung gesprochen. Seit 2019 liegt ein demokratisch legitimierter Beschluss vor. Und seitdem? Funkstille im Maschinenraum der Regulierungsfreude. Als hätten alle Länder gleichzeitig vergessen, wie man einen Kompromiss schmiedet.

Die Crux: Jedes Land darf selbst entscheiden, ob es dauerhaft in der Sommer- oder in der Normalzeit leben will. Klingt erstmal nach Freiheit, endet aber in einem föderalen Flickenteppich, bei dem die Züge zur falschen Stunde einrollen und Videokonferenzen zur Kunst der Zeitzonendeutung werden. Frankreich will lieber Sommerzeit, Polen auch. Deutschland? Mal so, mal so – je nach Laune und Lobby.

Natürlich gäbe es auch echte Argumente: Auswirkungen auf den Binnenmarkt, Abstimmung beim Luftverkehr, mögliche Gesundheitsfolgen. Doch ehrlich: Wer in Brüssel oder Berlin hält es für tatsächlich wünschenswert, sich umzustellen? Wie veränderungsorientiert ist die Vertretung von 27 Staaten, die fast allesamt ein Problem mit der Demografie haben? Es geht längst nicht mehr um Licht oder Dunkelheit – es geht ums Prinzip. Und das Prinzip lautet: Warum einfach, wenn’s auch europäisch geht?

Demografie in der EU (Klick)

Der demografische Wandel ist ein allgemeines, tiefgreifendes Phänomen in fast allen EU-Ländern, wenn auch mit unterschiedlicher Intensität und regionaler Ausprägung. Er wirkt sich massiv auf politische Entscheidungen auf nationaler Ebene (Sozialsysteme, Arbeitsmarkt) und zunehmend auch auf EU-Ebene aus, wo er als Querschnittsthema in verschiedenen Politikbereichen (Wirtschaft, Regionen, Sozial) behandelt wird und langfristig auch die Machtverteilung innerhalb des Staatenbundes beeinflusst.

Währenddessen stellen wir weiter brav die Uhren. Von Hand, per Funk, per App. Zweimal im Jahr, ritualisiert wie ein politischer Offenbarungseid: Seht her, wir könnten, wenn wir wollten – aber wir wollen nicht. Oder können nicht. Oder keiner weiß mehr, wer zuständig ist. Vielleicht ist das Ganze aber auch ein geheimes soziales Experiment: Wie lange hält eine Bevölkerung das Hin und Her aus, bis die Zeiger abreißen?

Wer nach einer lückenlosen Beweisführung für die EU-Unfähigkeit sucht, muss nicht weit klicken:

Was braucht’s? Einen Wecker, der endlich alle in Brüssel wachklingelt?


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Horst Schulte

Herausgeber, Blogger, Amateurfotograf

Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

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2 Gedanken zu „EU und Sommerzeit: Das Versagen der Regulierungsfreunde“

  1. Wie du schon im Text bemerktest: Die einen wollte Sommerzeit und die anderen Winterzeit. Der Flickenteppich der dann entstünde wäre für die wirtschaftliche Zusammenarbeit wohl kontraproduktiv. Ich denke die Gesellschaft ist da auch zwiespältig, auch wenn die Befragung etwas anderes sagen. Mir persönlich ist das ziemlich egal; die meisten Uhren hier im Haus sind eh funkgesteuert 🙂

🚪 Kommentiert gern – aber bitte mit Herz.

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