Thema: Parlament

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Ohne Uni-Abschluss politische Karriere machen?

Politiker ohne abgeschlossene Ausbildung, so hört man nicht erst seit die Ampel in Regierungsverantwortung ist, regieren schlechter als andere. Selbst dem aktuellen Wirtschaftsminister (immerhin mit Doktor-Titel) spricht „man“ die Fachkompetenz ab. Ganz so, als ob die Stäbe und Fachleute im Ministerium keine Rolle spielten, wenn es um politische Entscheidungen ginge.

Wenn es nach den Vereinfachern ginge, würden Spitzenämter in Ministerien nur mit „Fachleuten“ besetzt. Ein General als Verteidigungsminister? Nun, es soll auch so schon zu Fehlbesetzungen gekommen sein.

Ich würde sagen, der Beweis ist zu erbringen. Technokraten in Regierungsämtern müssen nicht zwangsläufig bessere Resultate liefern als Politiker. Dazu bekenne ich mich, trotz der desaströsen Umfragewerte der Ampel. Und trotz allfälliger zügelloser Vorwürfe an die Adresse bestimmter Politikerinnen und Politiker.

Zu denen, die sich mit Kritik in dieser Hinsicht besonders hervortun, ist einer, der demnächst den Bundestag bereichern könnte. Dr. Markus Krall ist sein Name und ich hatte ihn hier im Blog mehrfach beim Wickel. Ein kluger Mann, der zweifellos über Fähigkeiten verfügt. Die Antwort auf die Frage, ob diese Fähigkeiten der Demokratie nutzbar zu machen wären, steht dahin. Er selbst glaubt wohl fest daran. Jeder, der ihn schon via YouTube oder auf seinem Twitter-Kanal erlebt hat, weiß, was ich meine. So viel abgehobene Arroganz ist kaum zu erschüttern.

Wer lässt sich schon gern konfrontieren? Markus Krall gehört zweifellos auch nicht zu jenen Zeitgenossen, die sich viel bieten lassen. Er (be-)klagt gern über viele und alle möglichen Dinge. Aus meiner Sicht ist er einer, der ganz besonders gern recht hat und sich ins rechte Licht rückt.

Es würde mich interessieren, ob dieser Grad an Politiker-Verachtung (s. zweites Video) noch als Meinungsäußerung durchgeht oder ob dieses grenzwertige Geplärre dieses Herrn nicht eine Einstellung zur Demokratie offenbart, die juristische Relevanz besitzt. Ich glaube nicht, dass dies der Fall ist. In den asozialen Medien kann buchstäblich jeder seine Tiraden gegen andere Menschen mit übermäßigem Applaus lancieren.

Dass Dr. Markus Krall und Dr. Maaßen die Werteunion als politische Partei gründen und anhand einiger Prognosen zwischen 5 und 15 % der Stimmen gewinnen könnten, sagt viel über dieses Deutschland. Ob Krall, sollte er in ein Parlament einziehen, mit seinen Kolleginnen und Kollegen auch in so abfälliger, herablassender Art sprechen wird? Wie wohl diejenigen Politiker, ohne Doktor-Titel, Studium oder Berufsabschluss auf so einen reagieren werden? Ich wäre wohl voreingenommen, hätte ich seine Aussage über Teile des Kollegiums mitbekommen.

Ich habe mich mit dem Thema schon einmal befasst. Dabei habe ich bei Abgeordnetenwatch und auf den Bundestagsseiten die dort verfügbaren Lebensläufe unserer Abgeordneten studiert. Das war interessant und aufschlussreich. Ich habe keine Strichlisten oder Auswertungen angelegt. Unser Bundestag ist meiner Meinung nach mit Menschen besetzt, die ganz überwiegend über hohe Kompetenz und entsprechende Abschlüsse verfügen.

Meine Recherche deckt sich in keiner Weise mit dem pauschalen Vorwurf, den Krall in Richtung »der Politiker« im Video in den Raum stellt. Er ist meines Erachtens einer der Brunnenvergifter mit hoher Reichweite in unserem Land. Und so einer gründet eine politische Partei. Dass er dies gemeinsam mit Dr. Maaßen, dem Ex-Verfassungsschutzpräsidenten tut, ist fast logisch. Ich wünschte, »die Wähler« ließen diese Leute auflaufen und gäben diesen Typen keine Chance.

Ein großer Vorteil der direkten gegenüber der parlamentarischen Demokratie

Ein Fan von Roger Köppel bin ich nicht. Ich muss mich schon etwas dazu zwingen,  an diesem Punkt sachlich bleiben. Aber Köppel hat zum Anlass der Vorstellung des neuen Heftes der “Weltwoche” ein paar sehr interessante Dinge gesagt.

Auf diese möchte ich hier unbedingt hinweisen. Erst vor kurzem hörte ich genau diesen Gedanken bereits von anderer Seite. Leider kann ich mich nicht daran erinnern, von wem diese Ausführungen stammten.

Ein Thema im Video ist der Vergleich der parlamentarischen Demokratie (Deutschland, Frankreich etc.) mit der direkten Demokratie (Schweiz) in einem für meine Begriffe äußerst bedeutsamen Kontext.

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Im Kern geht es um das Management von gesellschaftlichen Veränderungen, die in einer direkten Demokratie wesentlich behutsamer aber auch effizienter vonstatten gehen, als in französischen und deutschen parlamentarischen Demokratien.

Wer gleich an die richtige Stelle im Video springen möchte:

Köppel kommt ab Minute 13:00 auf dieses Thema.

Er spricht von einer graduellen Wende des Zeitgeistes, die zuerst in der Schweiz stattgefunden habe. Dass im Windschatten dieser Wende die SVP zur aktuellen Größe und Bedeutung kam, vermag mich wenig zu begeistern.

Es geht um etwas anderes: Im Vergleich mit Ländern wie Frankreich oder Deutschland brauchte es keine starken Führungspersönlichkeiten (Macron, Kurz), die zuerst einmal in ihre jeweilige Position gebracht werden mussten, nachdem das stetige anschwellende Missfallen und Rumoren der Gesellschaft nicht mehr überhört werden konnte. In der Schweiz werden systembedingt politische und gesellschaftliche Wünsche nach Veränderungen behutsam und interessanterweise auch schneller nach vorn entwickelt.

Ich kann diese Sichtweise sehr gut nachvollziehen. Das schweizerische System bringt, obwohl auch dort Veränderungen nicht besonders schnell vonstatten gehen, gesellschaftliche Veränderungen von unten nach oben voran. Die Politik wird durch die direkte Demokratie behutsam aber – wie man sieht – wirkungsvoll korrigiert. Ich meine, er hat das nicht explizit angesprochen, aber Köppel meint damit natürlich auch die Änderungen in der Ausländerpolitik und auch die Einstellung zum Islam. Beides wurde von seiner Partei, der SVP, massiv beeinflusst. Ist das der Pferdefuß in seiner Darstellung?

Das System der direkten Demokratie ist jedenfalls nicht, wie bei uns oder in Frankreich auf mehr oder minder charismatische Führungspersönlichkeiten angewiesen. Und auch nicht darauf, dass die Gesellschaft einen gewaltigen Druck in einem bestimmten Sinne entwickeln muss.

Bitte hören Sie sich das Video an. Leider werden wir wohl nicht in den Genuss der direkten Demokratie kommen. Dagegen haben die Leute etwas, die wir soeben in den Bundestag gewählt haben. Und all die vielen, die von der parlamentarischen Demokratie Vorteile erhalten. Allerdings habe ich Zweifel, ob eine direkte Demokratie nicht ebenso anfällig ist für Lobbyismus wie es die parlamentarische ist.

Ich will unser System nicht schlechtschreiben. Aber die von Köppel vorgetragenen Gedanken finde ich schon beachtenswert und für die Entwicklung einer Demokratie für interessant. Ob solche Veränderungen irgendwann auch bei uns kommen könnten?

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