Zwischen Zukunft und Zweifel: Wie sicher ist Merz’ Rentenreform?

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von Horst Schulte

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Man hat schon das Gefühl, als würden viele Journalisten dem Bruch dieser Koalition entgegenfiebern. Springer z. B. mag eine Minderheitsregierung als Alternative zur jetzigen Koalition als wünschenswert erscheinen. Schon allein, weil sie auf diese Weise die verhassten Sozias endlich los würden.

rentenreform vertrauen
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Vielleicht kann man verstehen, wie meine Einstellung zu denen ist, die ihre Profession gern wie eine Monstranz vor sich hertragen, aber selten Verantwortungsgefühl für das Ganze zeigen, zustandegekommen ist.

Bei all dem Gezeter scheint gänzlich irrelevant zu sein, wie die persönliche Parteienpräferenz der jeweiligen Journalisten ausschaut. Hauptsache druff. Was das mit dem Land macht, sieht zwar jeder. Aber hey, was kümmert uns das!? Interessant, wie ausweichend geantwortet wird, wenn auch nur mal ganz kurz darauf eingegangen wird (bei Markus Lanz beispielsweise). Dass die Boulevard-Journalisten sich mit ihrer spezialisierten Version des Empörungs-/Katastrophen-Journalismus hier besonders hervortun, ist eine seit vielen Jahrzehnten bestehende Binsenweisheit.

Aber vielleicht verstehe ich nur wieder etwas grundfalsch. Ich habe schließlich auch schon davon gehört, dass die 4. Gewalt ein unverzichtbarer Bestandteil jeder Demokratie ist. Und die Öffentlichkeit hat ein Anrecht auf Information – oder so ähnlich. Damit kann man jede Meldung, auch jede Fake News, argumentieren. Wie praktisch!

Kanzler Merz soll sich nach seinem Auftritt bei der Jungen Union rhetorisch etwas beweglicher gezeigt haben. Er stellt in Aussicht, eine große Rentenreform nach 2031 vorzulegen. Bis dahin solle das Rentenniveau auf 48 % festgeschrieben bleiben. War das nicht schon vorher der Plan?

Die Frage wäre doch, wie man in diesem Klima des Vertrauensverlustes sicherstellen kann, dass den Aussagen von Regierungschef und Regierungsmitgliedern dieses Landes überhaupt noch vertraut wird. Die bloße Wiederholung einer schon gegebenen Ankündigung, sich um diesem drängenden Problem nach Ablauf der aktuellen Legislatur widmen zu wollen, ist schon ein bisserl dünn – gell?

Friedrich Merz spricht etwas konsilianter als beim Treffen vom Wochenende in Richtung der Jungen Union, indem er eine große Rentenreform nach 2031 ins Fenster stellt – ein Versprechen also, das weit hinter dem Ende der aktuellen Legislatur liegt. Und damit steht die eigentliche Frage im Raum: Wie kann man so etwas glaubwürdig machen, wenn doch vollkommen unklar ist, ob die Union dann überhaupt noch regiert oder ob nicht längst ein politischer Wind weht, der direkt von der AfD als u.U. führender Regierungspartei kommt? Es geht insbesondere bei diesem heiklen Thema um die eine Sehnsucht nach Verlässlichkeit in einer Zeit, in der alles Vertrauen brüchig geworden ist.

Um ein solches Versprechen abzusichern, bräuchte es mehr als Wahlkampffolklore. Denkbar wäre eine gesetzliche Vorfestlegung noch vor 2031 (am besten jetzt!), also Regeln und Mechanismen, die unabhängig von künftigen Mehrheiten greifen. Ein überparteilicher „Rentenpakt“ könnte die politischen Lager binden und zeigen, dass es hier um mehr geht als Parteifarben. Selbst verfassungsrechtliche Leitplanken wären möglich – hohe, aber stabile Anker im Grundgesetz. Und schließlich könnte man externe, unabhängige Institutionen stärker einbinden, damit Reformen nicht wieder in der Schublade verschwinden, sobald der Wind dreht.

Doch Vertrauen entsteht nicht durch Technik allein, sondern durch eine politische Kultur, die sich traut, offen zu sprechen. Jährlich transparente Szenarien, ehrliche Kommunikation über Belastungen, klare Deadlines in künftigen Koalitionsverträgen – das alles würde zeigen, dass Politik den Bürgern nicht nur Versprechen anbietet, sondern auch Halt. Nur wenn man den Menschen das Gefühl gibt, dass Entscheidungen nachvollziehbar und dauerhaft gedacht sind, lässt sich das Vertrauen stabilisieren, das gerade vielerorts und bei vielen brennenden Problemen erodiert.

Denn am Ende entscheidet nicht die Frage, ob die AfD stärker wird, sondern ob die anderen politischen Kräfte es schaffen, Glaubwürdigkeit wieder zu einer gewissen Selbstverständlichkeit zu machen. Nur dann wirken Versprechen wie das von Merz nicht wie Worte im Wind, sondern wie eine Richtung, der man folgen kann.


Horst Schulte

Herausgeber, Blogger, Amateurfotograf

Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe auf dem Land.

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