Wie haltet ihr es so mit euren Tränen?

stroke="currentColor" stroke-width="1.5" stroke-linejoin="round" stroke-linecap="round" /> 5 Kommentare

Manchmal wird ein Film dafür gelobt, dass er das Thema ohne Sentimentalität gezeigt habe. Dabei soll ein Film doch auf der ande­ren Seite beim Zuschauer auch so etwas wie Mitgefühl mit den Personen oder das Verständnis für die dar­in behan­del­te Probleme erzeu­gen. Ist unter die­ser Voraussetzung der direk­te Weg, den Zuschauer emo­tio­nal anzu­spre­chen, nicht das erfolg­ver­spre­chends­te und des­halb ver­nünf­tigs­te Konzept?

Mich kann man in die­ser Hinsicht sehr leicht packen. Dabei stört es mich aller­dings, dass mir so schnell die Tränen kom­men. Selbst dann, wenn die Macher eines Films es gar nicht beson­ders dar­auf ange­legt haben. Sie müs­sen also nicht beson­ders auf die „Tränendrüse” drü­cken, um bei mir eine Reaktion hervorzurufen.

So viel Rührseligkeit, den­ke ich, ist für einen 60jährigen nicht ange­mes­sen. Abgeklärtheit ist ange­sagt! Da mel­det sich wohl mein im Unterbewusstsein ver­steck­tes Rollenverständnis. Männer wei­nen nicht!

Mich inter­es­siert, ob es etwas damit auf sich hat, dass Menschen im vor­ge­rück­ten Alter einen Hang zur Rührseligkeit ent­wi­ckeln. Gegen die­sen ist man schlech­ter­dings macht­los. Solche Verhaltensänderungen – wenn man sie so nen­nen darf – habe ich bei Leuten in mei­ner Familie und im Bekanntenkreis immer wie­der fest­ge­stellt. Ich habe mich frü­her gern lus­tig dar­über gemacht, wenn ande­re aus schein­bar nich­ti­gen Anlässen plötz­lich gla­si­ge Augen beka­men. Ich mer­ke, dass mir immer schnel­ler die Tränen kom­men, je älter ich werde.

Einerseits erschüt­tern mich Schicksale von Menschen, ande­rer­seits ver­ges­se ich so schnell, dass ich manch­mal ein rich­tig schlech­tes Gewissen bekom­me. Vermutlich hat das damit zu tun, dass wir die Anzahl schlim­mer Nachrichten, mit der wir heu­te täg­lich kon­fron­tiert sind, nicht mehr ver­ar­bei­tet bekom­men. Es gibt einen ratio­na­len Satz, der mir dazu ein­fällt: Man kann sich nicht das Leid der gan­zen Welt auf den Rücken laden. Wie schützt man sich am bes­ten? Indem man weni­ger Nachrichten sieht, den Fernseher nicht ein­schal­tet und so wei­ter und so fort? Ich ken­ne immer mehr Leute, die ihr Verhalten in die­ser Hinsicht wirk­lich radi­kal geän­dert haben. Sie hal­ten sich damit nega­ti­ve Einflüsse vom Hals und begrün­den ihre Entscheidung, zum Beispiel kei­nen Fernseher mehr zu haben, auch mit die­ser Haltung.

Heute mor­gen las ich von einem Unfall, der sich bei uns in der Nähe zuge­tra­gen hat. Eine jun­ge Mutter über­quer­te mit dem Rad eine Landstraße und wur­de dabei von einem Auto erfasst. Die Mutter starb, ihr ein­jäh­ri­ges Kind kam schwer ver­letzt ins Krankenhaus, der Fahrer des Autos kam mit einem Schock ins Krankenhaus. Das sind so Nachrichten, die mich heu­te regel­recht erschüttern.

Foto von: André HengstCC BY-​NC-​SA 2.0


Entdecke mehr von Horst Schulte

Melde dich für ein Abonnement an, um die neu­es­ten Beiträge per E‑Mail zu erhalten.

Lass deinen Gedanken freien Lauf


Hier im Blog werden bei Abgabe von Kommentaren keine IP-Adressen gespeichert! Deine E-Mail-Adresse wird NIE veröffentlicht! Du kannst anonym kommentieren. Dein Name und Deine E-Mail-Adresse müssen nicht eingegeben werden.


5 Gedanken zu „Wie haltet ihr es so mit euren Tränen?“

  1. Das ist wie mit den blau­en Flecken und den Abdrücken auf der Haus: bleibt alles län­ger mit zuneh­men­dem Alter, der Körper fin­det es „ein­drück­li­cher”.

    So auch die Psyche. Wo uns in jun­gen Jahren noch die Wachstumskräfte mit aller Macht drän­gen, für einen Platz in der Welt (und dann für des­sen Bestand und Erweiterung) zu kämp­fen und den damit ein­her gehen­den „Schrammen” nicht all­zu viel Aufmerksamkeit zu schen­ken, so kehrt sich die­se Bewegung ab ca. 50 um: Man beginnt, zu „schwä­cheln”, vor­sich­ti­ger zu wer­den, vor allem aber SENSIBLER. Brauchte man mit 25 noch eine Riesenparty, lau­te Musik und aller­lei Substanzen, um „eksta­ti­sche” Gefühle zu genie­ßen, klappt das mit 60 auch schon auf einem Liegestuhl in der Frühlingssonne, dem Vogelgesang lauschend.
    Und wo die Sensibilität wächst, ist auch das Mitgefühl nicht weit.

    Its not a bug, its a feature!

  2. Das „Its not a bug, its a fea­ture!” in die­sem Zusammenhang zu benut­zen ist echt wit­zig. Aber es trifft schon den Punkt. Leider gibt es aber vie­le Leute (im ent­spre­chen­den Alter), die von sol­chen Veränderungen nicht spü­ren. Jedenfalls sagen sie das. 🙂

  3. Klar, um dem „wei­cher wer­den” bzw. die­ser Wahrnehmung zu ent­ge­hen, kann man sich u.U. auch fürs mut­wil­li­ge Versteinern ent­schei­den! Womit dann das Altern aber kei­ne Freude macht…

  4. guten mor­gen, ich kom­me zu dir über eine blogzicke
    sie hat mich an dich verwiesen
    ich könn­te dich fra­gen wie das ist mit den abmah­nun­gen bezueg­lich der you­tube vide­os, darf man sie nun ein­bet­ten oder darf man nicht ?
    im übri­gen fin­de ich es gut wenn ein mann wei­nen kann, dann kommt vie­les raus und man ist gerei­nigt. ich kann schlecht wei­nen, oder eigent­lich so gut wie gar nicht, das tut der see­le nicht gut, ich weiss das. Wenn du möch­test ant­wor­te mir doch mal bezueg­lich der fra­ge wegen den you­tube vide­os. Danke Dir.

🌸 Seid freundlich zueinander.

Entdecke mehr von Horst Schulte

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen

Your Mastodon Instance