Flüchtlinge Gesellschaft

So ein netter Mann und dann das

Die Fahrt zum Krankenhaus war störungsfrei. Keine Staus. Bis zum Kölner Krankenhaus brauchten wir –

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H. Schulte

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Die Fahrt zum Krankenhaus war störungsfrei. Keine Staus. Bis zum Kölner Krankenhaus brauchten wir – wie eingeplant – ungefähr 45 Minuten. Die Anmeldeformalitäten waren relativ schnell erledigt, die Aufnahme könnte allerdings noch daran scheitern, dass zu wenig freie Betten zur Verfügung stehen. Und das, obwohl ein Termin telefonisch für die Aufnahme vereinbart war. Aber das ist nicht die Geschichte.

Wir saßen im Wartezimmer der Fachabteilung und es waren – außer uns – nur ein paar Leute dort anwesend. Ich kam schnell mit einem freundlichen, älteren Herrn (8 Jahre älter als ich 😆 ) ins Gespräch, der das Krankenhaus ganz bewusst deshalb ausgewählt hatte, weil es sich um das beste in ganz Köln handeln solle. Er stammte ebenfalls nicht aus Köln.

Die junge Frau, die ihren Vater begleitete, hatte schon bei der Anmeldung das „Management“ übernommen und die Formalitäten für ihn erledigt. Sie unterhielten sich auf italienisch.

Mit dem älteren Herren befand ich mich schnell in einem angenehmen und angeregten Dialog. Ein Mensch, mit dem man sich gern unterhält. Auf dem Flachbildschirm liefen n-TV – Nachrichten. Der Ton war ausgestellt.

Ein junger Mann, der vom Notarzt eingeliefert worden war, schimpfte gut hörbar und ebenso unflätig auf Bundeskanzlerin Angela Merkel. Als Bilder vom Terroranschlag in Instanbul gezeigt wurden, nahm mein freundlicher Gesprächspartner Stellung. In gesenktem Tonfall schimpfte er urplötzlich los. Auf Merkel, auf „die Flüchtlinge“ und ergänzte seine Vorwürfe gegen die Regierung mit dem Vorwurf, dass „diese Ausländer“ alle nichts arbeiten und uns nur auf der Tasche liegen würden.

Die junge Frau mischte sich ein. Sie schimpfte: „Glauben Sie dass es das unter deutschen Bürgern nicht geben würde“. Ich mochte mich schlapp zu einem: „Da haben Sie recht“ durchringen. Der ältere Herr winkte ab. Die angenehme Unterhaltung fand ein abruptes Ende.

Normalerweise hätte ich ihm etwas wenig Nettes erwidert. Vielleicht war ich in diesem Fall zu sehr davon zu beeindruckt, wie schnell sich der mir sympathische Mann in das veränderte, was mich jeden Tag abstößt, wenn ich es im Internet lese. Ich habe den Mund gehalten.

Keiner wird im Moment verlässlich einschätzen können, wie die „Stimmung“ in der Bevölkerung wirklich aussieht. Was denkt die so genannte „schweigende Mehrheit“ und gibt es diese überhaupt oder muss man aus dem Hass, der einem vorwiegend in den sozialen Netzwerken begegnet, schließen, dass diese anhand der modernen Kommunikationsmittel überhaupt nicht mehr existiert?

Nach dem Kölner Terror hat sich die Lage verschlimmert. Ich habe hier häufig geschrieben, dass ich das Verschweigen der Herkunft von Täten und Tatverdächtigen durch die Medien (Pressekodex) für falsch halte. Seltsamerweise wurde genau dieser Punkt – neben anderen Dingen – der Polizei vorgeworfen. Von den Medien. Das ist doch verrückt!

Wenn ich sehe, wie viele Menschen, die nach Köln eingetretene Situation zur Bestätigung ihrer Vorurteile und ihres Hasses nutzen (ich habe es immer gewusst!) wird mir ganz anders.

Was ist die Mehrheitsmeinung in Deutschland und welchen Anteil haben die „neuen“ Kommunikationsmöglichkeiten (soziale Medien) am Zustandekommen dieser Meinung? Wie ernst ist es und steht die Bevölkerung mehrheitlich noch auf dem Boden der demokratischen Grundordnung? Erleben wir einen Schock durch die Ergebnisse bei den anstehenden Länderwahlen in Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz?

VOR
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Horst Schulte
Herausgeber, Blogger, Autor und Hobby-Fotograf
Seit 2004 blogge ich über Politik und Gesellschaft – also seit die meisten noch SMS statt Tweets geschrieben haben. Mit 70 Jahren lebe ich immer noch im schönen Bedburg, direkt vor den Toren Kölns, und schreibe über alles, was die Welt bewegt (oder mich zumindest vom Sofa aufstehen lässt).
Quelle Featured-Image: HorstSchulte.com...

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