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Schieferplatten sind schwerer als man denkt

Schieferplatten schleppen ist ein anstrengender Job. Ich habe das nie machen müssen, aber ich kann es mir vorstellen.

Als damals der Sonnenhof abgebaggert wurde, hatte jemand Verwendung für eine Menge der Schieferplatten, die auf der Terrasse des Wohnhauses verlegt waren (siehe Foto).

Wie der Blick auf besagte Terrasse verrät, waren es Mengen solcher Schieferplatten. Ich schätze, sie hatten mindestens das Format 50 x 50 cm und waren 3 – 5 cm dick. Wenn die Abmessungen stimmen, die ich jetzt nur noch schätzen kann, würde jeder dieser Platten so 35 kg gewogen haben. Ich denke, dass ist realistisch.

Es gab eine abschüssige Auffahrt zu den Wohnhäusern, die ich als Junge auf dem Rad nur selten bewältigt habe. Ich folgte lieber dem Motto: „Wer sein Fahrrad liebt, der schiebt“. Es gab aber Ausnahmen. Wenn ich abends später nach Hause kam, lieb ich im Sattel. Aufgrund der vor mir liegenden, stockdunklen Wegstrecke, die bis zu unserem Haus rund einen Kilometer lang war, habe ich meine Kräfte zusammengerissen.

Beleuchtet war die Auffahrt nur an ihrem Anfang. Für Insider: etwa bis zur Höhe des Birkenhofs (ungefähr 300-400 m des Weges). Danach war alles stockfinster und manchmal echt unheimlich.

Nachdem die Eigentümerfamilie zum neuen Sonnenhof umgezogen war, wohnte meine Familie alleine auf dem Gelände bis wir ca. 1 1/2 Jahre später ebenfalls dort weggezogen sind. Schon einige Zeit davor hatte sich auf dem Sonnenhof viel verändert.

Nutztiere gab es nicht mehr. Die drei Gärtner, die meinen Vater bis dahin unterstützt haben, waren nicht mehr da, die kilometerlangen Wege überwucherten langsam mit Gestrüpp und das Terrain vor dem verriegelten Haupthaus wurde für uns Kinder (meine Schwester, mich und unsere Freunde) zum Abenteuerspielplatz.

Goldfische

Kinder aus dem Ort hatten davon Wind bekommen, dass es im Seerosenteich (siehe Foto) noch reichlich Goldfische gab. Meine Schwester und ich sind diesem „feigen Diebstahl“ zuvorgekommen und haben etliche der Goldfische in Sicherheit gebracht. Manche der Bassins in der Gärtnerei wurden nicht mehr gebraucht. Deshalb konnten wir sie für „unsere“ Goldfische zweckentfremden. Da die Becken überdacht waren, mussten wir ab diesem Zeitpunkt für ausreichend Nahrung sorgen. Neben den beiden Wellensittichen und dem Kaninchen noch ein paar Tiere mehr, die wir versprochen hatten, zu versorgen. Das haben wir meistens unseren Eltern überlassen. Die armen Tiere wären vielleicht verhungert, wenn sie auf uns angewiesen gewesen wären.

Schwere Schieferplatten

Absprachegemäß wurde eines Samstags ein Teil der schon erwähnten Schieferplatten abgeholt. Die Beladung des Traktoren-Anhängers dauerte ein paar Stunden. Mein Vater war dabei und half. Zwischendurch warnte er, es sollten nicht zu viele Steinplatten aufgeladen werden, die Auffahrt sei nämlich steiler, als man glauben würde. Leider wurde nicht auf ihn gehört. Ich kann mir gut vorstellen, dass die anderen keine Lust hatten, mehrfach hin- und herzufahren. Deshalb wurde dem kleinen Traktor etwas viel Gewicht zugemutet.

So nahm das Unglück seinen Lauf.

Beim ersten Stück des Weges war das Gefälle der Auffahrt noch nicht stark, erst nach etwa der Hälfte des Weges nahm es erheblich zu. Ungefähr 300 Meter, bevor die Auffahrt auf die Landstraße (Bedburg / Glesch) stieß, war auf der linken Seite ein Transformatorenhaus. Etwa gegenüber, etwas näher an der Landstraße gelegen, stand ein riesiger Strommast.

Der Fahrer des Traktors bemerkte, dass die geladene Last tatsächlich zu hoch war und die Bremsen des Traktors versagten. Er ließ sich nicht mehr stoppen und nicht mehr richtig lenken. Ich kann mir vorstellen, welche Panik in den Beteiligten aufgestiegen sein muss.

Wäre er mit dem immer schneller werdenden Gefährt über die Landstraße hinweg geschossen, hätten er und sein Beifahrer das wahrscheinlich nicht überlebt. Parallel zu Landstraße verliefen Felder. Der Versatz im Niveau der Straße zum Feld betrug vielleicht um die 30 cm. Dieser Höhenunterschied hätte wohl dazu geführt, dass Traktor und Anhänger nach dem unkontrollierten Überfahren der Landstraße so ineinander verkeilt wären, dass die Folgen schrecklich gewesen wären.

Ich weiß nicht, ob sich der Fahrer solche Gedanken gemacht hat. Jedenfalls hat er wohl bewusst entschieden, dass es besser sei, den Traktor gegen den großen Strommast zu fahren, um die letzte Chance zu nutzen, das Gefährt vor einem unkontrollierten Überqueren der Straße zum Stehen zu bringen. Ein Risiko bestand zusätzlich darin, dass die Landstraße von anderen befahren wurde und die Auffahrt überhaupt nicht einzusehen war.

Stromausfall

Die Wucht des Aufpralls war so groß, dass die Stromleitungen vom Mast abrissen. Die Leitungen knallten auf die Erde und verwandelten alles rundherum in ein gewaltiges Meer aus Funken und Blitzen. Wie durch ein Wunder wurde keiner verletzt. Mein Vater kam nach Hause gelaufen. Er war weiß wie die Wand und total geschockt. Er rief die Polizei an und erklärte kurz, was passiert war.

Nachher stellte sich heraus, dass der Strom im ganzen Stadtgebiet ausgefallen war. Wenn ich mich richtig erinnere, waren sogar Teile von Bergheim davon betroffen.

Ich weiß nicht mehr, ob der Unfall für die Verantwortlichen zu Konsequenzen geführt hat. Wahrscheinlich war das so. Der Stromausfall dauerte mehrere Stunden – und das samstags mittags.

Was wohl heute los wäre, wenn etwas Derartiges passieren würde? Die Auswirkung, die der Unfall für mich als Jungen hatte, war, dass ich eine spannende Geschichte von meinem Vater erzählt bekam und der Fernseher am Nachmittag nicht lief.

Ich war sowieso lieber draußen.

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