Ich bin kein Gaffer, ich fotografiere keine Terroristen bei der Arbeit!

Isla­mis­ti­sche Ter­ro­ris­ten lösen erneut Angst, Wut, Trau­er und Aggres­si­on aus. Wie­der hören wir den Exper­ten zu ohne neue Erkennt­nis­se zu gewin­nen. Nor­ma­le Men­schen begrei­fen nichts von dem, was die­se unmensch­li­chen Mör­der tun.

HS230625

Horst Schulte

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Isla­mis­ti­sche Ter­ro­ris­ten lösen erneut Angst, Wut, Trau­er und Aggres­si­on aus. Wie­der hören wir den Exper­ten zu ohne neue Erkennt­nis­se zu gewin­nen. Nor­ma­le Men­schen begrei­fen nichts von dem, was die­se unmensch­li­chen Mör­der tun.

In die­sem Nicht­be­grei­fen­kön­nen scheint ein gro­ßer Vor­teil für die Ver­bre­cher zu lie­gen, die vor­ge­ben im Namen ihrer Reli­gi­on zu handeln.


Wenn wir uns zusam­men­rei­ßen und nicht zulas­sen wür­den, dass unser Gefühl jeden kla­ren Gedan­ken ver­ne­belt, hät­ten wir bes­se­re Chan­cen, uns in der Spi­ra­le des Wahn­sinns zu behaupten.

Wirkung ist den Terroristen wichtig

Die Ter­ro­ris­ten, die­se ver­blö­de­ten Fana­ti­ker vom IS, sind auf Wir­kung aus. Sie mögen sich berau­schen am Leid der Men­schen und ihrer Ange­hö­ri­gen, die ihre Scher­gen mit­tels bru­tals­ter Gewalt um ihr Leben gebracht haben. Dahin­ter steckt aber ein ande­res, über­ge­ord­ne­tes Kalkül.

Die Ter­ro­ris­ten wol­len unse­re vol­le Auf­merk­sam­keit erre­gen. Je grau­en­vol­ler die Anschlä­ge und je höher die Opfer­zah­len sind, des­to stär­ker kön­nen sie dar­auf ver­trau­en, dass unse­re Medi­en für sie auf höchst effek­ti­ve Art public rela­ti­ons machen.

Die Ritua­le sind längst ein­ge­übt, so dass im Sin­ne des IS und der ande­ren Mör­der in einem per­ver­sen Sin­ne gar nichts mehr „schief­ge­hen“ kann.

Smartphones für Lesereporter

In Sekun­den und Minu­ten gehen die ers­ten Smart­phone – Fotos um die Welt, die ers­ten Agen­tur­be­rich­te fol­gen und dann – immer schnel­ler und pro­fes­sio­nel­ler [sic?] – set­zen die Main­stream­m­e­di­en ihre Maschi­ne­rie in Gang.

Was der Pos­til­li­on in der ihm eige­nen Art auf den Punkt bringt, wis­sen wir alle mit­ein­an­der nicht erst seit den häu­fi­gen Anschlä­gen des IS auf unse­re Art zu Leben.

Lei­der zeigt sich bei die­sen Ereig­nis­sen ein Ver­hal­ten, das vie­le von uns viel­leicht per­vers fin­den, obwohl sie die­sen Hang viel­leicht sogar bei sich schon beob­ach­tet oder die­sem sogar nach­ge­ge­ben haben. Gewis­se Medi­en haben sich die Eigen­art der Men­schen längst zunut­ze gemacht und nen­nen Men­schen, die sie mit Fotos und Vide­os von Unglü­cken jeder Art ver­sor­gen, Leser­re­por­ter. Für mich sind sol­che Leu­te Para­si­ten, die sich min­des­tens an den Per­sön­lich­keits­rech­ten der Opfer ver­ge­hen, denn sie scheu­en sogar oft nicht davor zurück, ihre Kame­ra­ob­jek­ti­ve fron­tal auf ver­letz­te oder getö­te­te Men­schen zu richten.

Das The­ma ist immer wie­der Gegen­stand von kri­ti­schen Medi­en- und Blog­ar­ti­keln. Aber es treibt wei­ter Blü­ten. Das ist kein Wun­der, weil die Zahl der welt­weit ver­kauf­ten Smart­phones wei­ter wächst.

Vorgesorgt

Ich habe mei­ne Frau gebe­ten, sie sol­le mir für den Fall, dass ich je bei einem ent­spre­chen­den Ereig­nis auch nur den Ver­such machen soll­te, mein Smart­phone aus der Hand schla­gen und mir vol­le Sup­pe in den Hin­tern tre­ten soll.

Ich hof­fe, mein hier gege­be­nes Ver­spre­chen hält und dass ich für sol­che Hand­lungs­wei­sen nicht anfäl­lig bin. Bei Unfäl­len guck ich weg, jeden­falls fah­re ich nicht lang­sa­mer, um einen Blick auf das Leid ande­rer Men­schen zu wer­fen. Ich wür­de hel­fen. Aber über­wie­gend waren immer schon genü­gend Hel­fer vor Ort, wenn ich in der Ver­gan­gen­heit an einem Unfall vor­bei­ge­fah­ren bin. Ich war nie ein Gaffer!

Endlose Berichterstattung und Expertenrunden

Das Selbst­ver­ständ­nis der Medi­en gebie­tet, die Men­schen mit Nach­rich­ten und Infor­ma­tio­nen zu ver­sor­gen. Das ver­steht jeder. Aller­dings fra­gen wir uns doch nicht zum ers­ten Mal, ob die­se Seri­en­be­richt­erstat­tung mit Son­der­sen­dun­gen, Brenn­punk­ten und Exper­ten­run­den nach sol­chen Ter­ror­an­schlä­gen sein müs­sen. Die Nach­richt an sich reicht. Weder ist es erfor­der­lich, Inter­views mit Ange­hö­ri­gen von Opfern zu füh­ren, noch brau­chen wir Fotos und Video­auf­nah­men von dem Grau­en, das sich vor Ort darstellt.

Die Men­schen ver­fü­gen über aus­rei­chen­de Vor­stel­lungs­kraft, um künf­tig auf die auf die kon­kur­renz­ba­sier­te Sen­sa­ti­ons­be­richt­erstat­tung ver­zich­ten zu kön­nen. Nicht nur die Ter­ro­ris­ten haben gelernt, wel­cher Scha­den durch Fahr­zeu­ge ver­ur­sacht wer­den kön­nen, die gezielt in Men­schen­men­gen hin­ein gesteu­ert wer­den. Dafür sind TV-Bil­der nicht nötig und kei­ne Augenzeugenberichte.

Was könnte man dagegen tun?

Ich weiß, dass mei­ne Gedan­ken unge­hört ver­hal­len. Wen inter­es­sie­ren schon Zuschau­er- oder Leser­mei­nun­gen bei unse­ren Medi­en. Natür­lich hat jeder Medi­en­ver­ant­wort­li­che die Aus­re­de sofort parat. Wenn wir es nicht machen, machen es die ande­ren – im Zwei­fel die inter­na­tio­na­le Kon­kur­renz oder das Internet.

Genau! Das Inter­net. Wie haben wir uns dar­über gefreut, die­ses urde­mo­kra­ti­sche Instru­ment an die Hand bekom­men zu haben. Und jetzt krie­gen wir kei­nen Deckel mehr drauf. Ob wir uns dar­über freu­en sollen?

Ich weiß. Allein die­ser Gedan­ke geht ja schon fast in Rich­tung der Den­ke von Bun­des­jus­tiz­mi­nis­ter Hei­ko Maas. Mei­ne Gedan­ken sind dem­nach anti­de­mo­kra­tisch und gegen die Mei­nungs­frei­heit gerichtet.


Zu den Berich­ten über das Atten­tat in Bar­ce­lo­na gibt es jede Men­ge Kom­men­ta­re mei­ner rech­ten Freun­de. Die Toten und Ver­letz­ten in Spa­ni­en wer­den dort der deut­schen Regie­rung ange­las­tet. Dabei hat Spa­ni­en, wie eigent­lich jeder wis­sen könn­te, eine eher restrik­ti­ve Flücht­lings­po­li­tik betrie­ben. In sich schlüs­sig sind die­se Kom­men­ta­re also schon ein­mal nicht.

Auch an Bar­ce­lo­na ist zu erken­nen, dass der Ter­ror rein gar nichts mit einer libe­ra­len Flücht­lings­po­li­tik zu tun hat. Der Ter­ror wird immer sein Ziel fin­den, selbst dann, wenn alle Gren­zen geschlos­sen wären.

Kom­men­tar der beson­de­ren Art

In der Dis­kus­si­on einer geschlos­se­nen FB-Grup­pe wur­de ich heu­te von einem mei­ner Ras­sis­ten-Spar­rings­part­ner beschimpft. Ich sei mit „mei­ner Will­kom­mens­kul­tur“ auch für die Toten von Bar­ce­lo­na verantwortlich.

Dem sind die Siche­run­gen durch­ge­brannt. Und – so scheint es mir oft – unse­ren Medi­en­leu­ten schon längst. Ver­ant­wor­tungs­ge­fühl ist bei die­sen Men­schen ver­mut­lich nicht zu erwarten.

Es wäre rich­tig, die Bericht­erstat­tung über ter­ro­ris­ti­sche Anschlä­ge auf ein Mini­mum zu beschrän­ken. Unse­re Sen­sa­ti­ons­gier ver­hin­dert das. 

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Horst Schulte
Rentner, Blogger & Hobbyfotograf
Mein Bloggerleben reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Ich bin jetzt 71 Jahre alt und lebe seit meiner Geburt (auch aus Überzeugung) auf dem Land.

Schlagworte: Terrorismus

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